Herr Zindeler, vergangenes Jahr haben Sie wegen der Störche in Hohenfels bundesweit Aufmerksamkeit bekommen. Seither ist bei dem Thema viel passiert. Wie sehr beschäftigt Sie die Storchenthematik heute noch?
Hintergrund war eine spürbare Verunsicherung im Ortsteil Mindersdorf, etwa bei den Fragen, wie stark entwickelt sich die Storchenpopulation noch und was darf man als Privatperson tun. Mein Schreiben wurde verfasst, als sich damals über 100 Störche auf einem Feld zum Abflug versammelt haben. In der Wahrnehmung meiner Aufgabe als Bürgermeister war es richtig, das Thema an das Umweltministerium zu adressieren und zu signalisieren, dass es Potenzial in Bezug auf Aufklärung und Hilfestellung seitens des Landes gibt.
Nachdem keine Reaktion kam, habe ich eine Bürgerinformationsveranstaltung mit Ute Reinhard, einer Storchenexpertin, organisiert. Das Format war gut, weil die kritischen Punkte diskutiert werden konnten. Der Gemeinderat hat mich abschließend darum gebeten, einen zweiten Brief zu formulieren, um dem zuständigen Ministerium unsere Erkenntnisse und Einschätzungen mitzuteilen. Mit dem Versand war meine Aufgabe erfüllt.
In der Gemeinde passiert gerade viel in Sachen Wohnungsbau. Wie sehr bremst Sie dabei die Bürokratie aus?
Die Bürokratie bremst uns bei den Planverfahren kaum aus. Unser Wohnentwicklungskonzept wurde über Jahre hinweg erarbeitet und so ein intensiver Prozess benötigt Zeit. Das größte Vorhaben, unser Baugebiet „Röschberg Süd“ in Liggersdorf, wurde bereits 2019 eingeleitet. Nachdem das Ziel definiert war, ging es schnell. In jeweils unter einem Jahr haben wir die komplette Erschließungsplanung und die erforderlichen Baumaßnahmen abgeschlossen. Für unsere kleine Verwaltung sind 64 Bauplätze und ein Volumen von mehr als 8 Millionen Euro ein enormes Projekt. Das Resultat ist eine Teamleistung.
Wie viele Grundstücke sind im „Röschberg Süd“ aktuell noch nicht verkauft?
Wir unterscheiden zwischen Flächen für private Wohnformen, zum Beispiel Einfamilienhäuser, und Grundstücken für Investoren und Bauträger. Zu Letzteren zählt auch das inklusive Projekt der Lautenbacher Gemeinschaften. Der Vertrag ist geschlossen und ein Bauantrag eingereicht. Insgesamt befinden wir uns bei der Hälfte der zehn Bauträgergrundstücke in aussichtsreichen Gesprächen.
Seit 2019 haben sich Rahmenbedingungen verändert, daher erfordert es gezielte Anpassungen im Bebauungsplan, um den Wohnungsbau zu unterstützen. Von den klassischen Baugrundstücken sind bereits 14 veräußert, daher stehen noch 40 zur Verfügung. Mit dieser Quote sind wir durchaus zufrieden und sie passt zu unserem mehrjährigen Verkaufsziel.
Viele Kommunen hoffen, mit Projekten wie Seniorenwohnen Wohnraum freizuschaufeln, oft gelingt das aber nicht. Glauben Sie, dass das bei Ihnen anders ist?
Unser Neubaugebiet in Liggersdorf überzeugt durch Attraktivität: Es liegt zentral, nur wenige Meter vom Ortskern entfernt und dennoch am Ortsrand mit südlicher Ausrichtung. Einerseits ist man mitten im Dorfgeschehen und andererseits auch gleich im Grünen, im Kalkofener Wald. Wir können den Erfolg nicht garantieren, aber dieses Gesamtpaket lädt zum Nachdenken ein. Ein Umzug in eine barrierefreie Wohnung ohne Verlust des gewohnten sozialen Umfelds ist eine verlockende Alternative. Bislang haben wir keine vergleichbare Lösung, daher müssen wir dieses Angebot schaffen und der Rest kommt von alleine.
Die Gemeinde hat ein Entwicklungskonzept erstellt, in dem jede Menge Vorhaben vorgestellt werden, die bis 2040 umgesetzt werden sollen. Das ist mit großen Kosten verbunden. Müssen sie in Zeiten von Inflation und steigenden Kosten bereits Abstriche machen?
Unser Gemeindeentwicklungskonzept „Hohenfels 2040“ erlaubt uns einen Blick in die Zukunft. Das prognostizierte Bevölkerungswachstum hat Auswirkungen auf kommunale Einrichtungen aufgezeigt und daraus wurden Meilensteine abgeleitet. Die genannten Vorhaben, zum Beispiel eine Mehrzweckhalle oder die Kindergarten- und Schulentwicklung, werden finanzielle Mittel beanspruchen.
Ungeachtet der künftigen Entwicklung stehen wir bereits an einem Punkt, an dem so oder so Investitionen erforderlich sind, um zusätzliche Kapazitäten und eine moderne Infrastruktur zu schaffen. Das Entwicklungskonzept hat es uns ermöglicht, in ein Programm der Städtebauförderung sowie an Fördermittel zu gelangen. Die Realisierung gehen wir nun Stück für Stück an, dadurch verteilt sich die Last. Und ja, Projekte mit geringerer Priorität müssen in dieser Zeit zurückgestellt werden.
Hohenfels ist sehr ländlich geprägt. Ergeben sich daraus besondere Herausforderungen?
Weniger durch unsere ländliche Struktur, mehr durch unsere Situation als Flächengemeinde. Dadurch müssen wir eine größere Infrastruktur unterhalten, beispielsweise bei Straßen und Leitungen. Gerne würden wir unsere wunderschönen Ortsteile mit Radwegen verbinden, aber im Außenbereich ist überwiegend der Landkreis Konstanz zuständig und etliche Grundstücke sind betroffen. In diesem Fall benötigen wir Durchhaltevermögen.
Welche Themen abseits vom Wohnen werden für die Gemeinde künftig wichtig sein?
Wir sind eine aktive Verwaltung und in den vergangenen Jahren wurde einiges getan. Dabei möchte ich den flächendeckenden Ausbau von schnellem Internet nennen. Unsere Aufgaben werden tendenziell immer mehr und Gewerbeflächenentwicklung, Erneuerbare Energien oder Hochwasser- und Klimaschutz könnten Themen sein. Limitierende Faktoren sind unsere personellen und finanziellen Ressourcen.
Was schätzen Sie persönlich am meisten an Ihrer Gemeinde?
Neben meinem Team sind es alle unsere Hohenfelserinnen und Hohenfelser. Das menschliche Miteinander, die funktionierende Gemeinschaft mit intaktem Vereinsleben und das besondere Lebensgefühl sind allein ihr Verdienst.