Ali Günes, was hat Sie dazu bewogen, das Traineramt beim Türk. SV Singen wieder zu übernehmen?

Ali Günes: Eigentlich wollte ich mir eine längere Pause gönnen. Die vergangenen zwei Jahre waren sehr intensiv. Ich hatte gehofft, dass die Mannschaft mit neuen Spielern und einem neuen Trainer frische Impulse bekommt. Doch die Ergebnisse blieben aus. Ich habe lange gezögert, wollte zunächst nicht zurück. Aber die klaren Niederlagen gegen Nöttingen und Bissingen haben mich nachdenklich gemacht. Schließlich habe ich mich entschieden, zurückzukehren, um der Mannschaft zu helfen – auch wenn niemand weiß, ob es am Ende für den Klassenerhalt reicht.

Ihre Pause war nun kürzer war als erhofft. Wie haben Sie die trainerfreien Monate genutzt?

Ali Günes: Für mich sind Familie und Freunde sehr wichtig. Diese Zeit habe ich genutzt, um Urlaub zu machen, abzuschalten und Dinge nachzuholen, die im Fußballalltag zu kurz kommen. Als Profi hatte ich oft turbulente Jahre, da habe ich gelernt, was im Leben wirklich zählt. Fußball darf nicht immer im Vordergrund stehen. Auch wenn ich inzwischen nur noch als Amateurtrainer tätig bin, habe ich den Ehrgeiz aus der Profizeit nicht verloren. Das ist manchmal ein Nachteil, weil ich Niederlagen nur schwer akzeptieren kann. Ich arbeite daran, das gelassener zu sehen.

Mit Blick auf Ihr erstes Spiel gegen den 1. Göppinger SV: der Türk. SV steht auf dem drittletzten Platz, sind Sie nervös – und haben Sie sich ein Punkteziel für den Oktober gesetzt?

Ali Günes: Ein festes Punkteziel habe ich nicht. Aber uns erwartet ein Mammutprogramm mit den Gegnern wie Göppingen, Aalen und Mannheim. Natürlich sind das starke Teams, aber im Fußball ist alles möglich. Mit der richtigen Einstellung und Mentalität können wir noch ein paar Prozente drauflegen. Ich habe gleich Veränderungen eingeführt, zum Beispiel die Trainingsumfänge reduziert, damit die Spieler mehr Zeit mit ihren Familien verbringen können. Pflichtsiege sehe ich am Anfang im Oktober nicht, wichtig wird es sein, ab Ende des Monats gegen direkte Konkurrenten zu punkten, damit wir uns in der Tabelle stabilisieren. Gegen Göppingen erwartet uns ein hartes Spiel, die zwar Tabellennachbar sind, aber schon bewiesen haben wie gut sie sein können.

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Wie haben Sie die ersten Trainingseinheiten erlebt? Hat es sich wie ein Nachhausekommen angefühlt?

Ali Günes: Ja, absolut. Die Pause war nicht sehr lang, trotzdem sind viele neue Gesichter dabei. Mir ist wichtig, die Spieler zu verstehen, mit Respekt zu behandeln und ein echtes Teamgefühl aufzubauen. Fußball soll Freude machen. Die Spieler sollen mit einem Lächeln ins Training kommen und mit einem Lächeln nach Hause gehen. Selbst wenn wir verlieren, möchte ich, dass sie die Zeit positiv in Erinnerung behalten.

Wo sehen Sie aktuell die größten Baustellen?

Ali Günes: An erster Stelle steht die Fitness. Ohne sie lassen sich taktische Vorgaben nicht umsetzen. Viele Spieler wissen noch nicht genau, welche Laufwege sie gehen müssen oder wie sie sich positionieren sollen. Das braucht Zeit. Ich habe dem Vorstand auch gesagt, dass es am Anfang Rückschläge geben kann. Aber ich bin überzeugt, dass wir bald ein anderes Gesicht zeigen werden. Dafür investiere ich auch privat viel Zeit, schneide Videos, erkläre Abläufe – damit jeder versteht, was er zu tun hat.

Ist Ihr Engagement zunächst nur für diese Saison geplant – oder denken Sie darüber hinaus?

Ali Günes: Geplant ist, dass ich den Job bis Ende der Saison mache. Aber ich möchte mich nicht festlegen. Schon damals habe ich dem Präsidenten zugesagt, nur ein Jahr zu machen – am Ende wurden es zwei. Wenn ich merke, dass ich die Mannschaft nicht mehr erreiche, höre ich auch früher auf. Ich will dem Team nicht schaden. Andererseits weiß ich, dass wir gemeinsam Potenzial haben. Es hängt viel von der Entwicklung ab.

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Am Wochenende konnte der TSV seinen zweiten Sieg feiern. Wie haben Sie das Spiel gegen Normannia Gmünd verfolgt?

Ali Günes: Ich habe schon vor dem Spiel mit vielen Spielern telefoniert, sie aufgebaut und motiviert. Einige sagten mir: „Wir spielen für dich.“ Das hat mich sehr gefreut. Serdar Yalcinkaya hat als Interimstrainer einen guten Job gemacht, gerade mit seinen Einwechslungen. Ich war extrem nervös und habe das Spiel über den Liveticker verfolgt. Der Sieg war wichtig, auch für die Stimmung. Mit dieser Moral übernehme ich die Mannschaft nun.

Abdoulie Mboob ist seit dem letzten Spieltag wieder beim TSV dabei.
Abdoulie Mboob ist seit dem letzten Spieltag wieder beim TSV dabei. | Bild: Salzmann, Dirk

Abdoulie Mboob ist zurück im Team. Wie wichtig ist das für Sie – und welche Rolle erwarten Sie von ihm?

Ali Günes: Abdoulie ist noch nicht fit, aber seine Präsenz ist enorm wertvoll. Wenn ich einen Spieler habe, der auch für 20 oder 30 Minuten einsetzbar ist, gibt das Sicherheit. Er ist ein Gewinnertyp, ein Spaßfaktor in der Kabine, jemand, der die Stimmung hebt und immer gute Energie verbreitet. Auch für die Zuschauer sorgt seine Rückkehr für zusätzliche Begeisterung. Wir müssen ihn jetzt Schritt für Schritt aufbauen, dann kann er uns in zwei, drei Wochen richtig helfen. Für die Gegner bleibt er eine konstante Gefahr, und für uns ist er ein wichtiger Baustein, um bis zur Winterpause deutlich besser dazustehen.