Die Wiffen im Rhein stellen eine große Gefahr für Freizeitboote und Schwimmer dar. Schon seit vielen Jahren gibt es Überlegungen, die Schifffahrtszeichen durch weniger gefährliche Alternativen zu ersetzen. In den Jahren 2014 bis 2018 wurde eine Wiffe mit Drehkörper getestet. Sie konnte sich in der Praxis jedoch nicht bewähren und führte zu anderen, mit Wiffen vergleichbaren Risiken.

Der Steiner Walter Oderbolz hält nicht viel von den unbeweglichen Orientierungshilfen im Hochrhein, wie er in einer Umfrage der Schaffhauser Baudirektion zum Ausdruck brachte. Mit Bojen als Alternative kann er sich jedoch anfreunden – die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) ebenfalls.

Bojen könnten die gefährlichen Wiffen ersetzen

Zu Jahresbeginn konnten sich Sachkundige und sonstige Interessierte an einer öffentlichen Onlineumfrage zu zwei Testbojen als möglicher Wiffenersatz beteiligen, die auf Höhe Diessenhofen im Rhein schwimmen. Über 150 haben daran teilgenommen. Die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) musste sich nicht daran beteiligen, weil sie bereits Teil der Arbeitsgruppe zur Prävention und Signalethik auf dem Rhein ist und ihren Standpunkt zu Wiffen als Wasserzeichen, welche Hindernisse und gefährliche Stellen signalisieren, des Öfteren dargelegt hatte.

„Für unsere Schiffsführer und Kapitäne sind sie wichtige Si­gnalisationen und Orientierungspunkte zum sicheren Manövrieren eines 50 Meter langen Kursschiffs“, sagt Geschäftsführer Remo Rey auf Anfrage. Zu den beiden Testbojen Höhe Schupfen und Rhysägi bei Diessenhofen meint der URh-Geschäftsführer: „Der Wiffentest ist wichtig und kann zu möglichen Ersatzlösungen bestehender Wiffen führen. Die aktuellen Versuchsbojen erfüllen aus Sicht der Kursschifffahrt viele Bedürfnisse gut.“

Bootsfahrlehrer Jerry Svensson aus Wagenhausen hat gelernt, mit den Wiffen zu leben. Mit 22 Jahren Berufserfahrung und mehr als 2000 Fahrschülern kennt er die Tücken des Rheins bestens und ist sich dessen Gefahren durchaus bewusst.

Walter Oderbolz kämpft für weniger gefährliche Seezeichen am Hochrhein.
Walter Oderbolz kämpft für weniger gefährliche Seezeichen am Hochrhein. | Bild: Thomas Martens

Ganz anderer Meinung ist der Steiner Walter Oderbolz, ebenfalls ein erfahrener Wassersportler und seit frühester Kindheit zunächst bei den Pontonieren und dann mit Motor und Segel auf Rhein und Bodensee sowie als Gast auf vielen anderen Flüssen in Europa unterwegs. Für ihn sind Wiffen unnötig: „Sie gehören weg.“ Seit vielen Jahren hat er den 45 starren Holzpfählen im Hochrheinabschnitt zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen den Kampf angesagt. Verantwortlich für die Wiffen ist das Baudepartement des Kantons Schaffhausen, gemäß Staatsvertrag aus dem Jahr 1973.

„Tragisches Ende hätte nicht sein müssen“

Der 92-jährige Oderbolz beschäftigt sich seit 2005 intensiv mit dem Thema und hat mittlerweile einen dicken Ordner mit umfangreichen Dokumentationen angelegt. Richtig aufgewühlt hatte ihn jedoch ein tödlicher Schlauchbootunfall 2012, als nach einer Kollision mit Wiffe 62 auf Höhe des Schupfen eine Frau aus Stammheim ertrank. „Ich konnte den Start der fröhlichen Bootsfahrt in Stein am Rhein aus nächster Nähe miterleben, so ein tragisches Ende hätte nicht sein müssen“, ist Oderbolz überzeugt.

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In zahlreicher Korrespondenz mit Behörden und Medien dies- und jenseits der Grenze hat der Freizeitkapitän in den vergangenen Jahren versucht, die Verantwortlichen wachzurütteln und die Wiffen entfernen zu lassen – ohne Erfolg. Von den Testbojen verspricht er sich nun aber viel. „Mein größter Wunsch ist es, dass speditiv in diese Richtung weitergemacht wird“, schreibt Oderbolz an Projektleiter Fabian Hablützel vom zuständigen Schaffhauser Baudepartment.

Alternative Bojen werden fünf Jahre getestet

Eine Arbeitsgruppe mit Verantwortlichen auf Schweizer und deutscher Seite hat einen Ort mit erhöhter Freizeitnutzung durch Bootfahrer und Schwimmer sowie erhöhter Strömung und starken Windverhältnissen gesucht. Weil die Testphase aber fünf Jahre dauert, um die Bojen bei unterschiedlichen Wasserbedingungen oder erhöhter Freizeitnutzung zu prüfen, kann es dem Steiner nicht schnell genug gehen: „Warum so lange warten? Das ist alles nicht nur unverständlich, sondern auch unverantwortlich.“

Mitarbeiter des Schifffahrtsamtes Konstanz setzten jüngst eine Testboje als Ersatz für die Wiffe 73 auf Höhe „Rhysägi“ in ...
Mitarbeiter des Schifffahrtsamtes Konstanz setzten jüngst eine Testboje als Ersatz für die Wiffe 73 auf Höhe „Rhysägi“ in Diessenhofen. | Bild: Thomas Martens/SHN

Seiner Vorstellung nach sollten möglichst rasch an problemlosen Flussstellen Bojen gesetzt werden, sofern dies überhaupt nötig sei. Denn, wie Oderbolz auf seinen zahlreichen Flussfahrten in Europa erfahren konnte, habe mit der modernen Navigationstechnik der Steuermann auch auf Flüssen nur noch Überwachungsfunktion: „Sogar größte Containerschiffe fahren auf diese Weise mit größter Genauigkeit in und aus den Häfen.“ Dem widerspricht URh-Geschäftsführer Rey: „Die heutige Navigationstechnik ist gut, jedoch zeitverzögert und in einem Fließgewässer nach wie vor mit Risiken verbunden.“

Die Gefahr der Schifffahrtszeichen auf dem Hochrhein ist bekannt. Aktuell läuft ein Versuch mit schwimmenden Zeichen.
Die Gefahr der Schifffahrtszeichen auf dem Hochrhein ist bekannt. Aktuell läuft ein Versuch mit schwimmenden Zeichen. | Bild: Thomas Martens/SHN

Bojen sind dynamisch und geben nach

Doch die Testbojen zeigen auch Risiken auf. Weil sich die Boje mit der Strömung bewegt, kann sie sich nicht drehen, und das Fahrsignal bleibt wie vorgeschrieben an seiner Position sichtbar. Ebenfalls verhält sich die Boje dadurch dynamisch und kann im schlimmsten Fall bei einer Kollision nachgeben. Das hätten nach Angaben von Hablützel die Anfahrversuche im vergangenen Jahr sehr gut gezeigt. Es gelte aber auch hier daran zu denken, dass vom Unterbau der Boje sowie der Verankerungskette bei Fehlverhalten auf dem Rhein gewisse Risiken ausgehen könnten. „Die Schönheiten des Rheins sind also mit Bedacht zu genießen“, stellt Hab­ützel fest.

Die Projektbeteiligten haben sich einen Zeitraum von fünf Jahren gegeben, um die Bojen bei unterschiedlichen Bedingungen wie Hoch- und Niedrigwasser, starker und schwacher Strömung oder bei viel Treibgut im Wasser zu erproben. „Dann wollen wir schauen, wie wir weiter vorgehen“, so Hab­lützel. Ob es bei den beiden jetzt vorhandenen Bojen bleibt, ist noch offen: „Wenn wir mehr Erkenntnisse brauchen, kann es sein, dass wir noch eine weitere testen.“ Nicht geplant seien weitere Kollisionstests.

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Eine zweite Testboje ist an einer exponierteren Stelle bei der „Rhysägi“ mit dem Schifffahrtszeichen Nummer 73 gesetzt. In Zusammenarbeit mit einem deutschen Bojenbauer sei die Boje für den zweiten Test angepasst worden. Die ovale Form der Boje sorge für die Stabilität in Strömungsrichtung. Mit einem Verlängerungsaufsatz als Halterung für das normierte Schifffahrtszeichen sowie mit integriertem Radarreflektor bleibe sie möglichst lange im Blickfeld der Kursschiffe.

Besser Grau als in knalliger Farbe

Im Gegensatz zur sehr starren Verankerung der herkömmlichen Wiffen im Rheingrund sei die Testboje bei einer Kollision flexibler. Während die erste Boje grünweiß war, wird die neue Boje grau sein. “Damit wird sie sichtbarer für alle Verkehrsteilnehmer und Schwimmer„, sagt Fabian Hablützel, Projektleiter Gewässer bei Tiefbau Schaffhausen. Eine knallige Farbe wie Gelb oder Rot sei dagegen eher kontraproduktiv: „Das wäre wie die Faust aufs Auge.“ Mit dem erweiterten Versuch sollen zusätzliche Erkenntnisse zum Verhalten der Boje mit aufgesetztem Schifffahrtszeichen bei starker Strömung und starken Windverhältnissen gewonnen werden.

Der Rhein weist je nach Abflussmenge stark unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten und einen bis zu drei Meter schwankenden Wasserspiegel auf. Auch Schwemmgut, große Äste und Bäume werden insbesondere bei Hochwasser mitgeführt. Dies führe zu starken Zugkräften an der Boje, heißt es weiter. Deshalb wird sie von einem 1,9 Tonnen schweren Bojenstein über eine stabile Kette gehalten.

Dieser Artikel über Schifffahrtszeichen am Hochrhein erschien zuerst bei den „Schaffhauser Nachrichten“.