Ist es blinde Zerstörungswut oder ein gezielter Angriff auf einen Unternehmer? Diese Frage stellt sich für Abdul Waheed nach dem dritten Anschlag auf seinen Pizza-Lieferservice langsam nicht mehr. „Ich glaube mittlerweile, dass es jemand auf uns abgesehen hat“, sagt er.
Wahlloser Vandalismus wäre es in seinen Augen, wenn auch andere Geschäfte betroffen wären. „Es gibt so viele Glasscheiben hier in der Umgebung“, sagt Waheed. „Aber bisher sind nur unsere Fensterscheiben und Autos zerstört worden.“ Mittlerweile zum dritten Mal am vergangenen Wochenende in der Nacht von Freitag auf Samstag.
Feinde, so sagt der junge Unternehmer, habe er nicht in Gottmadingen. Auch die Vermutung des Leiters des Gottmadinger Polizeipostens Georg Lautenschläger, es könnten vielleicht verärgerte Anwohner sein, deren Parkplätze vom Pizza-Lieferservice belegt würden, bestreitet Abdul Waheed entschieden: „Wir parken auf unseren Parkplätzen. Die haben wir gemietet.“ Es sei eher umgekehrt, dass Kunden von anderen Geschäften Autos auf ihren Parkplätzen abstellten. Aber das störe ihn nicht.
Seit 2015 in Gottmadingen
Der Pakistaner Abdul Waheed kam im Jahr 2015 nach Gottmadingen, um in der Bahnhofstraße seine kleine Pizzeria mit Lieferservice zu betreiben. „Ich habe mich damals frisch selbstständig gemacht“, erzählt er. Da wohnte er noch in Waldshut-Tiengen. „Ich hatte die Anzeige gesehen, dass der Laden zu mieten sei.“ Das Geschäft sei auch ganz gut angelaufen.
2018 folgte eine kleine Unterbrechung, bis er dann erneut nach Gottmadingen zurückkehrte. Mit seinen fünf festangestellten Beschäftigten backt und liefert er Pizzen für den ganzen Hegau. In Gottmadingen, Singen, Tengen, Hilzingen und Gailingen werden seine Pizzen gegessen. Warum er jetzt zur Zielscheibe von unbekannten Zerstörern geworden ist, ist für Waheed ein großes Rätsel.
Bereits der dritte Angriff
Der erste Angriff geschah im Dezember 2020. Der oder die Täter verfuhren immer nach dem gleichen Muster: Die Fensterscheiben wurden mit Steinen eingeworfen, die Scheiben der Autos ebenfalls. An den Fahrzeugen wurden auch noch Spiegel abgebrochen. Der zweite Angriff im Oktober 2021 habe den größten Schaden verursacht. „Da wurden nicht nur die drei Schaufenster eingeworfen, sondern auch noch der Computer und Drucker von den Steinen zerstört“, erzählt Abdul Waheed. Rund 12.000 Euro habe der Schaden damals betragen.

In der Nacht von Freitag auf Samstag kamen der oder die Täter wieder. Eine Nachbarin habe um 3.28 Uhr Scheiben klirren gehört und einen jungen Mann in hellem Kapuzenpulli gesehen, der Steine auf die Scheiben warf, erzählt Pizzabäcker Waheed. Er bedauert, dass die Frau nicht rechtzeitig die Polizei gerufen habe, sondern ihm die Beobachtung erst Tage später erzählt habe. Zwei Polizisten hätten die Steine mitgenommen, um sie auf Fingerabdrücke zu überprüfen.
Polizei benötigt Hinweise
Zwischen den Meldungen vom Wochenende zum Lastwagen-Chaos an der Grenze, Geschwindigkeitsübertretungen, Ordnungswidrigkeiten, einem Brand auf einer Kreisstraße und verdächtigen Beobachtungen entdeckt Dieter Popp, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, auch die Anzeige von Abdul Waheed. Er bestätigt, dass die Spurensicherung vor Ort war und gibt sich ebenso ratlos wie der Ladenbetreiber selber.
„Ohne Hinweise wird es schwierig, an die Täter zu kommen“, sagt er. „Wir können die Pizzeria nicht observieren.“ Im ungünstigsten Fall werde die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder einstellen, wenn es keine Hinweise aus der Bevölkerung gebe. Dass es sich um einen Akt der Fremdenfeindlichkeit handeln könnte, schließt Dieter Popp eher aus. Abdul Waheed ist sich da nicht mehr so sicher.