Die Idee, jemandem seine Zeit zu schenken und dafür Zeit von jemand anderem zurückzubekommen, ist nicht neu. Denn Tauschgeschäfte sind wohl so alt wie die Menschheit selbst und es gab sie lange, bevor das Geld erfunden wurde. Eine Art Tauschbörse wird es ab sofort auch in der Gemeinde Hohenfels geben: Der Bürgerverein „Hohenfels hat Zukunft“ hat im Rahmen einer offenen Mitgliederversammlung ein modernes Nachbarschafts-Hilfsprojekt vorgestellt: die „Zeitbank plus Hohenfels – Helfen und Hilfe erhalten“.

Bei dem Modell „Zeitbank plus“ handelt es sich um ein bereits erprobtes Konzept der Nachbarschaftshilfe des Vereins „SPES – Zukunftsmodelle für Menschen und Lebensräume“. In Deutschland gibt es bereits mehrere Vereine dieser Art, beispielsweise in Lörrach. Im Landkreis Konstanz wird der Ableger des Konzepts in Hohenfels eine Vorreiterrolle einnehmen. Die „Zeitbank plus“ basiert auf dem Prinzip „Zeit geben, Zeit nehmen“. Laut dem Hohenfelser Bürgermeister Florian Zindeler sei dies eine gute Ergänzung der sozialen Strukturen und der niederschwelligen Unterstützung vor Ort.

Wie die Zeitbank entstanden ist

Zindeler erläuterte zu Beginn der Gründungsveranstaltung den Entstehungsprozess: Der erste Kontakt mit diesem Modell der Nachbarschaftshilfe sei bereits im Bürgerprojekt „Wir! Für mehr Lebensqualität in Hohenfels!“ zustande gekommen. Zindeler sieht die „Zeitbank plus“ als eine tolle Ergänzung zu Familienbünden und der gewachsenen nachbarschaftlichen Verhältnisse, sowie als einen wichtigen Bestandteil der Seniorenkonzeption in der Gemeinde Hohenfels.

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Bürger können bei dem Konzept eigene Talente und Fähigkeiten einbringen. Diese werden dann auf dem Zeitkonto gespeichert. Dies erklärte Thilo Tollkühn, Beisitzer von „Hohenfels hat Zukunft“, den Anwesenden. Das Konzept ist einfach: Benötige man selbst irgendwann Hilfe, könne man seine geleisteten Stunden einlösen und diese Hilfe anfordern. Die Art der Tätigkeit wird nicht bewertet – Stunde ist gleich Stunde.

So könnte die Hilfe aussehen

Fallbeispiele wären beispielsweise das Hundehüten, die Organisation einer Feier oder anderes. Die Anwesenden einigten sich nach kurzer Diskussion darauf, dass sie, im Falle einer Auflösung des Zeitbankkontos, keine Deckelung wünschen und das Risiko des Verfalls von Stunden auf sich nehmen wollen. Es wurde darauf hingewiesen, dass Geben und Nehmen möglichst in einem Gleichgewicht zueinanderstehen sollen, wobei das Nehmen wohl allgemein etwas eingeübt werden müsse.

Beschluss zur Gründung war einstimmig

Mit 25 Personen war die Gründungsversammlung recht gut besucht. Lydia Tollkühn, die gemeinsam mit Arthur Rigger Vorsitzende von „Hohenfels hat Zukunft“ ist, stellte den Anwesenden die formalen Grundzüge sowie die geplanten Beiträge und das EDV-Programm von „Zeitbank plus“ vor. Einstimmig stimmten dann die anwesenden Mitglieder des Bürgervereins für die Gründung des neuen Vereins, sowie für die Höhe der Beiträge und die Ergänzung der Vereinssatzung. Der Mitgliedsbeitrag soll pro Jahr 28 Euro für Einzelpersonen und 38 Euro für eine Familie betragen. Jedes neue Mitglied erhält eine Gutschrift von fünf Stunden bei der Zeitbank.

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Arthur Rigger fasste am Ende der Veranstaltung zusammen: „Wir haben heute den Grundstein für mehr Lebensqualität durch gegenseitige Unterstützung gelegt. Es kommt dabei aber auf jeden Einzelnen an, wie es angenommen und gelebt wird.“ Die Zeitbank plus Hohenfels soll ab 1. März den Betrieb aufnehmen. Allerdings soll am 27. Februar, also kurz vor dem Start der Zeitbank, ein lockeres Kennenlernen der Teilnehmer stattfinden, nachdem es bei der Gründungsversammlung etwas trocken und bürokratisch um das Organisatorische gegangen sei, teilte Lydia Tollkühn dem SÜDKURIER im Nachgang mit.

Interessierte können mitmachen

Der Verein freue sich über jede interessierte Person und jeden neuen Mitgliedsantrag. Lydia Tollkühn sagte: „Je größer ein Netzwerk, desto mehr unentdeckte Potenziale. Man lernt Leute kennen und man bekommt Hilfe. Einige haben sich bereits angemeldet, viele haben Interesse bekundet.“

Laut Lydia Tollkühn sei die Entwicklung der heutigen Zeit, dass viele Menschen, besonders ältere, alleine lebten und niemanden kennen würden. Viele täten sich auch schwer, nach fremder Hilfe zu fragen oder diese anzunehmen. Für diese Menschen, aber auch für andere, sei diese Form der Nachbarschaftshilfe etwas wirklich Sinnvolles.