Der Plan hat sich einfach angehört: Ein Syrer sollte aus der Schweiz über die Grenze nach Deutschland gebracht werden, obwohl er keine Aufenthaltsberechtigung hat. Im Internet hat er nach Helfern gesucht und ist bei dem Mann gelandet, der sich jetzt vor dem Amtsgericht Singen für das verantworten musste, was folgte. Mit dem Ausweis dessen Sohnes sollte es gelingen, den Bekannten illegal über die Grenze zu schleusen. 2500 Euro sollten dafür bezahlt werden, wie die Ermittler herausgefunden haben.

Doch dazu ist es nicht gekommen. Schon vor dem Grenzübertritt an jenem Tag im November des vergangenen Jahres haben Schweizer Grenzwächter Verdacht geschöpft, als das Fahrzeug mit syrischem Kennzeichen sich in Thayngen dem Zollübergang näherte. Schnell dürfte sich der Verdacht erhärtet haben, als den Kontrolleuren der vermeintliche Pass vorgelegt wurde. Darauf war das Geburtsdatum unleserlich gemacht worden. Weitere Recherchen ergaben, dass nichts zusammenpasste.

Handys wurden beschlagnahmt und die deutschen Kollegen alarmiert, da der jetzt als Haupttäter verurteilte Mann seinen Wohnsitz in Frankreich, also innerhalb der EU, hat. Die Daten auf dem Handy haben schnell zur Erkenntnis geführt, was hier gespielt wurde.

Es klickten Handschellen und für den 48-jährigen Syrer ging es ohne weitere Umwege in das Gefängnis. „Mit einem Wohnort in Frankreich lässt sich gegen das Argument der Fluchtgefahr wenig hervorbringen“, erklärt Strafverteidiger Björn Bilidt. Was aus dem Bekannten wurde, der illegal nach Deutschland wollte, weiß vor Gericht niemand. Nach Deutschland dürfte er vorerst nicht gekommen sein, da er von den Schweizer Behörden abgeführt wurde.

Nach der Festnahme direkt in Untersuchungshaft

Vier Monate hat der Angeklagte zuletzt in Untersuchungshaft verbracht, bis es jetzt zum Prozess vor dem Singener Amtsgericht gekommen ist. Grauhaarig und bärtig schlurft der Beschuldigte in blauem T-Shirt und roter Jogginghose mit Fußfesseln an den Beinen in den Gerichtssaal. Er wirkt deutlich älter, als es das Geburtsjahr 1976 vermuten lässt. Gewerbsmäßiges Schleusen und Urkundenfälschung legt ihm die Staatsanwaltschaft zur Last – ein Vergehen, für das bis zu zehn Jahren Haft drohen.

Mit sensiblem Gerät können die Behörden bei der Grenzkontrolle am Übergang Bietingen/Thayngen die Papiere kontrolieren.
Mit sensiblem Gerät können die Behörden bei der Grenzkontrolle am Übergang Bietingen/Thayngen die Papiere kontrolieren. | Bild: Moll, Mirjam

Dazu soll es aber nicht kommen. Der Angeklagte hat Reue gezeigt und Richterin Daniela Krack milde gestimmt. Es sei schließlich beim Versuch geblieben, da er vorzeitig in die Kontrolle der Schweizer Grenzwächter geraten ist. Auch die besonderen Umstände der Haft rechnet die Richterin dem Beschuldigten an. Der Syrer spricht kein Deutsch, ist weder des Schreibens noch des Lesens mächtig und hat seinen Lebensmittelpunkt in Frankreich.

Einzig, um dem Freund eines Bekannten zu helfen, habe er sich mit einem weiteren Bekannten in dessen Auto auf den rund 500 Kilometer weiten Weg bis nach Schaffhausen gemacht, um den illegalen Grenzübertritt zu unterstützen, übersetzt die Dolmetscherin den verzweifelten Syrer. So etwas wolle er nie wieder tun, lautet das Versprechen des Mannes am Ende des Verfahrens.

Mit dem Prozess endet auch die Zeit im Gefängnis

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Richterin und Verteidiger Bilidt wissen, dass es im Internet von speziellen Foren wimmelt. In diesen suchen einreisewillige Zuwanderer nach Partnern, die passende Papiere für den illegalen Grenzübertritt zur Verfügung stellen können – oft auch für deutlich mehr Geld als 2500 Euro.

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Ein tadelloses Vorstrafenregister ohne Eintrag, die viermonatige Untersuchungshaft und das Geständnis führt Richterin Daniela Krack als Gründe für die milde Strafe an. Zehn Monate Haft setzt sie auf drei Jahre zur Bewährung aus. Im Urteil wird der Mann aber auch verpflichtet, künftig seinen Aufenthaltsort bei den Meldebehörden anzuzeigen, auch wenn er – wie er ankündigt – nach dem Machtwechsel in seiner Heimat wieder nach Syrien zurückkehren wolle. In einem Gefängnis jedenfalls wolle er nicht mehr landen.