Es sah zunächst nach einem Skandal aus: Vor wenigen Wochen beschwerte sich die Überlingerin Sonja Hamel gegenüber dem SÜDKURIER über die Vergabe eines Bootsliegeplatzes in Ludwigshafen. Ursprünglich habe sie nur ein gebrauchtes Boot kaufen wollen. Über eine Internetanzeige habe sie einen Verkäufer in Ludwigshafen gefunden, der einen Liegeplatz für das Boot direkt mit dazu verkaufen möchte. Was zunächst gut klang, stellte sich vor Ort dann als üble Sache heraus – zumindest Hamels Meinung nach.
Zum einen sei das Boot mit 35.000 Euro überteuert fand sie. Tatsächlich finden sich vergleichbare Boote im Internet für etwa zwei Drittel des Preises, allerdings in einem augenscheinlich schlechteren Zustand.
Zum anderen hätte Hamel den Liegeplatz, der privat von einer Firma vermietet wird und nicht dem Bootsbesitzer selbst gehört, direkt für neun Jahre im Voraus bezahlen müssen – für weitere 36.000 Euro, allerdings an den Vermieter, nicht an den Bootsverkäufer.
Gab es eine verbotene Absprache?
Der ganze Deal wäre, zumindest Hamels Auffassung nach, als heimliche Mauschelei an der Warteliste mit anderen Interessenten für den Liegeplatz vorbei gelaufen. Denn der Verkäufer habe ihr signalisiert, er habe mit dem Vermieter des Platzes bereits gesprochen. Wer das Boot kaufe, dürfe den Liegeplatz mieten, habe der Vermieter klar gemacht. Der Verkäufer habe angeboten, nach dem Kauf den Kontakt zwischen ihr und dem Liegeplatzvermieter herzustellen.
Auf die potentielle Käuferin machte das jedoch keinen guten Eindruck. Ihre Schlussfolgerung: Es gebe eine üble Absprache zwischen Vermieter und aktuellem Mieter. Den begehrten Bootsplatz bekomme nur derjenige, der das Boot des bisherigen Platzmieters überteuert kauft – auf Kosten anderer Wartender.
Aus moralischen Gründen lehnte Hamel den Kauf ab, wirft den Beteiligten Gier vor. Doch ist das tatsächlich so verwerflich? Und wie werden Liegeplätze in Ludwigshafen generell durch die Gemeinde und private Vermieter vergeben?
Absprachen zwischen Mieter und Nachmieter? „Wäre ein Chaos“
Der besagte Liegeplatz gehört zum Mollweidesteg, der laut Internetseite Platz für 90 Yachten bietet. Dieser gehört der Bürgin Steganlage GmbH, die die Plätze vermietet. Lisa Leder, die für die Firma arbeitet, erklärt auf SÜDKURIER-Nachfrage, es gebe gar keine Warteliste. Grundsätzlich gelte: „Wer zuerst kommt, bekommt den Platz“, sagt sie. Allerdings habe sie erst vor zwei Jahren alle Plätze fest auf zehn Jahre vergeben. Aktuell gebe es daher gar keine Chance, an einen ranzukommen.
Sollte dennoch mal ein Mieter früher gehen wollen, vergebe die Firma den Platz neu. Untervermietung oder Absprachen zwischen Mieter und Nachmieter seien nicht möglich. „Das gäbe ein Chaos“, sagt sie. Auf den konkreten Fall angesprochen, verweist sie an Norbert Vossler, den Hafenmeister, der sich vor Ort um die Verwaltung der Plätze kümmere.
Keine Regelungen bei privaten Liegeplätzen
Der sagt: „Bei einem Wechsel geht der Platz immer erst zurück an uns, wir vergeben ihn dann neu.“ Feste Kriterien oder eine genaue Warteliste gebe es nicht, jedoch gehe es grundsätzlich nach Wartezeit. Viele Interessenten würden jahrelang warten. Beim Bootsverkauf einen Nachmieter für seinen Platz mit zu bestimmen, sei nicht möglich – außer die Firma selbst entscheide das im Einzelfall so. Darf sie das?
Als privater Verkäufer hat sie in jedem Fall das Recht dazu, Vorschriften gibt es nicht. Auch Bettina Keller, die bei der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen für die Vergabe von deren Plätzen zuständig ist, bestätigt: „Bei privaten Steginhabern und bei Vereinen darf die Gemeinde an der Vergabe nicht mit reden. Die dürfen auch an den Meistbietenden verkaufen, egal ob es zusätzlich eine Warteliste gibt.“ Rechtlich spricht also nichts gegen den beschriebenen Deal.
So vergibt die Gemeinde ihre Liegeplätze
Anders sieht es bei der Gemeinde selbst aus. Laut deren Internetseite verwaltet sie 110 Wasserliegeplätze sowie 16 Trockenliegeplätze. Da die Nachfrage nach Liegeplätzen größer sei als das Angebot, erfolge die Vergabe nach einem Wartelisten-System.

Entscheidend ist dabei der Wohnsitz: In Topf 1 kommen Hauptwohnsitzinhaber und in Topf 2 Nebenwohnsitzinhaber der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen, in Topf 3 Hauptwohnsitzinhaber der Verwaltungsgemeinschaft Stockach, in Topf 4 sonstige Bewerber. Wird ein Platz frei, werden Interessenten aus Topf 1 bevorzugt, danach aus Topf 2 und so weiter. Wer auf der Warteliste ist, muss dafür jährlich 10 Euro bezahlen.
Wie lange müssen Interessenten auf einen Platz warten?
Wie lange die durchschnittliche Wartedauer ist, lässt sich laut Keller nicht sagen. Denn es gibt unterschiedlich große Plätze, sie haben zwischen 27 und 40 Quadratmetern Fläche. Wer sich beispielsweise nur für große Plätze interessiert, müsse möglicherweise zehn Jahre warten, wenn kein solcher frei werde. Wer einen Kleinen möchte, könne theoretisch bereits nach einem Jahr Glück haben – oder eben umgekehrt, erklärt Keller.
In jeden Fall gebe es 115 Wartende in Topf 1, weitere 34 im zweiten Topf, 26 im dritten und sogar 94 im vierten. Laut Bettina Keller muss man einen Platz für mindestens ein Jahr mieten, eine Obergrenze gebe es nicht. Dass ein Vormieter einen Nachmieter vermittelt oder der Meistbietende den Zuschlag erhält, sei in diesem System – anders als bei privaten Anbietern – nicht möglich.
Bevorzugt die Gemeinde reiche Interessenten?
Doch auch gegenüber der Gemeinde hatte Sonja Hamel einen solchen Vorwurf formuliert. Sie sagt, sie habe die Gemeinde kontaktiert, ihr Erlebnis geschildert und folgende Auskunft bekommen: Auch die Gemeinde würde die Warteliste hin und wieder umgehen, wenn jemand viel Geld für einen langen Mietzeitraum bietet. Stimmt das wirklich?
Bettina Keller antwortet auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Grundsätzlich erfolgt die Vergabe ausschließlich über die Warteliste.“ Der Gemeinderat könne im Einzelfall aber von diesem Verfahren abweichen. Doch für wen? „Zum Beispiel für Leute, die ein touristisch extrem interessantes Angebot für die Gemeinde machen“, führt Keller aus. Wer das genau sein könnte, bleibt jedoch unklar.