Immer wieder kommen Leute an dem eher unauffälligen Haus im Konstanzer Industriegebiet vorbei. Sie bleiben stehen, schauen auf ein paar Blumen und Kerzen, die Markierungen der Spurensicherung fallen ihnen meist gar nicht auf. Hier, vor einer Shisha-Bar, war am Samstagmorgen ihr Freund, Landsmann, Verwandter niedergestochen worden. 19 Jahre alt war er, kam aus dem Kanton Schaffhausen, die Trauernden am Tag danach weisen darauf hin, dass er einem weit verzweigen und gut vernetzten Verband von Menschen angehörte, die aus dem Kosovo einst in die Schweiz gekommen waren. Sony S., wir werden dich nicht vergessen, heißt es auch in den sozialen Netzwerken. Und das klingt nicht nur nach Trost, sondern auch nach Drohung.
Sony S. starb in den frühen Morgenstunden des Samstags im Krankenhaus, die Ärzte konnten ihn nicht mehr retten. Augenzeugen bestätigen, was auch die in der Sache sonst eher wortkarge Polizei mitteilt. In der Bar war es zum Streit gekommen. Er wurde handfest, ging auf der Straße weiter.
Dort bekam der 19-Jährige nach allem, was man weiß, ein Messer in den Körper gerammt. Er blutete stark, konnte sich noch in die Bar zurückretten, wurde wiederbelebt, starb aber wenig später. Zunächst mit 40, dann sogar mit 50 Beamten ermittelt die Kriminalpolizeidirektion Friedrichshafen nach dem Tötungsdelikt, wie es offiziell eingestuft wird. Die wichtigste Frage lautet: Wer war bei der aggressiven Gruppe dabei?
Bereits am Samstagabend ist von zwei Festnahmen die Rede, am Sonntag geben das Polizeipräsidium Konstanz und Staatsanwaltschaft Konstanz dann bekannt: Vier Tatverdächtige sind ermittelt und vorläufig festgenommen. Doch eine Frage bleibt bis zum Abend ungeklärt: Wer hat genau welchen Anteil an der Tat? Und ist der Haupttäter dingfest gemacht?
Markus Sauter, Sprecher des Konstanzer Polizeipräsidiums, verweist auf laufende Ermittlungen. Nur so viel lässt er durchblicken: Die Öffentlichkeit muss sich wohl keine Sorge mehr machen, dass im Raum Konstanz ein Messerstecher frei herumläuft.
Wer die Tatverdächtigen sind, dazu sagen Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst gar nichts. Alter, Wohnort, Herkunft: Alles bleibt geheim. Die Festnahmen seien im Landkreis Konstanz erfolgt, und teils seien Spezialkräfte beteiligt gewesen, mehr teilen die Ermittler nicht mit. Schnell wird in den sozialen Netzwerken geargwöhnt, es sollten unliebsame Fakten unterdrückt werden.
Dem tritt Polizeisprecher Sauter vehement entgegen: So lange nicht detailliert geklärt sei, wem was genau zur Last gelegt wird, verböten sich alle Hinweise auf die festgenommenen Personen. Dass die Ermittlungsarbeit zu diesen Fragen offenbar aufwendig ist, zeigt sich auch an einem wesentlichen Detail: Haftbefehle gegen die Verdächtigen sind auch nach Stunden nicht erwirkt, wie Sauter bestätigt.
Der Grund für die tödliche Auseinandersetzung ist nicht geklärt. Augenzeugen und andere Quellen sagten einhellig, bei dem Streit sei es um eine Frau gegangen. Das habe der rivalisierenden Gruppe nicht gefallen. Sie stellte Sony S. zur Rede und forderte ihn auf, das zu tun, was in solchen Kreisen als Unterwerfungsritual bekannt ist. Gesten, die zeigen, dass er die Botschaft verstanden hat. Sony S. soll dem nachgekommen sein, aber der Streit war nicht zu Ende. Die Polizei bestätigte diese Darstellung des Hergangs nicht.
Die bunt gemischte, vermutlich erst bei dem Streit in der Bar entstandene Gruppe, so sagen Augenzeugen, habe den 19-Jährigen immer weiter bedrängt. Und dann kommt es zum Äußersten. Die Blutspuren am Tatort künden noch am Tag danach von einer Auseinandersetzung auf großem Raum. Einer, der es aus nächster Nähe miterlebt hat, berichtet glaubhaft von Stichen direkt in den Brustkorb und in die Halsschlagader des 19-Jährigen. Bis weit in den Samstagnachmittag hinein sind die Kriminaltechniker damit beschäftigt, am Tatort nach Hinweisen zu suchen.
Die Arbeit mit vielen Spuren und die Fahndung nach einer größeren Anzahl von Personen ist laut Polizei dann auch der Grund, warum gesicherte Informationen so spärlich an die Öffentlichkeit dringen und das Thema weitgehend den Spekulationen in sozialen Netzwerken überlassen bleibt. Jede neue Spur müsse ausgewertet und dann von einem Ermittlerteam verfolgt werden. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft in der Schweiz. Ein Ergebnis der Obduktion des Leichnams werde für Montag erwartet, sagt Polizei-Sprecher Markus Sauter. Es ist nicht die einzige Frage, auf die viele eine Klärung erwarten.
Der Trend zu Shisha-Bars und der Tatort von Konstanz
Was ist überhaupt eine Shisha? Oder eine Shisha-Bar? Woher kommt der Trend? Und was weiß man über das "Pasha of Dubai", vor dem der 19-Jährige in Konstanz starb?
- Eine Shisha ist eine Wasserpfeife, die ihren Urpsrung in der arabischen Welt hat. Geraucht wird in der Regel Tabak mit Fruchtaroma. Der Rauch wird mit dem Mundstück durch einen Schlauch durch ein mit Wasser gefülltes Gefäß gezogen. Der Rauch wird so gekühlt und Schwebstoffe sowie wasserlösliche Bestandteile werden zum Teil herausgefiltert. Ein Abend in einer Shisha-Bar kann in den Lungen bis zu 25 Mal so viel Teer hinterlassen, wie beim Rauchen einer normalen Zigarette. Beim Nikotingehalt übertrifft die Wasserpfeife die Zigarette um das Zweieinhalbfache, die Menge an eingeatmetem Kohlenmonoxid liegt zehnmal so hoch, so Gesundheitswissenschaftler Brian Primack.
- In der arabischen Welt wird das Shisha-Rauchen traditionell zelebriert. Wenn sich Freunde und Familien treffen, wird die Shisha ausgepackt. Die Räume, in denen Wasserprfeife geraucht wird, sind gerne mit Liegen, Matratzen, Kissen, Teppichen oder Couches eingerichtet, auf denen liegend die Shisha geraucht wird. Dabei wird der Schlauch durchgereicht, nur das Mundstück von Raucher zu Raucher ausgewechselt.
- In deutschen Städten finden sich inzwischen immer mehr solcher Shisha-Bars, allein in Konstanz gibt es mindestens vier solche Bars.
- Das "Pasha of Dubai" in der Fritz-Arnold-Straße am westlichen Konstanzer Stadteingang und nahe der B 33 und dem Flugplatz gelegen, wirbt mit Musik und arabisch anmutendem Ambiente. Bereits am Tag der tödlichen Messerattacke öffnete es abends wieder. Wie bei vielen Clubs, stehen die Angebote im Fokus der Aufsichtsbehörden. Auf ihrer Facebook-Seite wirbt die Bar in aller Öffentlichkeit unter anderem damit: „Ladys bekommen wie jeden Freitag Shots aufs Haus natürlich wie immer ab 23 Uhr“. Sprich: Frauen erhalten ab 23 Uhr hochprozentige Getränke umsonst. (aks)