Es wird das größte Wohnbaugebiet in Konstanz und soll ein Befreiungsschlag im angespannten Konstanzer Wohnungsmarkt sein: Auf dem Hafner im Nord-Westen der Stadt liegen viele Hoffnungen. Bislang gab es etliche Ideen, aber keine konkreten Entwürfe, wie es dort einmal aussehen könnte, wo jetzt überwiegend Ackerfläche ist. Doch der Sieger eines Planungswettbewerbs ist gekürt, damit nimmt der Hafner als Baugebiet Konturen an. Rund 200 Bürger haben sich das Ergebnis bei einer Veranstaltung angesehen.

Eine etwa 50-köpfige Jury, in der unter anderem der Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn, Vertreter der Fraktionen oder auch des Stadtseniorenrats saßen, hatte sich aus fünf Einsenden für einen Entwurf entschieden: "Er hat konsequent umgesetzt, was sich auch viele Bürger in den Bürgerveranstaltungen gewünscht haben", erklärte der Baubürgermeister.
Entworfen hat ihn das Architekturbüro KCAP aus Rotterdam, das von Kees Christiaanse geleitet wird. Der Niederländer ist kein Unbekannter in der Architektur-Szene. Er hat die Hafencity in Hamburg entworfen oder die Europaallee in Zürich, leitet das Büro in Rotterdam, Shanghai und Zürich und ist Professor an der ETH in Zürich. Nun könnte er auch in Konstanz seine Spuren hinterlassen, in Zusammenarbeit mit den Überlinger Landschaftsarchitekten der Firma Ramboll Studio Dreiseitl.
Das haben sich die Planer überlegt
Es sind 2700 Wohneinheiten geplant: Ziel sei auch weiterhin ein Baubeginn im Jahr 2025, so Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER. Dann könnten in verschiedenen Bauabschnitten die 2700 Wohnungen entstehen. Der Entwurf sieht unterschiedliche Wohnformen vor, vom Reihen – bis zum Mehrfamilienhaus. Einfamilienhäuser oder Hochhäuser sind nicht vorgesehen, es soll maximal fünf Geschosse geben, im Durchschnitt drei bis vier Geschosse.
Das Quartier ist mit viel Grün durchzogen: Der Hügel des Hafners bliebe vorerst unbebaut, um ihn herum reihte sich die Bebauung ringförmig an. Die Architekten haben sozusagen einen "Hafner-Ring" kreiert. Jenseits des Hügels geht dieser Ring in ein grünes Band über. Dort könnten den künftigen Bewohnern Frei- und Spielflächen zur Verfügung stehen. Diese sollen die Bürger, so haben sich die Planer überlegt, später einmal selbst nach ihren Wünschen gestalten. Rund um das grüne Band sind im Entwurf soziale Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und ein Pflegeheim vorgesehen. Fahrradweg und öffentlicher Nahverkehr ergänzen die grüne Lunge des neuen Stadtviertels. Wichtig war den Architekten von KCAP, ein behutsamer Umgang mit der Natur: Feuchtwiesen sollen erhalten bleiben, ebenso Bachläufe. In der Mitte soll ein Zentrum sein, ähnlich einem Quartierstreff.
Das Quartier soll weitgehend autofrei werden: Den klassischen Stellplatz vor dem Haus sieht der Entwurf nicht vor. Zwar könne man mit dem Auto vor dem Haus halten – etwa für Einkäufe oder um für den Urlaub zu packen –, aber der Parkplatz für die Bewohner befindet sich in einer Parkgarage, maximal 250 Meter vom Wohnort entfernt. Parkende Autos sollen den Straßenraum nicht dominieren. Hochparkhäuser mit Carsharing-Optionen, Fahrradmietsysteme, unterirdische Quartiersgaragen und Mobilitätsstationen ergänzen das Konzept. "Ein urbanes Dorf" nennt Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn, was am Hafner entstehen könnte.
Auch das Gewerbe erhält Platz: Von Anfang war vorgesehen, dass es am Hafner auch Gewerbeeinheiten geben soll. Nach den Vorstellungen von KCAP soll es mit kurzen Wegen an die Landesstraße 221 angesiedelt werden und die Wohngebäude vom Verkehrslärm abschirmen. Die Entwürfe sehen eine strikte Trennung von Wohnen und Gewerbe vor.
Auch Kritikpunkte hat es gegeben: Siegerentwurf bedeutet nicht, dass alle Ideen der niederländischen Architekten die Jury überzeugt haben. Wie bei solchen Wettbewerben üblich, gibt es Verbesserungswünsche. So haben die Juroren die Reihenhausbebauung am Fuß des Hafners kritisch gesehen, zudem solle auch die Lage des Quartierstreffs sowie die Größe des nördlich angrenzenden Grünareals überprüft werden. Zudem solle die städtebauliche Struktur dichter werden. Die Stadtvillen im Westen des Gebietes angrenzend an das Gewerbegebiet seien so nicht möglich und sinnvoll, haben die Juroren im Bewertungsprotokoll festgehalten. Insgesamt zeige der Entwurf aber wichtige und wesentliche Perspektiven für eine Stadt der Zukunft auf. Die Aufwertung des Öffentlichen Raums zu einem "sozialen“ Band, das Alt-Wollmatingen und den neuen Teil natürlich verbinde und doch neu interpretiere, stelle ein tragfähiges, robustes, offenes und auch anregendes Konzept dar, heißt es weiter.
Wie es weitergehen soll: Bis zur Sommerpause im kommenden Jahr will die Konstanzer Stadtverwaltung aus dem vorliegenden Entwurf des Büros KCAP einen detaillierten und abschließenden Rahmenplan erarbeiten. Dieser soll Grundlage für eine zweite Runde der Gespräche mit Grundstückseigentümern am Hafner sein. Denn die Stadtverwaltung verhandelt mit diesen und will sie für die Teilnahme an dieser städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme gewinnen. Anfang 2020 soll der Gemeinderat einen Entschluss für die Entwicklung des Gebiets fassen, dem ein Bebauungsplan folgen soll. 2025 soll es dann soweit sein: Erschließung des Hafners.
Das sagen Bürger zum Entwurf



