Pro: Jonas Schönfelder, Volontär
Jonas Schönfelder blickt auf die große Mehrheit, die ein Smartphone besitzt und nutzt. Ein Ticket fürs Handy bereitzustellen, sei der richtige Schritt der Stadtwerke Konstanz.
Wenn ich mit dem öffentlichen Nahverkehr fahre oder verreise, nutze ich fast ausschließlich Tickets auf dem Smartphone. Das geht schon lange bei Flügen, Fernbussen und Zügen. Die Vorteile: Ich kann direkt einsteigen, Automaten mit schlechter Bedienung links liegen lassen und muss weder nach Münzen noch nach den Fahrscheinen kramen.
Viele Menschen wollen das neue Kurzstreckenticket auch ohne App kaufen, was aber nicht angeboten wird. Weil sie kein Smartphone besitzen oder es nicht für Online-Zahlungen benutzen möchten, fühlen sie sich diskriminiert. Das mag auf den ersten Blick einleuchten, ist aber falsch.
Es ist eben die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er oder sie mit dem Lauf der Zeit gehen möchte. Haben Sie in jüngerer Zeit versucht, ihre Stromrechnung bar statt per Überweisung zu begleichen? Das wird nicht funktionieren und niemand spricht von Diskriminierung.
Die Welt wandelt sich und es ist abzusehen, dass es Fahrkartenautomaten in 50 Jahren nicht mehr gibt. So wie es heute schon nicht mehr unzählige Schalter in den Bahnhofshallen gibt und Telefonzellen aus dem Stadtbild verschwinden. Die Stadtwerke müssen sich für die Zukunft wappnen. Mit dem Handyticket gehen sie einen Schritt in die richtige Richtung.
Laut einer aktuelle Studie benutzen 95 Prozent der 30-49-Jährigen ein Smartphone, bei den Jüngeren sogar noch mehr. Für diesen großen Teil der Bevölkerung ist es zunehmend normal, sämtliche Aspekte des Alltags darüber abzuwickeln.
Und vielleicht kann das Handyticket ein Anstoß für ältere Menschen sein, sich die Technik von den Kindern oder Enkeln erklären zu lassen. So schwer ist es gar nicht.
Contra: Andreas Schuler, Redakteur
Andreas Schuler hält das neue Kurzstreckenticket für eine Diskriminierung eines Teils der Bevölkerung. Dass der Besitz eines Smartphones Voraussetzung ist, stelle nicht nur ein Problem für ältere Bürger da.
Das Wort Diskriminierung stammt aus dem Lateinischen, discriminare bedeutet „trennen, absondern, abgrenzen, unterscheiden“. Die Idee der Kurzstreckentickets macht Sinn: Die Zugfahrt von Konstanz nach Hamburg ist ja auch teurer als die nach Stuttgart. „Das Handyticket ist eine bequeme Alternative zum Fahrkartenautomaten“, sagt Norbert Reuter, Geschäftsführer der Stadtwerke. Stimmt.
Doch jetzt kommt die Diskriminierung ins Spiel. Nur diejenigen, die in der Lage sind, per Smartphone ein Kurzstreckenticket zu lösen, kommen auch in den Genuss seiner Vorteile. Alle anderen müssen mehr bezahlen und werden somit getrennt, abgesondert, abgegrenzt, unterschieden – diskriminiert.
Man muss nur mal bei so manchen älterem Menschen nachfragen. Begriffe wie unverschämt, asozial, respektlos oder entwürdigend fallen dann – oder eben diskriminierend.
Wer nicht in der Lage ist, ein Smartphone zu bedienen oder vielleicht gar keines besitzt, wird ausgeschlossen. Hersteller dieser digitalen Droge werden sich ins Fäustchen lachen, vielleicht haben sie schon die nächste Marketing-Strategie geplant mit dem Werbeslogan: „Mit uns kommen auch Sie in den Genuss des Konstanzer Kurzstreckentickets.“
Was ist mit Menschen, die zwar ein Smartphone besitzen, aber Apps aus anderen Gründen nicht nutzen können? Blinde zum Beispiel. Auch die werden von allen anderen getrennt, abgesondert, abgegrenzt, unterschieden – diskriminiert.
Der Dreikäsehoch, der erstmals mit dem Bus die zwei Stationen zur Oma fährt, muss früher als geplant multimedial ausgestattet werden, damit seine Fahrt günstiger wird. Kundenfreundlichkeit sieht anders aus.