60 744. Eine Zahl steht für Hoffnung und Zuversicht. 60 744 Mal hat die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS genetische Zwillinge für an Leukämie erkrankte Menschen ermitteln können. In der Regel steht jede dieser Zahlen für die Rettung eines Menschenlebens. Am Sonntag werden mehrere Tausend Menschen ins Bodenseeforum kommen, um sich einer Typisierung zu unterziehen. Wattestäbchen durch den Mund ziehen lassen und fertig. Hat ein Patient weltweit das passende genetische Gegenstück, steht einer Rettung in Form einer Knochenmarkspende nichts im Wege. Die Konstanzerin Isabel Allert leidet seit wenigen Monaten an Leukämie. Sie ist das Gesicht der Aktion.

Mit ihrer Spende rettete sie einer 15-jährigen Kanadierin das Leben

Zwei Konstanzer Bürger sind heute schon Lebensretter. Sie haben sich vor Jahren typisieren lassen. Nach der Analyse ihrer Gene meldete sich die Spenderdatei und bat zur nächsten, noch exakteren Anyalse. "Hier stellte sich dann heraus, dass ich in Frage komme für eine Patientin", erzählt Miriam Flockerzie. "Die Voruntersuchung fand in Wiesbaden statt", sagt sie. "Ich durfte mit einer Begleitung dorthin reisen." Das war im Jahr 2010. Damals war die Knochenmarkspende deutlich aufwändiger und risikoreicher als heute. Miriam Flockerzie wurde narkotisiert und ihr wurden zwei Liter Blut-Knochenmarkflüssigkeit sozusagen abgezapft. "Ich musste zwei Nächte im Krankenhaus bleiben", erzählt die 27-Jährige. "Doch es war die Anstrengung wert." Sie erfuhr, dass ihr genetischer Zwilling eine 15-jährige Kanadierin aus Quebec ist – und dass ihr mit der Spende letztendlich das Leben gerettet wurde. "Das ist ein sehr schönes Gefühl", sagt sie lächelnd und fügt diese ehrenhaften Worte hinzu. "Obwohl ich sagen muss, dass ich es aus Nächstenliebe gemacht habe und nicht, um als Held oder so etwas dazustehen."

Die Erkrankung eines Freundes von Miriam Flockerzie, die damals in Albstadt-Ebingen wohnte, war ihr Anlass, zur Typisierung zu gehen. Während die junge Frau aus Kanada dank ihrer Spende überlebte, starb ihr Bekannter Jahre später. "Das ist natürlich ein tragischer Aspekt der Geschichte", sagt sie. Noch kennt Miriam Flockerzie die Kanadierin, die heute 21 Jahre alt ist, nicht persönlich. Das würde sie einerseits zwar gerne irgendwann nachholen, "aber ich möchte es ihr überlassen, ob es zu einem Treffen kommt oder nicht. Die Krankheit war mit Sicherheit eine sehr schwere Zeit und die Familie möchte nicht immer wieder damit konfrontiert werden." In der Regel informiert die DKMS nach zwei Jahren Spender und Profiteur über die jeweils andere Seite und überlässt den Protagonisten, ob sie sich kennenlernen wollen.

Guido Sondern kennt den Empfänger seiner Spenden ebenfalls nicht. Er nennt den Grund, warum er bisher den Kontakt eher scheut: "Ich finde es schön, wenn der Gerettete jederzeit und überall beim Anblick von Menschen denken kann: Vielleicht ist er mein Lebensretter, vielleicht ist sie meine Lebensretterin." Davon auszugehen, dass potenziell jeder Mensch ein Lebensretter ist, sei doch eine wunderbare Vorstellung. "Auf der anderen Seite bin ich natürlich auch neugierig und würde mich nicht sträuben, wenn er sich meldet." Er weiß bis dato, dass sein genetischer Zwilling Amerikaner ist. Guido Sondern spendete sein Knochenmark im Juni 2011 in Birkenfeld in Rheinland-Pfalz bei der Stefan-Morsch-Stiftung, der ältesten Stammzellspenderdatei Deutschlands, die mit der DKMS zusammenarbeitet.

Als Vorbereitung musste er sich eine Woche lang alle zwölf Stunden eine kleine Spritze setzen, ähnlich einer Trombose- oder Diabetes-Spritze. "Völlig einfach und problemlos", erzählt er. Vor Ort wurde ihm dann Blut entnommen, diesem Blut wiederum wurde in einer Zentrifuge das nötige Plasma entnommen. Das war's. "Erstaunlich, wie einfach und schmerzfrei das Retten von Leben ist", sagt der Unternehmer lachend.

Der kommende Sonntag ist ein guter Tag, um Leben zu retten.

Rund um die Aktion

Am kommenden Sonntag, den 22. Januar findet zwischen 11 und 16 Uhr im Bodenseeforum Konstanz die Typisierungsaktion für Isabel Allert und alle anderen Leukämie-Patienten weltweit statt. Als Blutstammzellspender registrieren können sich alle gesunden Personen im Alter von 18 bis 55 Jahren, die mindestens 50 Kg wiegen und nicht unter Hepatitis C, Herzinfarkt oder Krebserkrankungen leiden.