Frauen wirbelten ihre Petticoats herum, tanzten zur lauten Musik von Elvis Presley. Audrey Hepburn, Romy Schneider, Hüte und Damenhandschuhe – so klingt das Lebensgefühl der 50er-Jahre. Seit einigen Jahren ist die damalige Mode wieder im Trend, Frauen zeigen sich in den bunten Rockabilly-Kleidern auf der Straße.

Auch andere Produkte werden zunehmend im Retro-Stil angeboten. Egal ob Kaffeemaschinen in Pastelltönen oder Vintage-Einrichtungen für die eigene Wohnung. In Konstanz verkauft Tamara Herre seit zwei Jahren Rockabilly-Kleidung und in der Nachbarstadt Kreuzlingen führt Gordana Vlajic-Dzombic seit acht Jahren eine 50er-Jahre-Bar. Gäbe es kein Interesse daran, könnten sich die Betriebe nicht halten – doch wie retro ist die Stadt?

Ein Fan der Petticoat-Kleider

Die Konstanzerin Tamara Herre liebt die 50er-Jahre und hat deshalb ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt. Eigentlich ist Herre gelernte Industriekauffrau. Doch Mode war schon immer ihre Leidenschaft. Heute führt die 44-Jährige ein eigenes Rockabilly-Geschäft. Versteckt am Fischmarkt, in der Salmannsweilergasse, liegt die Boutique Tamarelle. Man muss das Geschäft kennen, um es zu finden. Doch spätestens wenn Tamara Herre in ihrem Kleid mit Petticoat durch die Konstanzer Innenstadt läuft, ist das Interesse der Konstanzer geweckt und die ersten Neugierigen fragen danach.

„Die meisten sind fasziniert davon.“
Tamara Herre

Tamara Herre entdeckte die Begeisterung für die 50er-Jahre schon als kleines Mädchen. "Meine Tante hatten einen ganzen Kleiderschrank voller Kleider", erinnert sie sich. Sie habe sich die Kleider immer wieder übergezogen, dazu die Lippen knallrot angemalt.

Bild 1: Die 50er-Jahre sind wieder im Trend. In Konstanz wird Rockabilly-Kleidung verkauft, in Kreuzlingen widmet sich eine Bar der Zeit. Wie retro ist die Stadt?

Als Jugendliche ging dann ein Traum in Erfüllung: Ihre Tante schenkte ihr alle ihre 50er-Jahre-Kleider. Heute bestehen 60 Prozent ihres Kleiderschranks aus Rockabilly-Kleidung. Sie trägt sie zu besonderen Anlässen oder wenn sie im Laden steht. "Wenn ich mit meiner Tochter auf dem Spielplatz bin, trage ich aber normale Kleidung", sagt sie und lacht.

Mit dem Rock'n'Roll hat es begonnen

Gordana Vlajic-Dzombic hat die Musik der 50er-Jahre fasziniert. "Ich habe schon als Kind gerne Rock'n'Roll gehört", sagt die 47-Jährige. Heute führt sie die Roxy Bar in Kreuzlingen, ein Diner im Stil der 50er-Jahre. Mit dem steigenden Interesse an der Musik kam auch für sie der Umstieg auf Rockabilly-Mode. "Ich kaufe schon seit 20 Jahren in keinem normalen Geschäft mehr", sagt Vlajic-Dzombic. Sie kaufe nur noch Originalkleider aus den 50er-Jahren.

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Die Gastronomin hat in den vergangenen Jahren einen Hype um die 50er-Jahre bemerkt. "In den letzten zehn Jahren bekommt man überall Retroprodukte", sagt Vlajic-Dzombic. Diese Entwicklung findet der Rockabilly-Fan gut, bemerkt allerdings noch immer eine Skepsis gegenüber den Leuten aus der Rockabilly-Szene. Deshalb wünscht sie sich mehr Interesse und Offenheit von den Einheimischen aus Kreuzlingen und Konstanz.

„Viele sagen immer, wir würden uns verkleiden. Ich hasse das.“
Gordana Vlajic-Dzombic

"Wir verkleiden uns nicht, sondern tragen die Sachen, weil wir es gerne mögen", sagt Vlajic-Dzombic. Gast im Roxy kann aber jeder sein, unabhängig von seiner Kleidung. "Wegen mir muss sich niemand so anziehen. Ich finde es schade, wenn die Leute das als Hemmschwelle sehen."

Eine richtige Rockabilly-Szene gibt es nicht

Seit acht Jahren führt Gordana Vlajic-Dzombic gemeinsam mit ihrem Mann Igor Dzombic das Roxy. Am Wochenende werden regelmäßig Live-Auftritte mit Musik der 50er-Jahre veranstaltet. Dann kämen auch viele Menschen mit Rockabilly-Kleidung. "Viele kommen gezielt hierher, sogar aus Luzern oder Bern."

Auch in die Boutique von Tamara Herre und ihrer Mutter kommen Leute aus der Schweiz oder mehreren hundert Kilometern Entfernung. Die Kunden sind vielfältig. "Von der 16-Jährigen, die ein Kleid für einen Abschlussball sucht bis zu einer 70-Jährigen Tänzerin ist alles dabei", sagt Herre.

„Manche leben das Rockabilly richtig aus, andere tragen es nur mal zu einer besonderen Gelegenheit.“
Tamara Herre

Eine richtige Szene, sagt Gordana Vlajic-Dzombic, gebe es hier nicht. "Das wäre schön. Dann hätten wir die Hütte voll", sagt Vlajic-Dzombic. So kämen Stammkunden aus weiter Entfernung, auch mal Neugierige aus der Nachbarschaft. Doch abgesehen von ein paar Interessierten, scheint der Retro-Trend in Konstanz noch nicht wirklich angekommen zu sein.