Der Gemeinderat kippt die Strategie der Stadtwerke, das Bus-Ticket für Kurzstrecken nur den Nutzern von Mobiltelefonen anzubieten. Er fordert, der Fahrgast solle dieses künftig auch beim Busfahrer kaufen können. Mit 19 zu 12 Stimmen folgte der Gemeinderat einem Antrag von Simon Pschorr (Linke Liste). Es geht um das Ticket, das den günstigen Preis von 1,50 bis 1,80 Euro für Strecken bis zu zwei Kilometern vorsieht. 

Stadträte wollen einfacheres Tarifsystem

In der Diskussion wurde auch deutlich: Die Unzufriedenheit über die mehr als 30 unterschiedlichen Tarife für Busfahrten ist groß. Der Gemeinderat drängt auf eine Vereinfachung.

Stadtwerke in der Kritik

Die Stadtwerke stehen unter Druck, seit sie im Oktober das Kurzstrecken-Ticket für den Bus eingeführt haben, das sich nur mit Hilfe einer App auf einem Smartphone nutzen lässt. Es hagelte Kritik von Bürgern, vom Stadtseniorenrat und von Vertretern Behinderter.

Kompromissvariante gibt es schon

Als Kompromiss wollen die Stadtwerke ab Januar für Menschen über 65 Jahren einen neuen Einzelfahrschein zum Preis von 1,80 Euro anbieten. Er soll aber nur in einem Block für 20 Fahrten zum Preis von 36 Euro zu haben sein. So könnten ältere Menschen, die kein Smartphone nutzen, auch günstig fahren, argumentieren die Stadtwerke. Auf Druck des Gemeinderats soll das Ticket auch für Menschen mit Behinderungen gelten.

Das Ticket soll es nun auch analog geben

Jetzt hat er zusätzlich beschlossen, das Kurzstrecken-Ticket ebenso auf Papier anzubieten. Die Preise für das bisherige Ticket sind nach der Luftlinien-Entfernung der Zielhaltestelle gestaffelt. Bis 1,2 Kilometer fallen 1,50 Euro an, bis zwei Kilometer 1,80 Euro. Auch der reguläre Fahrschein zum Preis von 2,50 Euro kann über die App bezogen werden. Bezahlt wird per Abbuchung vom Konto (Lastschriftverfahren).

Für den Erwerb des Kurzstreckentickets braucht man bisher ein internetfähiges Handy.
Für den Erwerb des Kurzstreckentickets braucht man bisher ein internetfähiges Handy. | Bild: Oliver Hanser

Verkauf im Bus kostet vor allem Zeit

Die Stadtwerke und Gegner des Kurzstrecken-Tickets auf Papier hatten im Rat auf Probleme hingewiesen, die der Verkauf im Bus nach sich ziehen könnte. Dieser nehme wahrscheinlich viel Zeit in Anspruch und die Busse würden dadurch noch unpünktlicher. Simon Pschorr wies auf ein Modell in Frankfurt hin, von dem Konstanz lernen könne. Es funktioniere ohne Probleme.

Das könnte Sie auch interessieren

Taktung der Busse ist entscheidender, sagt Reuter

Norbert Reuter, Geschäftsführer der Stadtwerke, geht aber davon aus, dass weniger die Tarife entscheidend dafür sind, ob ein Autofahrer auf den Bus umsteigt, als vielmehr der Takt des Busses und die Zahl sowie Lage der Haltestellen. Bisherige Versuche mit Niedrig-Tarifen zeigten: „Es kostet viel Geld und hat wenig Wirkung.“ In Stuttgart sei die Zahl der Fahrgäste nach einem grundlegenden Tarifumbau nur geringfügig gestiegen. Den Konstanzer Stadtwerken sei es in der Vergangenheit gelungen, kontinuierlich mehr Fahrgäste zu gewinnen.

Das könnte Sie auch interessieren

Jürgen Ruff wünscht „realistische Preise“

„Wir führen den Betrieb erfolgreich und wirtschaftlich“, sagte Reuter. Jürgen Ruff (SPD) schloss sich den Ausführungen der Stadtwerke an. Wenn das neue Seniorenticket auch für Menschen mit Behinderungen gelte, dann seien diese Bevölkerungsgruppen ausreichend berücksichtigt. Er fürchtet, der Ticketkauf beim Fahrer werde die Busse ausbremsen. Er sprach sich für realistische Preise aus, die auch ordentliche Gehälter für Busfahrer ermöglichen. In seiner Fraktion stimmte nur Zahide Sarikas für den Antrag der Linken.

Simon Pschorr will Diskriminierung verhindern

„Uns geht es um Gerechtigkeit und Fairness“, begründete Simon Pschorr die Initiative für den Bezug des Kurzstreckentickets auch beim Busfahrer. Die Linke lehne eine Digitalisierung ab, bei der Bevölkerungsteile auf der Strecke bleiben. Nur 41 Prozent der Menschen über 65 Jahre besäßen ein internetfähiges Mobiltelefon.

Nur wenige verstehen das Tarifsystem

Pschorr plädierte für ein System, das alle Bevölkerungsgruppen einbezieht. Manche wollten auch nicht ihre Daten über Smartphone Preis geben, gab Ewald Weisschedel (Freie Wähler) zu Bedenken. Matthias Schäfer sagte, dass die Tarife viel einfacher gestaltet sein müssten. Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL) sagte: „Wir wollen, dass die Menschen Bus fahren. Das machen sie, wenn es einfach ist.“ Tatsächlich aber gebe es 31 verschiedene Tarife, wenige Automaten, kaum Tarifinformationen an den Haltestellen. Kurt Demmler (CDU) verteidigte das Bussystem. Auch er sieht allerdings Informationsbedarf darüber, wie man an die besonders günstigen Monatskarten kommt.