Kaum eine Baudebatte, in dem nicht die Angst vor dem Dichte-Stress aufkommt, also der Sorge, dass Freiräume verschwinden, und die neuen Menschen im Quartier vor allem Konkurrenz um immer weniger Fläche bedeuten. Die Architektin Cornelia Gysel denkt ganz anders. Sie sagt „Dichte ist gut, Dichte hat Potenzial“. Und sie spricht davon, durch Dichte Freiraum zu schaffen. Sie denkt bei der Planung eines Quartier immer erst ans Stadtzentrum, an die Quartiersplätze, also an die Aufenthaltsorte für die Menschen und wie das einzelne Haus stehen muss, damit ein Platz auch belebt sein kann.

Prinzip vom Stadtzentrum auch aufs Dorf oder Randlagen übertragbar

Wie auf diese Weise ein dicht bewohntes Quartier entstehen kann, in dem sich die Menschen dennoch wohlfühlen, zeigt sich am ZürcherHunziger-Areal. Gysel gehörte zu den Autoren des Masterplans fürs vielgelobte genossenschaftliche Quartier auf den Flächen einer ehemaligen Betonfabrik. Das Prinzip Stadtzentrum vor Hausbau lässt sich auch für die Dorferweiterung anwenden oder für die Siedlung am Ende einer Ballungsregion, dies zeigte Gysel bei einem Vortrag an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung. Die Konstanzer Kreisgruppe des Bunds Deutscher Architekten sowie die Kammergruppe Konstanz hatten Gysel nach Konstanz geholt.

Es gibt Häuser ganz aus Holz oder ganz aus Beton, die Wohnungen sind zwischen 16 und 400 Quadratmeter groß.
Es gibt Häuser ganz aus Holz oder ganz aus Beton, die Wohnungen sind zwischen 16 und 400 Quadratmeter groß.

Erst kommt der Raum, dann kommen die Häuser

Die Gestaltung der Räume steht für Gysel immer an der Spitze der Planung. Erst Häuser hinzusetzen, und dann irgendwie mit dem Restraum umzugehen, das kommt für die Architektin nicht in Frage. Auf dem Hunziker-Areal gibt es Räume, die Zentren fürs Quartier darstellen, und Rückzugsräume, Arbeiten und Wohnen sind hier kombiniert, und es gibt Raum für nicht kommerzielle, gesellschaftliche Anlässe und Angebote.

Genossenschaftliches Bauen ist ein Kann, aber kein Muss

Gysel hat einige Grundprinzipien aufgestellt, die sich vielfach anwenden lassen, und doch jeweils angepasst werden müssen auf den konkreten Raum, in der die neue Siedlung entstehen soll. Eine genossenschaftliche Dachorganisation wie auf dem Hunziker-Areal sei hilfreich, wenn es um die Umsetzung der Planungen geht, aber es sei auch jede andere Organisation denkbar, die langfristig Interesse an einem Areal hat, sagt die Architektin auf Nachfragen. In Aesch, einem Ausläufer des Ballungsraums um Basel, stocken gerade Planungen für die Erneuerung des sehr nüchternen Dorfzentrums mit wenig genutzten Flächen. Das Problem dort: Nicht alle Eigentümer wollen mitziehen.

Bild 2: Auch eine Idee für Konstanz? Eine Planerin des Züricher Wohnbauprojekts Hunziker erklärt das Konzept

Das Hunziker-Areal im Überblick

Auf dem Gelände einer ehemaligen Betonfabrik am Rande von Zürich ist ein Quartier zum Wohnen und Arbeiten entstanden. Es wurde nach ökologischen und sozialen Kriterien errichtet. Der Zusammenschluss von rund 50 Genossenschaften ermöglichte das Projekt. Es versteht sich nach Angaben von Peter Schmid, dem Präsidenten der Baugenossenschaft, als Innovations- und Lernplattform für den gesamten gemeinnützigen Wohnungsbau. Als die größte Hürde bei der Planung nennt er die Experimentierfreude, die die Planer nicht gewohnt waren, sowie die Komplexität des Projekts. 13 Häuser von fünf Architekturteams waren gleichzeitig im Bau.