Gleich in der ersten Sitzung nach der Sommerpause lässt Bürgermeister Michael Klinger richtig Dampf ab. Grund für den aufgestauten Frust sind neue Auflagen vom Bund, die im Zuge der Verkehrswende der Bahn die Umnutzung von Grundstücken verwehren. Im Beamtendeutsch heißt das nun so: „Die Freistellung der Fläche durch das Eisenbahnbundesamt liegt noch nicht vor.“

Es geht um das Grundstück in der Gottmadinger Hauptstraße 1, auf dem ein weiteres Haus für die Unterbringung von Geflüchteten gebaut werden sollte. Die Gemeinde hatte das Grundstück von der Bahn abgekauft. Eine sogenannte „aufschiebende Baugenehmigung“ des Landratsamtes liegt vor. Ob dort jemals gebaut werden kann, wird eine rechtliche Prüfung zeigen.

Eichendorffschule verschafft der Gemeinde etwas Luft

Die Bahn hortet Reserveflächen für den Ausbau ihrer Infrastruktur. Andererseits sind die Gemeinden verpflichtet, gemäß einer Unterbringungsquote von 3,74 Prozent geflüchtete Menschen aufzunehmen. Die Gemeinde Gottmadingen profitiert zurzeit noch davon, dass sie die alte Eichendorffschule mit 200 Plätzen an den Landkreis vermieten kann. Doch die Restlaufzeit des Gebäudes verkürzt sich, weil dort das Quartier 2020 entstehen soll.

Sobald sich die beiden Wettbewerbssieger in den Details geeinigt haben, könnte mit der Umsetzung begonnen werden. So ist es wohl Ironie des Schicksals, dass bei dem Projekt eine zeitliche Verzögerung eingetreten ist. Das verschafft der Gemeinde in der Frage der Flüchtlingsunterbringung noch etwas Luft. Mit einem entsprechenden Beschluss genehmigte der Gemeinderat mehrheitlich die Verlängerung des Mietvertrages für die Nutzung der alten Realschule als Notunterkunft bis 30. Juni 2025.

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Schon in der Vergangenheit hatte Bürgermeister Michael Klinger das Thema zur Chefsache gemacht. Regelmäßig berichtet er im Gemeinderat über die neuesten Prognosen für den Landkreis. Dieser verteilt die Geflüchteten auf die Gemeinden. Weil sich der Gemeinderat gegen eine temporäre Containerlösung entschieden hat, sollen in Gottmadingen Wohnungen gebaut werden, die später auch als Sozialwohnungen genutzt werden können. Denn auch in Gottmadingen ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware. In der Hilzinger Straße hat der Bau eines Hauses für 40 Personen gerade begonnen. Nach dem gleichen Muster sollte auch ein Haus in der Hauptstraße 1 gebaut werden. Doch dieser Plan wurde nun vom Eisenbahnbundesamt durchkreuzt.

Was also tun? Wenn man die bereits zugesagten Fördermittel nicht verspielen will, muss gehandelt werden. Die Verwaltung hat die bisherige Verteilung von Geflüchteten auf den Ortskern und die Ortsteile noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Es geht um eine gerechte Verteilung. Danach sind die Kerngemeinde und Bietingen überproportional belastet, während in Randegg und Ebringen noch weitere Menschen aufgenommen werden müssten.

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Der Blick richtet sich nach Randegg. Hinter dem alten Rathaus soll nun analog der ursprünglichen Pläne für die Hauptstraße 1 ein Haus für Geflüchtete mit neun Wohnungen entstehen. „Zwar sehen wir in der Zugangsprognose des Landkreises einen erkennbaren Rückgang“, sagte Klinger. „Je weiter wir aber in die Zukunft schauen, umso unsicherer werden die Prognosen. Bei gleichem Zustrom in 2025 wie 2024 hätten wir trotz des Neubaus von zwei neuen Häusern in Gottmadingen 47 Plätze zu wenig.“

In der Hilzinger Straße in Gottmadingen wird das Gelände für den Bau des ersten Wohnhauses für Geflüchtete derzeit vorbereitet. Hier ...
In der Hilzinger Straße in Gottmadingen wird das Gelände für den Bau des ersten Wohnhauses für Geflüchtete derzeit vorbereitet. Hier sollen neun Wohnungen für rund 40 Personen entstehen. | Bild: Trautmann, Gudrun

Wie ein Damoklesschwert schwebt die Zuweisung Geflüchteter durch den Landkreis über der Gemeinde. Dem will die Gemeinde mit dem Tausch der Projekte vorbeugen. Das zu betonen, wird Michael Klinger nicht müde.

Offenbar hat er mit dieser Argumentation auch den Gemeinderat überzeugt. Für Markus Dreier (SPD) macht es Sinn, „den Bau in der Hauptstraße 1 in Gottmadingen zurückzustellen und stattdessen in Randegg zu bauen.“ Und Florian Schönle (FWG) ist dieser Schritt sogar zwingend: „Wenn wir mit Zuschuss bauen wollen, müssen wir Randegg forcieren“, sagte er. „Ob wir dann noch ein drittes Gebäude brauchen, wird sich zeigen.“