Premiere für Autorin Ulrike Blatter und acht SÜDKURIER-Abonnenten: Erstmals gab es eine Lesung bei Blatters zuhause. Mit Weitblick ins Grüne und einem angenehmen Windhauch bei Vogelgezwitscher durften es sich die Gäste auf dem Balkon bequem machen. Zur entspannten Atmosphäre erschuf die Autorin mit ihrer ausdrucksvollen Stimme und sorgfältig ausgewählten Textpassagen einen starken Kontrast. Den Protagonisten ihres neuen Romans „Töchter des Todes“, erschienen im Ingelheimer Leinpfad-Verlag, geschieht Leidvolles.
Beim Vorlesen hauchte sie den Figuren Leben ein. Deren Geschichten drehen sich um brandaktuelle Themen wie Radikalisierung, Hass im Internet, Islamismus und Migration. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive der jeweiligen Figur. „Abgesehen von den Psychopathen liebe ich meine Figuren“, erklärte die Autorin. Diese werden im Roman sowohl für die Autorin also auch für Zuhörer und Leser zu realen Personen mit Gefühlen und weit zurückreichenden Biografien. Wenn diesen Figuren im Buch Leid zugeführt wird, leidet darunter auch ihre kriminalistisch denkende Erschafferin. Die Handlung im Buch spielt in Taufingen, einer fiktiven Stadt in Süddeutschland. Wobei Taufingen ganz klar Singen sein könnte.

Im Mittelpunkt steht eine Familie mit bosnischen Wurzeln. Die ältere Tochter gerät scheinbar in die Fänge von religiösen Fanatikern. Sie verschleiert sich und verschwindet nach Syrien zum Islamischen Staat. Dabei spielte Religion bisher überhaupt keine Rolle im Leben der Familie. „Ihre Augen schauen aus einer schwarzen Tuchmaske“, liest Ulrike Blatter aus Sicht der verzweifelten jüngeren Schwester. Während einem interkulturellen Fest vor dem Rathaus explodiert eine Bombe. Diese explodiert nicht im Singener denkmalgeschützten Cafe Hanser, sondern in einer Taufinger Metzgerei. Durch diesen Anschlag gerät die Familie unter Druck und ihr Leben aus den Fugen. Ulrike Blatter packte in ihrem Kriminalroman an, was sie kennt. Während der Lesung nahm sie sich Zeit, um von den Recherchen zu erzählen: Nicht alles habe sie selbst erfunden. An vielen Schicksalen, über die Ulrike Blatter schreibt, war sie als Rechtsmedizinerin und Sozialtherapeutin in ähnlicher Weise dicht dran.
Als Zugabe las die Kriminalautorin aus ihrem allerneuesten Werk: Die Geschichte eines Mords im Weinberg erscheint im Herbst in einer Wein-Anthologie. Die Gäste waren sich am Ende einig: Es war ein gelungener Abend, bereichert durch Leckereien von Anne Katharina Blatter. Die Tochter des Hauses bereitet sich auf die Prüfung zur Konditormeisterin vor und hatte feine Köstlichkeiten gerichtet.
Zur Person
Ulrike Blatter, geboren 1962 in Köln, promovierte in Rechtsmedizin. Ein knapp fünfjähriger Aufenthalt für ein Projekt zur Suchtprävention und für kriegstraumatisierte Menschen auf dem Balkan ist bis heute in ihrem Werk erkennbar. Die Autorin veröffentlichte Kriminalromane, Kurzgeschichten, ein Theaterstück, zwei Kinderbücher und Lyrik. Sie wurde für ihre Texte ausgezeichnet und erhielt mehrere Schreibstipendien. Außerdem arbeitet als Dozentin in der Erwachsenenbildung und engagiert sich seit vielen Jahren in Zusammenarbeit mit Schulen und Bibliotheken für die Leseförderung bei Kindern und für Schreibwerkstätten. Sie ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller sowie in den Kriminetzwerken „Mörderische Schwestern“ und „Syndikat“. (sk)