Sven Frommhold und Sandra Beil

Er hatte einen Junggesellenabschied mit seinen Ringer-Kumpels vom KSV Wollmatingen und anderen Freunden im Tivoli-Center im Konstanzer Industriegebiet ausklingen lassen und freute sich schon auf sein Bett, doch auf dem Heimweg sollte der Abend ein schreckliches Ende für ihn nehmen.

Der 33-jährige Marco Boxler ist in der Nacht zum Sonntag, 23. Oktober, in der Nähe der Diskothek Grey Opfer dreier bislang unbekannter Schläger geworden. Und das nur, weil er Zivilcourage gezeigt hatte. Am Montag schilderte er dem SÜDKURIER am Telefon das Erlebte. Wie brutal die Täter vorgingen, zeigen die Aufnahmen seiner Verletzungen, die Boxler uns zur Verfügung stellte. Der junge Mann erlitt zahlreiche Frakturen im Gesicht.

Marco Boxler in der Notaufnahme.
Marco Boxler in der Notaufnahme. | Bild: Mona Milite

Zufällig auf dem Heimweg vorbeigekommen

Wie das Polizeipräsidium Konstanz in seinem Pressebericht schreibt, hatten die Täter im Bereich der Einfahrt zur Firma Unisto an der Max-Stromeyer-Straße zunächst auf einen anderen Mann eingeprügelt. Boxler kam gegen 4 Uhr zufällig dort entlang und wollte dem Opfer und dessen hilfloser Freundin beistehen. Er forderte die Männer auf, von dem Mann abzulassen – und zwar eher zurückhaltend und vorsichtig, wie er dem SÜDKURIER sagte.

Zunächst habe er lediglich die Polizei rufen wollen – „ich hatte das Handy schon in der Hand“ –, doch da die Angreifer auf den Kopf des am Boden Liegenden regelrecht eingestampft hätten und er um dessen Leben fürchtete, sei er selbst aktiv geworden. „Ich habe versucht, ruhig auf sie einzureden.“ Der habe doch genug, habe er zu den Schlägern gesagt, sie könnten ihn doch jetzt in Ruhe lassen.

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Dann habe sich die Freundin des Opfers schützend über dessen Kopf geschmissen – und die Schläger wandten sich Marco Boxler zu. Was er denn bitteschön von ihnen wolle!

Von den nächsten Minuten bekam der Wollmatinger gar nicht so viel mit. Er weiß noch, dass ihm ein Knie ins Gesicht gerammt wurde, dass sie von der Seite auf ihn einprügelten und er sich irgendwie zu wehren versuchte – „aber ich bin eben Ringer und kein Boxer.“ Dass ihn ein Autoscheinwerfer blendete und er plötzlich allein auf dem Boden lag. Dass auf einmal alle weg waren, auch das erste Opfer und die Frau. Irgendwie schleppte er sich nach Hause. Seine entsetzte Freundin fuhr ihn in die Notaufnahme.

Nächste OP statt erster Arbeitstag

Der Softwareentwickler sollte am Montag seinen ersten Arbeitstag nach der Wiedereingliederung infolge einer Bandscheiben-OP absolvieren. Stattdessen steht für Dienstag nun eine weitere Operation für ihn an. „Mein Kiefer und das Jochbein rechts sind gebrochen, die Nase mehrfach. Zum Glück können die Ärzte das wegen der glatten Brüche wohl alles in einem Rutsch machen – auch wenn die Nase erstmal nur soweit begradigt wird, dass sie funktioniert.“

Am Montag war Boxler noch einmal beim Arzt: Am Knie hat er ebenfalls Verletzungen, die er zunächst gar nicht bemerkt hatte.

So sah Marco Boxler am Montag aus. Am Dienstag wird er operiert.
So sah Marco Boxler am Montag aus. Am Dienstag wird er operiert. | Bild: Marco Boxler

Sein Bruder Timo setzte schon kurz nach dem Überfall einen Zeugenaufruf im sozialen Netzwerk Facebook ab. Unter anderem, um das ursprüngliche Opfer zu finden. Denn der Mann, über den die Täter zuerst herfielen, war mitsamt Freundin geflüchtet, als sich die Angreifer seinem Retter zuwandten.

Mittlerweile hat sich die Mutter dieses Mannes bei ihnen gemeldet. „Er wohnt in Singen“, sagt Marco Boxler – dort sei er am nächsten Tag ebenfalls ins Krankenhaus gegangen. Und er kenne die Schläger offenbar. Zumindest entfernt. Die Auseinandersetzung zwischen den Vieren habe bereits in der Diskothek Grey begonnen, ehe es draußen zu dem Gewaltausbruch kam.

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Für den entscheidenden Tipp, der zur Ergreifung eines oder mehrerer Täter führt, hat Boxlers Bruder eine private Belohnung ausgesetzt. Die Polizei veröffentlichte am Montag Personenbeschreibungen der Schläger, machte aber auch auf Nachfragen keine über die Pressemitteilung hinaus gehenden Angaben zu dem Fall.

Alle drei sollen dunklere Haut, dunkle Augen, schwarze Haare und Sieben-Tage-Bärte haben. Einer ist etwa 1,80 Meter groß und korpulent und hat eine Undercut-Frisur, also im unteren Bereich ausrasierte Haare. Er trug einen dunklen Rollkragenpullover. Die anderen beiden waren etwas kleiner und von dünner Statur, bei den Frisuren ähnelten sie dem ersten Mann.

Polizei hofft auf Zeugenhinweise

Personen, die die Auseinandersetzung auf Höhe der Firma Unisto mitbekommen oder sonst Hinweise auf die Täter haben, können sich beim Polizeirevier Konstanz unter der Telefonnummer (07531) 995-0 melden.

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