Am Tag nach dem tödlichen Polizeieinsatz in Binningen, bei dem ein Mann von Polizisten erschossen wurde, herrscht im Hilzinger Ortsteil tiefe Betroffenheit. Der Bereich um das Gebäude in der Ringstraße, in dem der Mann nach SÜDKURIER-Informationen alleine gelebt hat, ist noch immer von der Polizei abgesperrt. Gegen Mittag rücken weitere Beamte des Landeskriminalamtes an, um Spuren im Haus zu sichern. Die Rollläden der Nachbarhäuser sind zum größten Teil heruntergelassen.

„Wir ermitteln in alle Richtungen, wir sind aber auch erst am Anfang“, teilt Lisa Schröder, Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) auf SÜDKURIER-Nachfrage mit. Die LKA-Sprecherin bestätigt aber, dass bei dem tragischen Einsatz mehrere Schüsse von mehreren Polizisten abgegeben wurden. Die Obduktion des 64-jährigen Mannes, der bei dem Einsatz tödlich verletzt wurde, soll Aufschluss darüber geben, wie viele Kugeln ihn getroffen hätten.

Dieses Vorgehen bestätigt auch Staatsanwältin Nathalie Werth. „Der Schusswaffeneinsatz wird untersucht, das ist allerdings Standard. Die Ermittlungen hat das LKA übernommen. Zeugenbefragungen laufen noch“, sagt sie.

Der Einsatz in Binningen habe sich laut LKA-Sprecherin Lisa Schröder bis tief in die Nacht gezogen. Kurzzeitig sei laut ihren Angaben auch über die Alarmierung des Sondereinsatzkommandos (SEK) nachgedacht worden. „Wenn ein Mann auf Menschen mit einer Axt losgeht, wird natürlich abgewogen, ob das SEK angefordert wird.“ Man habe sich allerdings aufgrund der Entwicklung des Einsatzes dagegen entschieden, so Schröder weiter.

War der Mann psychisch krank?

In den sozialen Medien wird über den Vorfall in Binningen indes viel diskutiert. Dabei geht es vor allem um die Frage nach der psychischen Gesundheit des Mannes. Auch dies sei Teil der Ermittlungen, betont Staatsanwältin Nathalie Werth. Ob eine psychische Erkrankung vorliege, lasse sich derzeit allerdings noch nicht eindeutig sagen. Was für die Staatsanwaltschaft feststeht ist, dass sich der 64-Jährige am Mittwochabend in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, als er erst mehrere Jungen anpöbelte und schließlich mit einer Axt auf ein Auto losging, in dem ein Mädchen saß.

Die Heckscheibe des Autos ist komplett zertrümmert.
Die Heckscheibe des Autos ist komplett zertrümmert. | Bild: Güntert, Matthias

Der Mann sei weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Gemeinde Hilzingen aktenkundig gewesen.

Obwohl immer mehr Details zum Polizeieinsatz in Binningen bekannt werden, bleibt ein Teil des Vorfalles nebulös. So soll der Mann, bevor er von der Polizei erschossen wurde und mit einer Axt auf ein Auto losgegangen ist, mit seinem eigenen Wagen versucht haben, mehrere Jungen zu überfahren. Das beschreiben mehrere Augenzeugen dem SÜDKURIER. LKA-Sprecherin Lisa Schröder kann das nicht bestätigen. Auch hier verweist sie darauf, dass die Auswertung der Zeugenaussagen noch laufe. Ausschließen, dass es sich allerdings so zugetragen habe, könne sie nicht.

Täter und Betroffene kannten sich offenbar nicht näher

Die Staatsanwaltschaft geht aktuell davon aus, dass der Täter und die Frau samt ihrer Tochter, die attackiert wurden, nicht in einer engeren Beziehung standen. „Eine Beziehungstat oder Ähnliches können wir nach derzeitigem Stand ausschließen“, schildert Staatsanwältin Nathalie Werth.

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Mann habe schon zuvor zur Axt gegriffen

Als der SÜDKURIER am Donnerstagmorgen vor Ort ist, herrscht eine bedrückte Stimmung. Eine Augenzeugin beschreibt den 64-Jährigen als schwierigen Menschen, der im Ort immer wieder – auch nachts – für Unruhe gesorgt habe. Zuletzt soll er auch Mitarbeiter eines Entsorgungsunternehmens bei der Auslieferung der neuen gelben Tonnen ebenfalls mit einer Axt bedroht haben. „Er hat sich irgendwann radikalisiert“, sagt sie.

Laut ihren Angaben habe der Mann alleine in dem Haus in der Ringstraße gewohnt. Seine Frau habe sich vor mehreren Jahren getrennt. Der 64-jährige habe zuletzt in der Schweiz gearbeitet.

Die Augenzeugin beschreibt auch, dass ein Nachbar Schlimmeres verhindert habe. „Als der Mann mit der Axt auf das Auto eingeschlagen hat, ist er dazwischen gegangen und hat Mutter und Kind wohl gerettet“, beschreibt sie.

Das sagt Bürgermeister Holger Mayer Video: Matthias Güntert

Laut Bürgermeister Holger Mayer, der am Mittwochabend ebenfalls vor Ort war, sei die Aufregung in einem kleinen Ort wie Binningen groß. Er bedankt sich ausdrücklich bei den Einsatzkräften von Polizei, LKA und Feuerwehr, dass so schnell gehandelt wurde. „Einen Tag später kann man sicherlich sagen, dass im Dorf große Betroffenheit und Mitgefühl herrscht“, so Mayer. Die Menschen würden sicherlich noch den ein oder anderen Tag brauchen, um die Ereignisse zu verarbeiten.

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