Dass 20 000 Quadratmeter Ortskern bebaut werden können, kommt selten vor. Dass eine Gemeinde diese Fläche privaten Bauherren in die Hände geben möchte, ist auch selten, sagt Gottmadingens Bürgermeister Michael Klinger. Besonders bei weniger als 10 000 Einwohnern. Sobald die neue Eichendorffschule fertig gestellt und das bisherige Schulgebäude abgerissen ist, könnten mehrere Bauherren ab 2022 gemeinsam bauen – in sogenannten Baugruppen. Das bringt neben geringeren Kosten auch eine bessere, schönere Nutzung mit sich, ist der Bürgermeister überzeugt. „Die Frage ist, wie man gemeinschaftlich neuen Wohnraum schafft“, sagt er. Antworten soll ein Informationsabend am Mittwoch, 22. April, geben.
Es soll etwas Tolles entstehen auf der Fläche, die so groß ist wie drei Fußballfelder. Das sagt Hanna Kasper, die das Projekt als Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Translake betreut. Dafür soll die Fläche erstmal nicht an den meistbietenden Investor verkauft, sondern gemeinsam entwickelt werden. Von Details wie einem Quadratmeter-Preis und Bauvorschriften sei man noch weit entfernt, erklärt Michael Klinger. „Da sind wir ganz offen“, sagt er hinsichtlich der Zahl und Größe von Wohnungen, die entstehen könnten.
Keine Einfamilienhäuser, sondern etwas Urbanes
Klar ist, dass auf dem Gelände keine lose Sammlung von Einfamilienhäusern entstehen soll. Angedacht sind Mehrfamilienhäuser, so dass ein dichtes, urbanes Quartier entsteht. „Immer, wenn es dichter werden soll, stellt sich auch die Frage, wie man trotz Enge Privatheit schafft“, sagt Klinger. Bei Baugruppen sei es beispielsweise auch möglich, Gemeinschaftsräume wie ein allgemeines Gästezimmer umzusetzen. „Gemeinsam kann man Dinge realisieren, die man sonst nicht bauen könnte“, sagt Kasper – Hauptsache, es passt ins Gesamtquartier.

Im Hegau sind Baugruppen eine Herausforderung
Die Gemeinde habe bereits einmal versucht, mit Baugruppen ein Baugebiet zu gestalten, doch in der Margrafenstraße sei das nicht wirklich gelungen. „Uns ist bewusst, dass das Thema in einem nicht ganz so urbanem Raum eine Herausforderung ist“, drückt er es diplomatisch aus. In größeren Städten sei es womöglich einfacher, Gleichgesinnte zu finden. Deshalb wolle man nun frühzeitig beginnen, auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen, so dass Bauherren einander finden und einen Plan entwickeln können. Dabei gibt es in der Nachbarschaft durchaus Beispiele für Baugruppen, etwa bei der Stadterweiterung Nord in Radolfzell.
Noch gibt es viele Gestaltungsmöglichkeiten
Wer in Gottmadingen gemeinschaftlich bauen möchte, kann mit der Gemeinde am Bebauungsplan arbeiten, kündigt Bürgermeister Klinger an. Im nächsten Schritt gehe es nämlich darum, Leitplanken zu definieren, sagt Hanna Kasper. Bis Ende 2020 soll klarer sein, in welchem Rahmen sich das Projekt bewegt. Wenn Interessenten früh beteiligt sind, sei es einfacher, einen Konsens zu finden.
Ob ein Architekt die Bauherren-Gruppe dann moderieren soll oder nicht, können diese ebenso entscheiden wie die rechtliche Basis ihres gemeinschaftlichen Bauens. Eine häufig genutzte Möglichkeit sei die Gründung einer Genossenschaft, erklärt Kasper, um Spekulationen am Wohnungsmarkt zu vermeiden.
„Es ist eine Chance und ein Angebot“, sagt Klinger. Die Gemeinde wolle die Fläche mit den Bürgern gestalten – jetzt brauche es nur noch Bürger, die das auch realisieren. Und wenn nicht? Dann könnte die Fläche doch an einen Investor gehen, der nach seinen Vorstellungen baut und die Immobilien dann zum Kauf anbietet.