50 Fahrräder stehen ums Gottmadinger Rathaus verteilt, nur eine handvoll steht im dafür vorgesehenen Schuppen gegenüber. Der rostige Zweckbau liegt noch näher am Bahnhof und an den Bahngleisen – doch bisher nutzt ihn kaum jemand. Das soll sich zeitnah ändern, sagt Joachim Dutt vom Bauamt Gottmadingen: mit einem Fahrradparkhaus. Mindestens 80 Räder sollen in einem Neubau am Bahnhofsvorplatz einen Platz finden, dafür rechnet die Gemeinde mit Kosten von geschätzt 300 000 bis 400 000 Euro.
Anreize statt Verbote zum Umstieg auf den ÖPNV
„Wir überlegen grundsätzlich, wie wir Mobilität besser und vielleicht umweltfreundlicher machen können“, erklärt Bürgermeister Michael Klinger. Statt auf Verbote will er auf Anreize setzen: Wenn der Umstieg auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiver wird, entscheiden sich womöglich mehr Menschen dafür. Deshalb arbeite die Verwaltung an einer Einführung des Ein-Euro-Tickets und deshalb sei auch ein Fahrradparkhaus Thema.
Architekten planen einen Neubau mit bis zu zwei Geschossen, erklärt Joachim Dutt. Vor wenigen Tagen hat Dutt sich mit Bürgermeister Klinger und drei Gemeinderäten die Radparkhäuser in Schaffhausen, Ravensburg und Allensbach angesehen. „Sie lernen auf diesen Fahrten immer, was gut ist und vor allem, womit die anderen nicht zufrieden sind“, erklärt Michael Klinger. Das habe sich beispielsweise beim Freibad bewährt.
Beispiele in Schaffhausen, Ravensburg und Allensbach zeigen, wie es geht – oder auch nicht
Und die Erfahrung dieser Ausfahrt ergab: Schaffhausen habe ein dreigeschossiges Radparkhaus mit zu steilen Rampen, befand Klinger. Er habe einen Senior dabei beobachte, wie er nur mit einiger Anstrengung sein schweres E-Bike über die Schwelle schieben konnte. Ravensburg sei mit einem kompakten Würfel technisch und inhaltlich überzeugend, doch da die Räder halbautomatisch in Boxen gestapelt werden, sei der Unterhalt zu teuer. In Allensbach hingegen habe die Mischung aus offenen und geschlossenen Plätzen überzeugt.
Was für die Gottmadinger unabdingbar ist:
Der Ausschuss für Technik und Umwelt hat einer ersten Planung bereits zugestimmt und dabei auch Maßgaben festgelegt, die die angefragten Architekten einhalten sollen: Es soll zum Beispiel Anlehnbügel mit einem Meter Abstand zueinander geben, außerdem einige Stellplätze für Räder mit Anhänger oder Lastenräder sowie Schließfächer mit Steckdosen, in denen die Akkus von E-Bikes geladen werden können. Und das Dach des Parkhauses soll wartende Buspassagiere vor Regen schützen. Während die Bushaltestellen noch 2020 umgebaut werden sollen, soll das Fahrradparkhaus anschließend gebaut werden.
Mietgebühr wird Neubau nicht finanzieren. Muss sie aber auch nicht
Dafür greift die Gemeinde in die eigene Tasche, kündigt Michael Klinger an: Er denkt zwar an eine Mietgebühr von fünf Euro pro Monat und Platz für den geschlossenen Bereich, doch damit sollen lediglich Verwaltung und Unkosten gedeckt werden. Den Rest übernehme die Gemeinde, „weil es uns das wert ist“. Das benachbarte Singen hat ähnliche Pläne, wie Oberbürgermeister Bernd Häusler beim Neujahrsempfang ankündigte: „Wenn es die Bahn schafft, auf der Ostseite neben dem Maggi-Tunnel die alten Schuppen zu beseitigen, wollen wir zusätzlich – sofern es die Bahn uns auch dort gestattet – ein Fahrradparkhaus für 165 Fahrräder und geschätzten Kosten von 350 000 Euro errichten.“
Singen plant ebenfalls ein Fahrradparkhaus

Bald soll also Schluss sein mit den rostigen Bahnhof-Fahrrädern, die Joachim Dutt und Michael Klinger bislang so häufig beobachten: Viele würden ein altes Fahrrad nutzen, dessen Verlust nicht so schmerzhaft wäre. „Wenn man über Verkehr redet, muss man kreativer werden“, begründet Bürgermeister Michael Klinger ihren Vorstoß für ein Fahrradparkhaus. Eine Straßenbau-Maßnahme für Autofahrer koste ungleich mehr und der Bedarf sei da: Der Pendlerverkehr in Gottmadingen kenne nur eine Richtung, kontinuierlich nach oben.
Bahnhofsvorplatz
Gottmadingen möchte in diesem Jahr seinen Bahnhofsvorplatz an der Johann-Georg-Fahr-Straße umgestalten. Die neue Buslinie zwischen Gottmadingen und Hilzingen braucht zusätzlichen Platz, deshalb soll es künftig auf beiden Straßenseiten je zwei Haltestellen geben, erklärt Joachim Dutt vom Bauamt. Diese müssen zudem barrierefrei werden. Und der nahe Parkplatz Stegleacker soll mit einem Gehweg besser angebunden werden. Noch ist unklar, inwieweit sich das Land mit Zuschüssen beteiligen wird: Einige Maßnahmen sind förderfähig, erklärt Joachim Dutt, und hält für die gesamte Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes bis zu 50 Prozent für möglich – einschließlich Fahrradparkhaus.