Was kann sich die Stadt leisten und was muss sie sich in den kommenden Jahren leisten? Das ist die Frage, mit der sich die Engener Stadtverwaltung und der Stadtrat nicht nur im Rahmen des aktuellen Haushaltsbeschlusses befassen. Ein Haushalts-Komitee aus Verwaltung und Stadtrat soll die künftige Engener Finanzplanung, die viele große Infrastrukturprojekte vorsieht, unter die Lupe nehmen.

Diese sehr nachdenklichen Töne scheinen auf den ersten Blick nicht mit den Zahlen des Haushalts für 2025 zusammenzupassen. Schon die Planung geht von einem positiven Ergebnis von 3400 Euro aus, das sich in aller Regel im Lauf des Jahres noch einmal deutlich verbessert. Das geplante Investitionsvolumen beträgt satte 9,5 Millionen Euro und dank üppiger Rücklagen von 21 Millionen Euro sind erst einmal auch keine Kreditaufnahmen in Sicht.

Investitionen sorgen in den kommenden Jahren für Defizit

Mit Blick auf die Folgejahre und die lange Projektliste wandelt sich das positive Bild allerdings. Nach aktueller Rechnung der Kämmerei kann die Stadt den Haushalt in 2027 und 2028 selbst mit gleichbleibend hohen Steuererträgen nicht mehr ausgleichen. Ganz entscheidend dafür sind die Aufwendungen und darunter die geplanten Investitionen der Stadt. Die belaufen sich laut Kämmerin Katja Muscheler bis Ende 2028 nämlich auf gut 22 Millionen Euro. Abzüglich der Überschüsse aus dem laufenden Betrieb rechnet die Kämmerei mit einem Schrumpfen der Rücklagen auf rund 4,5 Millionen Euro.

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„Insgesamt ist die Ertragskraft des Ergebnishaushalts deutlich zu schwach“, resümiert Kämmerin Muscheler und fordert, dass diese deutlich gestärkt werden müsse. Für sämtliche Vorhaben sei deshalb eine Berechnung der Kosten und deren Folgekosten sowie der Wirtschaftlichkeit nötig. Muscheler warnt außerdem, dass die bisherige Planung durchweg von einem hohen Steueraufkommen ausgeht und mit keinerlei Auswirkungen wie durch eine Rezession rechnet.

Investitionsstau soll langsam abgebaut werden

Die Stadt Engen habe eine lange Projektliste, so Muscheler. „Es wird dringend geraten, entsprechende Vorgehensweisen und Strukturen zu schaffen, um dadurch den Investitionsstau sukzessiv abzubauen“, so die Kämmerin. Sie hält auch fest, dass eine gleichzeitige Umsetzung mehrerer großer Maßnahmen die Finanzkraft der Stadt Engen überfordern würde.

Dass die Stadt momentan noch aus einer komfortablen Lage heraus agiert, aber rechtzeitig gegensteuern sollte, ist bei den drei Fraktionen im Gemeinderat deutlich angekommen. Das vermittelten die Fraktionssprecher in ihren Haushaltsreden ebenso wie das Bewusstsein für die enorme Fülle an Maßnahmen in den nächsten Jahren.

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Die Finanzierbarkeit des geplanten Programms müsse uns heute Sorgen bereiten, so UWV-Sprecher Gerhard Steiner in seiner Rede. „Klar absehbar ist heute, dass sich auch bei Einsatz aller finanziellen Mittel das nicht alles im geplanten Zeitraum umsetzen lässt“, so Steiner. Es sei nötig, dass Gemeinderat und Verwaltung klare Prioritäten setzten und kommunizierten, welche Projekte Vorrang haben. Ein Haushalts-Komitee aus Stadträten und Verwaltungsleuten soll sich daran machen, insbesondere die freiwilligen Aufgaben der Stadt auf mögliche Sparpotenziale zu untersuchen.

Auch freiwillige Leistungen sind erforderlich

„Eigentlich sind alle Leistungen, die sich da freiwillige Leistungen nennen, unbedingt erforderlich“, so CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz in seiner Stellungnahme. Das Komitee müsse daher sehr mutig und personell gut besetzt sein, stellt Waldschütz klar. Um die künftige Haushaltsplanung zu beschleunigen und Einsparungen zu erzielen, schlug die CDU-Fraktion vor, die Einführung eines Doppelhaushalts für die Finanzplanung von gleich zwei Jahren zu prüfen. Waldschütz lobte gleichzeitig die erneute schwarze Null im Haushalt und verwies auf dessen beachtliches Gesamtvolumen von 39 Millionen Euro.

„Eigentlich sind alle Leistungen, die sich da freiwillige Leistungen nennen, unbedingt erforderlich“, CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz
„Eigentlich sind alle Leistungen, die sich da freiwillige Leistungen nennen, unbedingt erforderlich“, CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz | Bild: Kerle, Helene

Obwohl die Stadt finanziell nur einen recht engen Handlungsspielraum habe, gehe es in den kommenden Jahren darum, den internen Ursachen für die strukturelle Schieflage gemeinsam auf den Grund zu gehen, so SPD-Sprecherin Conny Hoffmann. „Uns fehlt eine klare Linie“, sagte sie.

Das Vorhaben, die städtischen Projekte realistischer zu planen, würde bisher nur in Teilen umgesetzt. Fehlende Präzision könne man sich derzeit nur aufgrund der hohen Rücklagen leisten. Gleichzeitig lobte Hoffmann die Zusage von Bürgermeister Harsch, dass das geplante Haushalts-Komitee noch im ersten Halbjahr zum ersten Mal tagen soll.

„Uns fehlt eine klare Linie“, SPD-Sprecherin Conny Hoffmann.
„Uns fehlt eine klare Linie“, SPD-Sprecherin Conny Hoffmann. | Bild: SPD

Sachvermögen der Stadt sorgt für hohe Abschreibungen

Abschreibungen von fast 4 Millionen Euro würden heftig in das Gesamtergebnis schlagen, so Bürgermeister Frank Harsch. Deswegen mahnte auch er an, dass das Sachvermögen der Stadt kritisch geprüft werden müsse. „Weniger ist manchmal mehr – die Quantität der kommunalen Infrastruktur ist schon ein echtes Thema in Engen“, so Harsch in seiner Haushaltsrede.

„Weniger ist manchmal mehr – die Quantität der kommunalen Infrastruktur ist schon ein echtes Thema in Engen.“ Bürgermeister Frank Harsch
„Weniger ist manchmal mehr – die Quantität der kommunalen Infrastruktur ist schon ein echtes Thema in Engen.“ Bürgermeister Frank Harsch | Bild: FOTO WOEHRSTEIN

Auch er betonte, dass die Erträge der Stadt dringend steigen müssten. Deshalb seien neues Gewerbe und die Erschließung neuer Gewerbegebiete „zwingend notwendig“, um Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten und Freibad auch künftig gewährleisten zu können, so Harsch.

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Eine Hoffnung eint alle Fraktionen und Bürgermeister Harsch. Nämlich die, dass vom beschlossenen Sondervermögen der Bundesregierung auch etwas in die Engener Infrastruktur fließen wird.