Es gibt mehr Straftaten als vor 20 Jahren und doch bemerke die Polizei nicht unbedingt eine höhere Kriminalität. Was paradox klingt, ist das Fazit von Polizeihauptkommissar Jürgen Singen, der als Leiter des Höri-Polizeipostens Jürgen Singen in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Gaienhofen die Kriminalitätsstatistik vorstellte. Einer der Gründe für gestiegene Zahlen, so Singer, sei dass durch den Komfort eines Smartphones Straftaten direkter zur Anzeige gebracht würden als noch vor über 20 Jahren. Doch die Hälfte aller Arbeit auf dem Posten Höri hänge mit einer weiteren Technologie zusammen, die es so vor 20 Jahren noch nicht gab: mit dem Internet.

Die Wahrnehmung von Straftaten hat sich verändert

„Unsere Welt wird immer schlimmer und krimineller“, zitierte Jürgen Singer die oft gefasste Meinung von Bürgern. Doch mit Blick auf die deutschlandweit erhobenen Jahresstatistiken aus den Jahren 2013 bis 2022 kommt der Polizeihauptkommissar auf eine ganz andere Erkenntnis: Laut der Daten sei die Anzahl der Straftaten eigentlich gleich geblieben. Der Eindruck käme gegebenenfalls über eine neue Form der Berichterstattung in den Medien, versuchte Jürgen Singer das Empfinden der Bürger nachzuvollziehen.

Denn besonders die Delikte, die für das eigentliche Sicherheitsempfinden der Menschen maßgeblich seien, wie der Wohnungseinbruch, seien in den Höri-Ortschaften nämlich sogar weniger verbreitet als anderswo. 2023 zählte die Gemeinde Gaienhofen einen Wohnungseinbruchdiebstahl, Moos keinen und Öhningen fünf.

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Die Hälfte aller Arbeiten auf dem Posten Höri entfallen auf Straftaten, die über das Internet verübt werden, sagte Singer. Bei Einkäufen im Internet müsse man sehr vorsichtig sein, auf welcher Plattform man einkaufe. Der Polizeihauptkommissar empfiehlt, keine Einkäufe zu tätigen, die mit einer Überweisung auf ein ausländisches Bankkonto verknüpft seien. Aber auch inländische Konten seien mit Vorsicht zu handhaben.

Frau wird ungewollt zur Geldwäscherin

Der Polizeihauptkommissar berichtete beispielhaft von einer Nebentätigkeit, bei der eine geschädigte Person den Service von Direktbanken bewerten sollte. Sie eröffnete Bankkonten mit ihren Daten, beurteilte den Service und erhielt dafür ein geringes Honorar. Den Täter aber interessierte nicht der Service, sondern die Daten der neu eröffneten Konten, um von dort aus Geldüberweisungen abzuwickeln. Die geschädigte Person verwickelte sich damit ungewollt in eine illegale Geldwäsche, so Singer.

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Vorsicht bei plötzlichem Geldsegen

Mit Vorsicht zu genießen seien auch seriös daherkommende E-Mails von Kreditinstituten, die die Geschädigten auffordern, innerhalb einer Zeitfrist die Zugangsdaten beim Online-Banking zu ändern. Bei diesen sogenannten Phishing-Mails greifen Täter bei der Anmeldung auf die Daten und die PIN zu.

Auf der Höri seien einige Menschen auch auf sogenannte Erbschaftsversprechen hereingefallen. Bei diesen geben Täter raffiniert vor, dass der Geschädigte zuerst in Vorleistung gehen müsse, um dann an die Erbschaft heranzukommen. Manchmal helfe eine einfache Plausibilitätsprüfung, um einem Betrug auf die Schliche zu kommen: Habe ich beispielsweise tatsächlich an einer spanischen Lotterie teilgenommen, bei der ich zuerst in Vorleistung gehen muss, um an den Gewinn zu kommen? Doch diese Herangehensweise falle einem nicht unbedingt sofort ein, wenn ein möglicher Geldsegen winkt, gab Jürgen Singer zu bedenken.

Keine persönlichen Daten herausgeben

Eine deutliche Warnung sprach Singer vor unseriösen Investitionen in Krypto-Währungen aus und betrügerischen Anrufen, bei denen persönliche Bankdaten abgefragt werden. In letzterem Fall empfahl der Polizeichef, solche Anrufe sofort abzubrechen und niemals Daten herauszugeben.

Vor allem die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen bereiten dem Polizeihauptkommissar Sorgen, gab dieser zum Schluss seines Berichts zu verstehen. Durch sogenannte Schock-Anrufe würden meist ältere Menschen dazu gebracht, Geld bereitzustellen, um angeblich Angehörige vor dem Gefängnis zu bewahren. Eine weitere Betrugsmasche seien vermeintliche Handwerker, die sich als Fassaden- oder Dachrinnen-Reiniger ausgeben und stark überhöhte Preise für ihre Dienstleistungen verlangten. Ein solcher Fall ereignete sich beispielsweise im August 2024.