„Dass so viele Menschen hier sind, davon hatte ich zwar geträumt, aber erwartet hätte ich es nicht“, sagt Julian Kratzer von der Konzertmuschelbühne im Stadtgarten aus. Er fasst nur mit Mühe, was auch das Ergebnis seines eigenen Engagements ist.

In den vergangenen zwei Monate haben er und andere aus dem Orga-Team nicht viel anderes gemacht als die Groß-Demo vorzubereiten – stets im Ungewissen, wie viele Menschen tatsächlich kommen würden. „Als ich gehört habe, dass wir bereits mehr als 5000 Leute gezählt hatten, wären mir fast die Tränen gekommen“, gesteht der Aktivist. Die Zahl der Demonstranten übertraf die Erwartungen bei Weitem.
Es sind viele. Zum Beispiel Roxana von der Waldorfschule und Anna Tabea vom Friedrich-Hecker-Gymnasium in Radolfzell. „Wir sind von Beginn der Proteste an dabei und wollen etwas verändern“, sagt Anna Tabea. Da hat der Demonstrationszug sich noch nicht in Bewegung gesetzt. Ganz zufrieden ist Roxana noch nicht: „Wir haben Aufsehen erregt, aber noch wenig bewirkt. Man muss dranbleiben, es müssen noch mehr Menschen werden“, ist sie überzeugt.

Den Protest wollten die Fridays for Future in die Gesellschaft tragen, das war das erklärte Ziel für die Demo an diesem 20. September. Die Bewegung sollte weit über eine Schülerbewegung hinaus gehen. Das ist gelungen. Annette Salomon, die mit ihrem Mann am See Urlaub macht und deren Tochter in Düsseldorf demonstriert, ist dabei. Das Ehepaar wollte auch im Urlaub die Klimademo nicht verpassen. Angela Goronzy-Pauly, Erzieherin aus Gaienhofen, war es ebenfalls wichtig, teilzunehmen. „Ich möchte, dass der Druck bewirkt, dass Politiker anfangen umzudenken.
Méline Bonaud aus Paris, die in Konstanz studiert, nutzt ihr Plakat auf beiden Seiten, um ihre Botschaft weiterzugeben. Einerseits hält sie wenig vom kapitalistischen System, in dem der Klimaschutz kaum verwirlichbar sei. Auf der anderen Seite fordert sie eine Radstraße an der Bodanstraße. Auch hier scheint ihr das konsumorientierte Lago nicht die beste Lösung. „Ich bin froh, dass so viele Leute hier sind. Und froh, wenn die anderen Demonstranten das lesen“, sagt sie.

Neben aller Freude über die erfolgreiche Mobilisierung gibt es im Stadtgarten dann auch ein paar politische Ansagen. „Ohne uns würde die Politik heute immer noch über Flüchtlinge reden“, verkündet Jannis Krüßmann, der als Initiator der Konstanzer Fridays-for-Future Bewegung gilt. Ans Klimakabinett, das heute in Berlin tagt, geht die Ansage, dass die Beschlüsse des Kabinetts für die Bürger spürbar werden müssten. „Es kann nicht sein, dass klimaschädliche Dinge nicht teurer werden“, so Krüßmann.
„Nur Klimanotstand ausrufen, reicht nicht“
Aber auch Oberbürgermeister Uli Burchardt, der inzwischen anwesend ist, soll sich nicht zu sehr im sonnigen Stadtgarten zurücklehnen können. „Es reicht eben nicht aus, in Konstanz den Klimanotstand auszurufen und trotzdem einen verkaufsoffenen Sonntag zu veranstalten“, ruft Krüßmann, „oder noch mehr Parkhäuser zu bauen, Herr Oberbürgermeister!“
Enttäuschung von der Politik
Von den Entscheidungen aus dem Berliner Klimakabinett, die inzwischen bekannt werden, zeigen sich die Aktivisten enttäuscht. Ob die Konstanzer Kommunalpolitik mehr Anklang finden wird? „Die Forderungen, die wir für Konstanz formuliert haben, sind mit Wissenschaftlern erarbeitet. Auf sie setzen wir. Gemeinderat und OB können damit rechnen, dass wir den Druck aufrecht erhalten“, sagt Julian Kratzer.
Die Friday-for-Future-Demonstranten werden dranbleiben. Von ihnen wird die Politik noch hören, das ist spätestens am 20. September klar geworden.