Konstanz: Aldi darf keinen bezahlbaren Wohnraum am Oberlohn schaffen – weil die Stadt dagegen ist

Aldi darf keinen bezahlbaren Wohnraum am Oberlohn schaffen – weil die Stadt dagegen ist

Die Supermarkt-Kette hat Huckepack-Pläne für eine Filiale: Auf dem Dach eines Neubaus soll Raum für bezahlbares Wohnen entstehen. Doch ein städtisches Entwicklungskonzept spricht dagegen – und an diesem Konzept will die Stadt auch festhalten.

13. Februar 2019, 06:20 Uhr

Claudia Rindt

Ein Discounter hat ein ungewöhnliches Ziel: Aldi möchte an seiner Filiale an der Oberlohnstraße schaffen, was in Konstanz so rar ist: bezahlbaren Wohnraum. Doch die Bauplanung der Stadt und auch das Einzelhandelskonzept stehen dem entgegen.

Was genau hat Aldi vor? Aldi würde gern ein Geschäft machen, von dem alle Seiten profitieren könnten. Das sagt Daniel Burkhard, Leiter der Filialentwicklung bei Aldi Süd. Den 22 Jahre alten Supermarkt an der Oberlohnstraße in Konstanz nennt er "renovierungsbedürftig". Gemessen an den 50.000 Kunden im Monat müsste er viel breitere Verkehrswege haben.

Daniel Burkhardt, Leiter der Filialentwicklung bei Aldi Süd.

Diese möchte Aldi gern schaffen und erwägt deshalb einen Abriss und Wiederaufbau, erweitert um 100 bis 150 Quadratmeter sowie mit neuen Obergeschossen – mit bezahlbarem Raum fürs Wohnen und bei Bedarf auch fürs Arbeiten.

"Wir wären bereit, kreativ zu sein und Geld in die Hand zu nehmen", sagt Burkhard. Im Donaueschinger Stadtteil Aasen hat Aldi ein ähnliches Projekt realisiert. Bis zu 30 neue Wohnungen im bezahlbaren Bereich könnten in Konstanz entstehen, je nachdem wie hoch ein Neubau genehmigt würde. Wo ist der Haken? Die Filiale liegt im Gewerbegebiet, das Wohnbebauung ausschließt. Und das soll nach aktuellen Konzepten für die Entwicklung des Einzelhandels und des Gewerbes auch so bleiben.

"Die Pläne von Aldi entsprechen nicht den vom Gemeinderat beschlossenen Zielen der Stadtentwicklung an dieser Stelle", schreibt Stadtsprecher Walter Rügert auf Anfrage. Als innovativ würde es die Stadt betrachten, wenn Aldi zur Sicherung des Standorts an der Oberlohnstraße auf den großen Parkplatz verzichten würde und für die Autos der Kunden Parkdecks baue. Andere Supermärkte in der Stadt, wie an der Reichenaustraße, hätten das vorgemacht. Auf dem Dach des dortigen Edeka allerdings wohnen auch zahlreiche Menschen.

Die Wohnnutzung am Standort am Oberlohn sei ausgeschlossen, auch um Konflikten mit umliegenden Gewerbebetrieben vorzubeugen, so die Stadt. Ein Wohnen auf Zeit gibt es dagegen in der unmittelbaren Nachbarschaft von Aldi: Dort steht ein Hotel. Wie sieht das Konzept der Stadt aus? Dauerhaftes Wohnen in der Oberlohnstraße widerspreche den beschlossenen Strategien zur Entwicklung der Einzelhandelsstandorte. Da unterscheidet die Stadt zwischen integrierten Lagen, die in Zusammenhang mit Wohnbebauung stehen, und nicht integrierten Lagen, bei denen das nicht der Fall ist. Nur die integrierten Lagen sollen zentrale Versorgungsfunktionen haben.

"Einzelhandelsnutzungen, insbesondere solche mit Nahversorgungsfunktion, sollen bevorzugt in den Stadtteilzentren angesiedelt werden", schreibt Walter Rügert. Die ausgewiesenen Gewerbegebiete dagegen sollen gestärkt werden für die gewerbliche Nutzung, die möglichst in die Höhe gehen soll. Denn in Konstanz sind alle Flächen knapp – auch die für Gewerbetreibende.

Doch wie soll eine Beschränkung der Einzelhandelsflächen auf die zentralen Versorgungsbereiche mit umgebender Bebauung funktionieren, in einer wachsenden Stadt ohne nennenswerte Freiflächen?

"Das Einzelhandelskonzept zielt darauf ab, dass das Stadtteilzentrum Petershausen-West, Reichenau-, Schneckenburgstraße als zentraler Versorgungsbereich in Richtung Brückenkopf Nord erweitert werden sollte", heißt es von Stadtsprecher Ulrich Hilser auf Anfragen.

Die Oberlohnstraße liegt nicht weit entfernt davon.

Wo in Konstanz käme Huckepack-Bauen überhaupt in Frage?

Die Stadtverwaltung hat kürzlich die Dächer von Supermärkten als Flächen für den Bau neuer Wohnungen ins Visier genommen. Sie hat geprüft, welche Märkte von der Lage und Bauweise geeignet wären, Wohnungen Huckepack zu nehmen. 34 Objekte mit mehr als 250 Quadratmetern Verkaufsfläche wurden unter die Lupe genommen. Nur eine Handvoll kommt nach Einschätzung der Experten tatsächlich für eine Aufstockung infrage. Bei vielen Objekten spreche die Statik dagegen, hier komme nur der Abriss und Neubau infrage, in einigen Fällen sieht der Bebauungsplan keine Wohnungen vor. Bei einigen Supermärkten gebe es nach Einschätzung der Stadt die Möglichkeit zum Ausbau, aber kein Interesse der Marktbetreiber.

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