Es war eine Nachricht, die Hilzingens Bürgermeister Holger Mayer aufatmen ließ: In der Diskussion über die Aufstellung von Containern als Anschlussunterbringung für Flüchtlinge deutet sich eine unerwartete Wende an. Nachdem sich der Ortschaftsrat in Riedheim noch einmal mit der Thematik beschäftigt hatte, liegt dem Hilzinger Rathauschef nun eine Liste mit zwölf Wohnungen, Häusern und Objekten vor, die man für eine Unterbringung nutzen könnte. Damit ist die Diskussion über die Aufstellung von Baukörpern in mobiler Bauweise noch nicht vom Tisch, aber Mayer ist dennoch zufrieden. „Es ist schön, dass wir jetzt Alternativen zu den Container haben, die die Riedheimer als geeigneter erachten“, sagte Mayer im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Jenseits der Hecke am Riedheimer Friedhof, wo jetzt nur Feld ist, könnten Unterkünfte für 20 Flüchtlinge entstehen. Bild: Ingeborg Meier
Jenseits der Hecke am Riedheimer Friedhof, wo jetzt nur Feld ist, könnten Unterkünfte für 20 Flüchtlinge entstehen. Bild: Ingeborg Meier | Bild: Ingeborg Meier

In der kommenden Woche sollen die Alternativen im Gemeinderat vorgestellt werden. Aber es gelte laut dem Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer noch immer der aktuelle Gemeinderatsbeschluss. Der Gemeinderat hat Anfang Oktober entschieden, auf zwei gemeindeeigenen Grundstücken neben der Alpenblickhalle in Schlatt am Randen und neben dem Riedheimer Friedhof Unterkünfte in mobiler und flexibler Bauweise zu schaffen für insgesamt rund 30 Geflüchtete.

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Die Gemeindeverwaltung geht davon aus, dass dies vorwiegend junge Männer sein werden. Der Plan sehe laut Mayer vor, 20 Flüchtlinge in Riedheim und zehn in Schlatt unterzubringen. „Wir fahren derzeit zweigleisig“, so Mayer. Es werden Angebote für die Baukörper in mobiler Bauweise eingeholt und nebenher die Gemeinderat-Alternativen vorbereitet.

Quote verbessert sich steig in Hilzingen

Aktuell sind in Hilzingen 135 Flüchtlinge untergebracht. Die Hälfte der Flüchtlinge lebt in angemietete Objekte und Wohnungen, die andere in gemeindeeigenen Gebäuden. 31 weitere Plätze fehlen der Hegau-Gemeinde noch, dann hätte sie laut Mayer die Vorgaben des Landkreises Konstanz von 166 Plätzen erfüllt. Dass Hilzingen bereits ein Gros der Vorgaben erfüllt habe, mache Mayer stolz. Denn zu seinem Amtseintritt sahen die Zahlen alles andere als rosig aus: Am 1. April lag die Zahl der Fehlbeleger bei 43 Menschen. Am 1. Juli waren es nur noch 31 Plätze, die fehlten. „Trotz aller Bemühungen hat es noch nicht für die Erfüllung der geforderten Quote gereicht“, so Mayer.

In Gailingen ist man entspannt

Die Gemeinde erfüllt derzeit laut Bürgermeister Thomas Auer die Quote zur Aufnahme von Flüchtlingen, die bei 55 Menschen liegt. „Dies gelingt der Gemeinde allerdings nur, da die in der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises in Gailingen untergebrachten Geflüchteten, insgesamt 20 Personen, angerechnet werden“, so Auer. Ohne die Gemeinschaftsunterkunft würde Gailingen die geforderte Quote nicht erfüllen. „Sollte das Landratsamt die Gemeinschaftsunterkunft in Gailingen nicht mehr betreiben, wird die Gemeinde Gailingen diese in eigener Regie als Anschlussunterbringung fortführen.

Es fehlt an geeigneten Objekten

Gleichzeitig wird die Gemeinde auch auf dem freien Wohnungsmarkt nach Unterkünften suchen“, sagt Auer. Er wisse aber: Auf dem freien Wohnungsmarkt sei die Bereitschaft, Wohnraum für die Unterbringung von geflüchteten bereitzustellen, gering – selbst wenn die Gemeinde als Mieter auftritt. „Insbesondere fehlt es allerdings auch an geeigneten Objekten. Zudem ist hier an der Grenze der Immobilienmarkt angespannt“, betont Auer.

Gottmadingen erfüllt Quote

Laut Bürgermeister Michael Klinger leben aktuell 238 Geflüchtete in Gottmadingen. „Davon werden uns 221 Personen auf die Gemeindequote angerechnet, wir haben also derzeit unser Soll (204 Personen) sehr gut erfüllt“, sagt er. In Gottmadingen sei man die Aufgabe zügig angegangen und habe die Wohnraumfrage früh gelöst. „Wichtig war dabei, die Geflüchteten über Gottmadingen und die Ortsteile, so gut es geht, gleichmäßig zu verteilen, um eine bessere Integration möglich zu machen“, so Klinger.

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Inzwischen haben laut Klinger 70 Prozent der in der Gemeinde wohnenden Geflüchteten ein privates Mietverhältnis abgeschlossen. „Das finde ich eine beeindruckende Zahl“, sagt er. Aktuell habe die Gemeinde nur noch ein Haus und eine Wohnung angemietet. Darüber hinaus würden elf Gemeindewohnungen an Flüchtlinge vermietet.

Neubau im Kornblumenweg bringt Entspannung

Ein wichtiger Baustein für Klinger: der Neubau im Kornblumenweg. „Ich bin sicher, dass uns gerade diese Wohnungen langfristig als sozialer Wohnraum dienen können. Wir haben beim Bau alle damals bestehenden Förderprogramme mitgenommen und damit Wohnraum geschaffen, der in der Gemeinde langfristig zur Vermietung zur Verfügung steht“, betont er. Wer Geld in Container investiere, investiere letztlich in temporäre Unterbringung: „Das ist aus meiner Sicht langfristig verlorenes Geld.“

Engen fehlt es an Solidarität

„Wäre die Gemeinschaftsunterkunft Bahnhöfle voll belegt, hätte Engen die Aufnahmequote, wie dies seit Beginn des Flüchtlingszuzugs im Jahr 2015 immer der Fall war, erfüllt“, sagt Bürgermeister Johannes Moser. Aber Engen nimmt eine Sonderposition ein und das ärgert den Engener Schultes: Denn die Hegau-Kommune hat sich zu Beginn der Flüchtlingskrise mit dem Bau der Gemeinschaftsunterkunft am Bahnhof Neuhausen/Welschingen für drei Millionen Euro außerordentlich engagiert. Derzeit will der Landkreis diese aber nur mit 80 Prozent belegen und dies wirkt sich auf die Flüchtlingsquote in Engen aus.

Oder wie Moser es formuliert: Zu Beginn der Flüchtlingskrise habe der Landkreis mit dem Badischen Hof, der Richthofenstraße, dem Pfarrhaus Welschingen und der errichteten Gemeinschaftsunterkunft am Bahnhöfle deutlich mehr Erstunterbringungsplätze ansiedeln können, als Engen von der Einwohnerzahl hätte aufbringen müssen. „Die Besonderheit liegt vor allem daran, dass neben Engen nur die Stadt Stockach dem Landkreis auf eigene Kosten Plätze für die Erstunterbringung des Landkreises geschaffen hat.“

Die kommunale Anschlussunterkunft Richthofenstraße in Engen wird derzeit als Anschlussunterbringung für Flüchtlinge genutzt. Bild: ...
Die kommunale Anschlussunterkunft Richthofenstraße in Engen wird derzeit als Anschlussunterbringung für Flüchtlinge genutzt. Bild: Albert Bittlingmaier | Bild: Bittlingmaier, Albert

Er fühle sich deshalb vom Landkreis ein wenig alleine gelassen. „Vor allem wenn im kaum finanzierbaren Investitionsprogramm 2021 der Kreis auf eigene Kosten Erstunterbringungsobjekte in Konstanz und Radolfzell bauen will“, so Moser. Ihm fehle es an Solidarität der großen Kreisstädte, die die Flüchtlingsunterbringung nicht auf den Kreis abschieben sollten. „Die kleineren Kommunen müssen ihre Plätze für die Anschlussunterbringung selbst stemmen.“

Konzept soll 2021 im Gemeinderat vorgestellt werden

Johannes Moser beschreibt die aktuelle Lage in Engen als solide: Nach der vom Landratsamt aufgestellten Liste der Gemeindequote ist die Situation so, dass insgesamt 203 Geflüchtete aufgenommen werden sollten. In der Statistik sind derzeit 183 Geflüchtete gemeldet. Diese verteilen sich auf die Gemeinschaftsunterkunft am Bahnhof mit 84 Plätzen, (wovon 63 belegt), die kommunale Anschlussunterkunft Richthofenstraße (mit 29 Personen belegt) und dem freien Wohnungsmarkt (90 Geflüchtete). Daraus ergibt sich derzeit laut Moser rein rechnerisch ein Defizit von 21 Plätzen.

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„Wir wollen unserer Verpflichtung nachkommen und im grünen Bereich sein“, so Moser. Hierzu sei man bereits intern in guten Gesprächen und hoffe dem Gemeinderat zu Jahresbeginn 2021 ein Konzept vorlegen zu können. An Containerunterbringung sei derzeit aber nicht gedacht.