Ferienwohnungen gelten zu den nicht störenden Gewerbeeinheiten einer Gemeinde. Die Umwandlung einer Wohnung zu einer Ferienwohnung ist aber genehmigungspflichtig und bedarf das Einvernehmen des Gemeinderats. Bei seiner Entscheidung hat sich der Rat an geltendes Recht zu halten – dazu gehört unter anderem die Regelung aus dem kommunalen Bebauungsplan. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Gaienhofen scherten jedoch drei Räte aus dem Verfahren aus und stimmten gegen die Umnutzung von zwei Wohnungen in Ferienunterkünfte – obwohl sich die Wohnungen in einem Mischgebiet von Gaienhofen befinden.
Der Protest könnte zu einer Wende in der Baupolitik von Gaienhofen führen. Denn angesichts des hohen Anteils an Ferienwohnungen und der von vielen Gemeinderäten bezeugten Wohnungsknappheit sollen Expertisen die Baupolitik in der Gemeinde künftig ausloten helfen.
Viele Familien suchen Wohnungen
In dem Mischgebiet in der Hauptstraße von Gaienhofen seien grundsätzlich Betriebe des Beherbergungsgewerbes zulässig, informierte der Leiter in der Bauverwaltung, Michael Martin. Der Bebauungsplan schließe an dieser Stelle keine Umwidmung aus. Somit sei im Umkehrschluss die Umnutzung zulässig. Laut der Verwaltung stünde der Umwidmung nichts entgegen, sagte Martin im Gemeinderat. Auch empfehle der technische Umweltausschuss dem Rat, das Einvernehmen zu erteilen.
In der Aussprache kündigte Sonja Weber (FW) allerdings an, gegen die Umwidmung zu stimmen. In den Wohnungen hätten zuvor einige Familien gewohnt. Sie sehe in der Umnutzung eine Vernichtung von Wohnraum. Auch wenn die Umwidmung den Festsetzungen im Bebauungsplan entsprechen würde, so sprach sich auch Mechtild Biechele (FW) strikt dagegen aus. Sie kenne viele Familien in Gaienhofen, die im Ort eine Wohnung suchen und gerne bleiben würden. Gleich zwei Wohnungen in einem Haus als Ferienwohnungen auszuweisen, finde sie nicht in Ordnung. Der Rat habe sich auf die Fahne geschrieben, Wohnraum zu schaffen und keine Ferienwohnungen, erinnerte Biechele. Sie könne daher dem Antrag nicht zustimmen.
Unterschiedliche Bewertungen?
Felix Lang (UBL) zeigte sich ob der Empfehlung des Bauausschusses irritiert. Aus der Ortschaft Horn sei jüngst eine Umwidmung abgelehnt worden. Nun liege dem Gemeinderat ein Antrag aus Gaienhofen vor. Der Unterschied in beiden Anträgen liege darin, dass in der Ortschaft Gaienhofen der Bebauungsplan die Umwidmung zulassen würde.
Für Felix Lang sind die Bebauungspläne ewig alt. Er machte darauf aufmerksam, dass Horner Bürger und Bürger aus Gaienhofen unterschiedlich bewertet würden. Da die Gemeinde Wohnraum schaffen wolle, müsse eine durchgängige Konsistenz in den Bebauungsplänen hergestellt werden, sagte Lang. Man müsse zu einer neuen einheitlichen Regelung kommen, die die Bedürfnisse nach Wohnraum und die Bedürfnisse aus dem Tourismus berücksichtigen.
Andere Situation als früher
Karl Amann (UBL) sprach sich gegen die Streichung von Ferienwohnungen aus den Bebauungsplänen aus. Die Gemeinderäte seien angehalten, nach den Festsetzungen im Bebauungsplan zu entscheiden. Mechtild Biechele (FW) setzte dagegen, dass der Rat seit langem die Bebauungspläne überarbeiten wolle. Es herrsche aktuell eine andere Situation als die Bebauungspläne erstellt wurden.
Eine große Mehrheit der Gemeinderäte sprach sich zwar gegen die Umwidmung und für die Schaffung von Wohnraum in der Gemeinde aus, sie begründeten aber ihre Zustimmung am geltenden Recht.
Die Verwaltung will das Thema aufarbeiten
Bürgermeister Jürgen Maas fasste die Diskussion im Rat zusammen: Er sieht eine Zunahme von Umwandlungen von Wohnraum in Ferienwohnungen. Diese Entwicklung sehe er als sehr kritisch an, da die Bürger dringend Wohnraum benötigen würden. Demgegenüber gebe es aber auch eine kommunale Satzung mit einem Bestandsrecht.
Er stimmte für die Umwidmung und schlug dem Rat vor, dass die Gemeinde das Thema rechtlich aufarbeiten und die Verwaltung die Steuerbarkeit von Ferienwohnungen überprüfen wolle. Bei drei Gegenstimmen und ohne Enthaltung erteilte der Rat das Einvernehmen für die Umwidmung.