Es war eine eindrucksvolle Demonstration der Geschlossenheit, die die Bewohner des Heilsberg-Quartiers in Gottmadingen in der jüngsten Gemeinderatssitzung ablieferten. Es geht um ein geplantes Mehrfamilienhaus zwischen Bahngleis und der Johann-Georg-Fahrstraße.
Auf die Höhe kommt es an
Nicht das Gebäude selbst ist den Anliegern auf der anderen Seite des Gleises ein Dorn im Auge, sondern dessen Höhe. Unter dem Motto „19 statt 25“ hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet, die den Beschluss des Gemeinderats abzumildern versucht. Der hatte seit 2020 wiederholt über den Bauantrag des Architekten Daniel Binder diskutiert und im Februar 2024 seine Zustimmung erteilt.
Pikant an dem Diskussionsverlauf ist, dass das Bauprojekt erst nach einer computeranimierten Darstellung ins Nachbarinteresse rückte. Zuvor hatte Gottmadingens Stadtplanerin Olga Gozdzik die Zeichnungen in mehreren öffentlichen Sitzungen mit Höhenangaben gezeigt, ohne auf Resonanz zu stoßen. Nun aber kritisiert die Initiative mit ihrem Sprecher Karl Möhringer, dass die Verwaltung die Anlieger nicht proaktiv über das geplante 25 Meter hohe Gebäude informiert habe.
Sozialer Wohnungsbau anstatt Schatten-Bau
Die Kritiker betonen, dass sie den sozialen Wohnungsbau an der Stelle begrüßen, befürchten aber eine Verschattung im Wohngebiet Unterer Heilsberg und eine höhere Lärmbelastung. Um zu zeigen, wovon die Rede ist, hat die Initiative zwei Hubsteiger mit 19 und 25 Metern auf dem Eckgrundstück der Villa an der Fahr-Straße aufgestellt.
Anwohner fühlen sich unzureichend informiert
Man habe eine Befragung von über 300 Bürgern am unteren Heilsberg veranlasst, erklärte Karl Möhringer vor dem Gemeinderat. „Eine Handvoll Bürger hatte kein Interesse an dem Thema. Es hat sich niemand gegen den sozialen Wohnungsbau ausgesprochen“, so der Sprecher der Initiative. Aber es habe auch niemand für das hohe Gebäude gesprochen. „Wie kann man so ein großes Wohnhaus bauen, ohne die Bevölkerung einzubeziehen“, fragte Möhringer. Die Interessen der Alt-Bewohner seien nicht berücksichtigt worden. Das habe viele Gottmadinger verärgert und wütend gemacht. „Bei frühzeitiger Information hätten wir einen Konsens gefunden“, ist er überzeugt. Unter Applaus von den Besucherrängen übergab er die 800 Unterschriften an Bürgermeister Michael Klinger.

Das sagt der Bürgermeister zur Kritik
Kommentarlos wollte der Verwaltungschef die Vorwürfe nicht im Raum stehen lassen. Er verteidigte sowohl den Gemeinderatsbeschluss, als auch das Investorenkonzept und bekannte sich zudem persönlich dazu. Er verstehe den Unmut in der unmittelbaren Nachbarschaft. Das Projekt stehe aber im Spannungsfeld von öffentlichen und privaten Interessen. Diese abzuwägen, habe sich der Gemeinderat nicht leicht gemacht. Es gehe um nichts weniger als die Bekämpfung des viel beklagten Wohnungsmangels, besonders im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Es gehe auch um den sparsamen Umgang mit Bauland. Und es gehe um die Weiterentwicklung des Ortes. Diese Ziele würden mit dem Projekt am Bahngleis erfüllt. Die Gebäudehöhe sei aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, um die in Deutschland herrschenden Rahmenbedingungen für geförderten Wohnungsbau überhaupt umsetzen zu können.
Empfindlich reagierte Klinger auf den Vorwurf der mangelnden Bürgerbeteiligung. „Gottmadingen hat viel und gute Erfahrung mit echter Bürgerbeteiligung“, sagte er. „Nur zu fragen, wem etwas nicht gefällt, ist keine Bürgerbeteiligung.“ Hier gehe es um ein privates Bauprojekt, für das es einen klaren Rechtsrahmen gebe. „Ich stehe dafür ein, dass sich Investoren auf das Baurecht verlassen können“, sagte Klinger.
Ratsmitglieder zeigen Verständnis
Respekt bekundeten die Sprecher der drei Gemeinderatsfraktionen Bernd Schöffling (CDU), Kirsten Graf (SPD/UL) und Martin Sauter (FWG) gegenüber der Initiative „19 statt 25“ für ihre Unterschriftensammlung. Sie bekräftigten noch einmal ihre Zustimmung zu dem Bauprojekt. Schöffling hob aber hervor, dass die Befragung parteiisch sei und keinen repräsentativen Charakter habe. Graf zeigte Verständnis für die Kritik der Nachbarn, verwies aber auch die höhere Verantwortung bei Entscheidungen im Gemeinderat für die Gesamtgemeinde. Und Sauter hob auf den demokratischen Prozess ab. Auch in den Reihen der FWG habe es Kritiker des Projektes gegeben. Die haben sich der Mehrheit beugen müssen.
Schließlich räumte Klinger dem Architekten Daniel Binder auch das Wort ein. Der verwies auf den langen Planungsprozess unter schwierigen Rahmenbedingungen auf einem „nicht ganz einfachen Grundstück“. „Das Haus ist nicht beliebig oder belanglos“, sagte er. „Die Höhe ist keine Überraschung“, erklärte er mit einem Verweis auf die vorangegangene Berichterstattung im SÜDKURIER. „2020 hat der Gemeinderat gesagt, was er an der Ecke will. Das haben wir im rechtsstaatlichen Verfahren umgesetzt. Wer soll noch Sozialwohnungen bauen, wenn das infrage gestellt wird?“ Die letzte Entscheidung liegt bei der zuständigen Baurechtsbehörde in Konstanz, die dem Vorhaben aber bereits einen positiven Vorbescheid erteilt hatte. Außerdem stehen noch die Antworten auf die Einsprüche der Nachbarn vom Freiburger Regierungspräsidium aus. Unterdessen hat der Bagger den ehemaligen Flachbau schon abgeräumt. Die Baustelle ist bereits eingerichtet.
Auch Zustimmung wurde ausgesprochen
Ein Zuhörer, der die zweite Fragestunde am Ende der Sitzung abgewartet und nicht mit den anderen den Sitzungssaal vorzeitig verlassen hatte, fand schließlich noch lobende Worte: „Ich bin sehr froh, dass hier günstiger Wohnraum entsteht.“