Christa Schuler und Bernd Sutter scheiden nach 27 Jahren und sechs gewonnenen Mandaten auf eigenen Wunsch aus dem Gaienhofener Gemeinderat aus. Die beiden Mitglieder der Aktiven wurden am 12. Juni 1994 in den Gemeinderat gewählt. Nun sei es für sie Zeit zu gehen, finden die beiden.
Bürgermeister Uwe Eisch sprach den ausgeschiedenen Räten seinen Dank für ihre mehr als 2650 ehrenamtlichen Arbeitsstunden sowie ihr Engagement für das Wohl der Gemeinde aus. Einstimmig gab der Rat dem Wunsch beider Gemeinderäte für ihr Ausscheiden statt. Der Gemeinderat verpflichtete ihre Nachfolger Jürgen Rottler und Christian Weber als Mandatsträger für die Aktiven im Amt.
Zu weit weg von der Lebenswelt vieler
Das Ausscheiden der Gemeinderäte war wohl überlegt. Während der Pandemie sei Bernd Sutter bewusst geworden, dass er als Pensionär „ein stückweit außerhalb der Mitte der Gesellschaft“ lebe, sagte er. Im vergangenen Jahr seien für ihn lediglich die sozialen Kontakte eingeschränkt worden.

Im Gegensatz zu vielen anderen Mitbürgern habe er durch seine Altersversorgung keinerlei Existenzängste. „Es ist aber in der Politik wichtig, dass man Bodenhaftung hat und die aktuellen Probleme und Nöte der Gesellschaft aus eigener Erfahrung kennt“, erläutert Sutter gegenüber dem SÜDKURIER seinen Entschluss.
Für ihn sei es wichtig, dass nun Leute im Amt nachfolgen, die mitten im Leben und in der Gesellschaft stehen. Befeuert worden sei Sutter in seinem Entschluss für den Ruhestand darin, dass die Nachfolger fähige Leute seien. Mit ihnen gebe es keinen Bruch in den politischen Zielen, sondern eine harmonische Weiterentwicklung. Sowohl beim Landwirt Christian Weber als auch beim Unternehmer Jürgen Rottler seien starke Bezüge zur Lebenswelt mit ihren Problemlagen vorhanden.
Aus nach 27 Jahren
Auch Christa Schuler beendet nach 27 Jahre dauernder Gemeinderatsarbeit ihr Ehrenamt nach ähnlicher Motivlage. Bereits vor einigen Jahren habe sie einen Zeitungsartikel ausgeschnitten, in dem es hieß: „Alte raus aus dem Stadtrat. Man braucht neues Blut im Gemeinderat.“ Das habe sie bewogen, ihr Amt an Jüngere weiterzugeben. Christa Schuler und Bernd Sutter kennen den Rat länger als Bürgermeister Eisch.

Die Nachfolger Jürgen Rottler und Christian Weber gehören zum festen Kern der Gruppe der Aktiven. Seit der letzten Kommunalwahl begleiten sie die Gemeindepolitik hautnah. In monatlichen Fraktionssitzungen seien sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang die politischen Beschlüsse gemeinsam mit ihnen diskutiert und aufgearbeitet worden.
Bei den Aktiven stehe das Gemeinschaftsinteresse vor den Einzelinteressen, finden beide. Jürgen Rottler formulierte dieses Credo in seinen eigenen Worten so: „Wie bringe ich die ganze Gemeinde vorwärts? Wie verhilft man jemandem zu einer besseren Lebensqualität? Und wie kümmert man sich darum, dass die Jungen ein ebenso tolles Leben haben wie die Senioren?“
Rottler kennt sich in verschiedenen Gebieten aus
Der studierte Wirtschaftsinformatiker kenne durch seine Beratungsfirma und Aufsichtsratsmandate in börsennotierten Konzernen gerade die Herausforderungen junger Startup-Unternehmen, sagt er. Zudem arbeite seine Ehefrau in der Schulsozialarbeit nah an den Konfliktlinien von Kindern und Familien.
Rottler setze sich schon jetzt dafür ein, dass sich jeder entfalten könne. Es bereite ihm große Sorgen, dass Kinder sich zu Einzelkämpfern entwickelten und dass sie viel zu wenig Zeit im gemeinsamen Spiel oder in Vereinen verbrächten. Auf Gemeindeebene strebt Rottler ein Miteinander von Rat und Verwaltung im Sinne eines Teams an, sagt er.
Landwirt und Familienvater
Auch Christian Weber möchte sich nun im Gemeinderat einbringen. Bereits sein Großvater sei 19 Jahre lang Mitglied im Gemeinderat von Gaienhofen gewesen. Die Nachfolge begreift er als „wahnsinnig große Fußstapfen“. Als Landwirt für die Milchwirtschaft mit 160 Milchkühen betreibt er auch Landwirtschaftspflege auf der Höri.
Der 30-jährige Vater von zwei Kindern steht mitten im Leben und kennt die Bedürfnisse junger Familien aus erster Hand. Zwangläufig komme damit ein großes Interesse für junge Familien in den Gemeinderat ein. Weber gibt gleich zwei Minderheiten im Rat eine Stimme: Den jungen Familien sowie den Landwirten.