Beim Reichenauer Narrentreffen kürzlich sei laut Polizei "eine nicht unerhebliche Anzahl an Personen" wegen einer Alkoholvergiftung behandelt worden. Ein Jugendlicher mit einem Alkoholwert von mehr als zwei Promille wurde erst in Gewahrsam genommen und später seinen Erziehungsberechtigten übergeben.

Die Stadt Konstanz, der Präventionsrat, ehrenamtliche Helfer und die Polizei tun ihr Möglichstes, um kritische Situationen mit Jugendlichen am Schmotzigen Dunschtig zu vermeiden.

Konstanzer Suchtberaterin: Dunkelziffer während der Fasnacht ist groß

Anette Schlobinski-Duscher, Leiterin der Suchtberatung Konstanz, ist realistisch und sagt: "Die Dunkelziffer während der Fasnacht ist groß." Das heißt: Viele Jugendliche tauchen in offiziellen Statistiken nicht auf.

Die wies im Verhältnis zur Gesamtzahl der feiernden Jugendlichen für den Schmotzigen Dunschtig des Vorjahrs geringe Zahlen mit Bezug zum Alkoholkonsum auf: Zwei Jungen und ein Mädchen waren damals in der Kinderklinik behandelt worden – mit Blutalkoholwerten von 1,1 bis 1,8 Promille. Insgesamt zeigten sich Polizei und Stadt Konstanz zufrieden mit dem neuen Sicherheits- und Veranstaltungskonzept für die Straßenfasnacht.

Neues Konzept auf dem Stephansplatz erhält positives Zeugnis von Fachleuten

Auch Reinhard Schwering, Vorgänger Schlobinski-Duschers bei der Suchtberatung, sagt: "Das neue Konzept funktioniert gut, mit dem Stephansplatz als neuralgische Zone". Auch dieses Jahr ist dort ein Bereich für junge Feiernde vorgesehen, während der SÜDKURIER mit seiner Bühne auf der Marktstätte vor allem Familien anspricht. Ein Glasverbot in der Innenstadt und Taschenkontrollen vor Betreten der Party-Zonen soll für Sicherheit sorgen.

Ein Rat: Nichts Hochprozentiges, keine Mix-Getränke

Alkohol, so aufrichtig muss man sein, wird während der Fasnacht immer eine Rolle spielen. Auch bei Schülern deutlich unter der Volljährigkeit. "Wenn schon Alkohol", erklärt Sozailpädagogin und Therapeutin Schlobinski-Duscher daher, "dann auf jeden Fall nur niedrigprozentiger und angepasst an die jeweilige Altersgrenze".

Also: Zwischen 16 und 18 Jahren maximal Bier und Wein in Maßen und dies auch nur im Wechsel mit alkoholfreien Getränken statt einen Wodka-Energy oder Gin Tonic auf den nächsten folgen zu lassen.

Hochprozentige Getränke erhöhten die Gefahr des Sturztrunkes, erklärt die Sozialpädagogin. Mischgetränke ließen die Alkoholmenge "nicht mehr einschätzen. Süße, kohlensäurehaltige oder erhitzte alkoholische Getränke beschleunigen die Aufnahmegeschwindigkeit des Alkohols in den Körper", so Schlobinski-Duscher.

"Bei etwa einem Promille tun Sie Dinge, die sie sonst nicht tun würden"

Die große Gefahr des Alkohols spätestens ab diesem Moment: Seine Wirkung verändert den Charakter. "Man wird erst einmal weniger schüchtern, traut sich mehr zu, gefühlt scheint das Trinken also etwas zu bringen," sagt Schlobinski-Duscher.

Ein Trugschluss, die Grenzen sind fließend. "Bei etwa einem Promille tun Sie Dinge, die Sie sonst nicht tun würden", meint Reinhard Schwering.

Warum Alkoholkonsum unter Jugendlichen insgesamt rückläufig ist

Das rasche Hintereinander-Trinken erhöhe die Wahrscheinlichkeit, rechtzeitig "Stopp" zu sagen. Der Sturztrunk droht. Gleichwohl merkt Schwering an: Alkohol ist unter Jugendlichen "nicht mehr so angesagt und in wie in früheren Jahren".

Die Zahlen des Statistischen Landesamts weisen ebenfalls in diese Richtung: 2007 wurden demnach landkreisweit noch rund 150 Personen unter 20 Jahren alkolbedingt in einem Krankenhaus behandelt, 2017 lag diese Zahl bei circa 100. Eine der Ursachen laut Reinhard Schwering: "Die Gesellschaft ist auf Leistungsfähigkeit getrimmt, und die wird durch Alkohol gehemmt."

Was von Eltern am Schmotzigen Dunschtig erwartet werden sollte

Die beiden Therapeuten der Suchtberatung betonen im Zusammenhang mit den Gefahren durch Alkohol die Rolle des sozialen Umfelds. "Gute Freunde dabeizuhaben und ein gefestiges Zuhause sind wichtig", fasst Schwering zusammen. Von Eltern müsse erwartet werden können, dass sie am Schmotzigen Dunschtig "zumindest einmal ihre Kinder anrufen und in einem guten Kontakt stehen".

Angebot von Jugendlichen für Jugendliche

Dass Feiern am Schmotzigen Dunschtigs nicht mit einem Rausch einhergehen muss, beweisen einige Jugendliche zum wiederholten Mal. Schon 2015 baute eine kleine Gruppe einen Bollerwagen samt mobiler Musikanlage. Das Ziel: Gute Stimmung, von Jugendlichen für Jugendliche. Der Wagen wuchs, die Musik-Qualität wurde beser, wie Timon Huber als einer der Engagierten berichtet. Bis daraus im vergangenen Jahr eine circa eine Tonne schwere fahrbare, pinkfarbene Musikanlage wurde, mit der um die 500 Jugendliche durch die Stadt zogen.

Dieses Jahr zieht die Gruppe um Timon Huber und acht weitere Jugendliche ein Modell eines US-amerikanischen Polizeiwagens durch die Stadt. Unterstützung erhalten sie bei ihrer Idee, jungen Menschen einen sicheren Anlaufpunkt an der Fasnacht zu bieten, von der Stadt Konstanz, der Polizei und den Rettungskräften, sowie dem Konstanzer Präventatsionsrat. Erwachsene Ordner begleiten den Wagen und verteilen laut Huber kostenlos Wasser und Brezeln.

Mit dem steten Wachstum steigen jedoch auch die Herausforderungen finanzieller Natur. Denn bezahlt und organisiert wird der Musikwagen, der in einer Hinterhofgarage in der Schottenstraße zusammengebaut wurde, von den neun Jugendlichen selbstständig. Deshalb haben die Organisatoren für den diesjährigen Schmotzigen Dunschtig einen Verein gegründet: Fasnacht und Events der Jugend Konstanz (FEJK) heißt er und soll unter anderem für Spenden sorgen.

Wer die Idee "Auf eine sichere Fasnacht. Von Jugendlichen für Jugendliche" unterstützen will, kann sich auf der Homepage des Vereins informieren unter: www.fejk.de