Am See wird ein Stück Zaun stehen. Mit diesem erinnert der Deutsche Gewerkschaftsbund am 1. Mai an das Husarenstück des ehemaligen Gewerkschaftssekretärs und SPD-Stadtrats Erwin Reisacher. Im Anschluss an eine Maifeier im Jahr 1975 forderte er zum Spaziergang für einen freien Seezugang auf.
Er kletterte über Zäune der privaten Grundstücke am Seeufer und kassierte dafür eine Geldstrafe wegen Hausfriedensbruchs. Doch der Same war gesät. Im Herbst 1975 ließ die Stadt vor der Villa Scholz das Ufer aufschütten, 1983 wurde der heutige Seeuferweg vor den Anwesen gelegt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund erinnert bei seiner Maifeier daran und an den Tod des Hitler-Attentäters Georg Elser vor 80 Jahren. Nach fünf Jahren Haft wurde dieser im Konzentrationslager Dachau durch Genickschuss hingerichtet. Ein Experte erinnert an das Schicksal des Widerstandskämpfers bei der Konstanzer Feier zum 1. Mai.
Das ist am 1. Mai in Konstanz geplant
Diese fällt dieses Mal besonders groß aus, denn Gäste aus dem Thurgau kommen hinzu. Um 10 Uhr treffen sie sich am Kreuzlinger Zoll (Fußgänger/Radfahrer-Zoll). Der Protestzug bewegt sich in Richtung Marktstätte, wo es erste Reden gibt, und dann an den See im Stadtgarten. An der Konzertmuschel ist die Schlusskundgebung. Ab 13 Uhr folgt das Kulturfest für Demokratie und Menschenrechte des Bündnisses Konstanz für Demokratie.
Ihre Vertreter Katrin Brüggemann und Elke Cybulla sagen, es sei kein Zufall, dass man sich der Feier zum 1. Mai anschließe. Denn Gewerkschafter kämpften auch gegen Rechtsradikalismus und sensibilisierten für Demokratie. In einer Lage, in der rechte Parteien immer mehr Zulauf bekommen, sagt Cybulla: „Jetzt braucht es die Zivilgesellschaft, die aufsteht“. Katrin Brüggemann ist froh, dass dies in Konstanz schon geschehen ist.
Menschengerechte und gute Arbeitsbedingungen seien die besten Mittel gegen Radikalismus, so Gewerkschaftssekretär Hans-Peter Menger. In Zeiten des Umbruchs und der Angst sei soziale Sicherheit besonders wichtig. Lobbyisten, die daran die Axt legen wollten, sei eine Absage zu erteilen.
Auch die Abschaffung des Acht-Stunden-Tags, den die künftige Regierung diskutiert, sei falsch. Er gibt zu bedenken: „Wir haben Arbeitsschutzgesetze.“ Diese sehen maximal zehn Stunden Arbeit am Tag vor. Es sei auch falsch, das Rentenniveau zu senken.
Die Vorsitzende des Ortsverbands der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi, Ursula Hanser, stellt fest: „Das produziert nur Menschen, die nicht mehr genügend zum Leben haben im Alter.“ Beide sind überzeugt, je mehr Arbeitsgeber- und Lobbyverbände die Backen aufblasen, desto mehr befeure dies die Arbeit der Gewerkschaften.
Das Motto des 1. Mai in diesem Jahr lautet: „Mach Dich stark mit uns.“ Hans-Peter Menger sagt: Nur mit Gewerkschaften sei es möglich, Arbeitswelt besser zu gestalten, „das haben die Leute begriffen.“