Das neue Kurzstreckenticket für die Linienbusse in Konstanz steht unter Beschuss: Der Arbeitskreis Lebendige Nachbarschaft und die Linke Liste Konstanz kritisieren, dass es nur per Smartphone gekauft werden kann, was vor allem ältere Menschen ausschließe. Laut einer Bitkom-Studie benutzen in Deutschland acht von zehn Menschen Smartphones, bei den über-64-Jährigen sind es jedoch nur vier. Laut Josef Siebler, Pressesprecher der Stadtwerke Konstanz, haben sich in den knapp drei Wochen seit Einführung des Handytickets rund 3000 Personen für den Dienst registriert. Ihn erreichten aber auch kritische Stimmen von Kunden, die kein Smartphone haben.
Wir sind deshalb Bus gefahren und haben getestet, wie der Fahrkartenkauf per Handy funktioniert.
Am besten in Ruhe registrieren
Die App „Mein Konstanz„ ist zwingende Voraussetzung, um den neuen Tarif nutzen zu können. Wir haben sie schon installiert und registrieren uns für das Handyticket. Da hier viele Daten wie Name, Adresse, Bankverbindung und Lastschriftmandat ausgefüllt werden müssen, machen wir das im Büro anstatt an der Haltestelle. Leider muss man bei der Registrierung auch akzeptieren, dass die Stadtwerke Werbung per E-Mail schicken dürfen.
Jetzt geht es raus zur nahe gelegenen Bushaltestelle, dem Bahnhof Wollmatingen. Wir öffnen die App erneut und wählen den Bereich Handyticket. Angenehm: Die App merkt sich die Zugangsdaten.

An dieser Stelle benötigt die App die Berechtigung, um auf den Standort zuzugreifen. Dann wird eine Umgebungskarte geladen, auf der die umliegenden Haltestellen rot markiert sind. Als Startpunkt wird automatisch die nächstgelegene ausgewählt und das Ziel kann entweder auf der Karte oder aus einer Liste gewählt werden.
Wir wollen vom Bahnhof Wollmatingen zur nahen Haltestelle Bodan/Riedstraße fahren. Der Kauf funktioniert einfach: Es wird noch einmal aufgelistet, welches Ticket zu welchem Preis gekauft werden soll. Eine weitere Bestätigung ist nötig, um Fehlkäufe zu vermeiden. Dann wandert die Fahrkarte in die digitale Ablage.

Bevor wir einsteigen können, müssen wir aber noch zwei Minuten warten: Diese Zeit läuft ab dem Kauf ab, bis das Ticket gültig wird. Ganz spontan geht es also nicht. Laut Stadtwerke-Sprecher Siebler soll das Verhindern, dass Fahrgäste ohne Ticket den Bus nutzen und nur im Fall einer Kontrolle schnell eine Fahrkarte kaufen. Er verweist auf die Möglichkeit, das Ticket kaufen zu können, obwohl man sich noch gar nicht an der Haltestelle befinde.
Handyticket soll Zeit sparen
Jetzt naht der Bus und wir können einsteigen. Laut Siebler liegt hier ein großer Vorteil des Handytickets: „Das Ticket muss nicht beim Busfahrer gekauft oder vorgezeigt werden. Das spart Zeit.“ Auch dürfe man bedenkenlos an den hinteren Türen einsteigen.

Wenn ein Kontrolleur die Fahrkarte sehen möchte, kann man sie über das Ablage-Symbol aufrufen. In der Liste erscheinen alle Tickets, die im laufenden Monat gekauft wurden. Oben rechts wird der Gesamtbetrag angezeigt, dessen Abbuchung immer zum 15. des Folgemonats stattfindet. Das ist übersichtlich.
Das funktioniert übrigens auch offline, also ohne Empfang oder bei erschöpftem Datenvolumen. Das ergibt vor allem bei den Tageskarten, die auch in der App verfügbar sind, Sinn.

Der Bus ist zur Mittagszeit fast leer und fährt auf der Riedstraße Richtung Norden. Im Bus hängen Hinweise für den neuen Tarif. Maximal 1,2 Kilometer Luftlinie dürfen zwischen den Haltestellen liegen, um mit 1,50 Euro den günstigsten Tarif zu erhalten. Die überwindet der Bus in unserem Fall in wenigen Minuten.
Am Ziel angekommen warten bereits Fahrgäste. Für uns geht es wieder in die andere Richtung, zurück zum Bahnhof Wollmatingen. Da fällt ein Manko auf: Wenn wir über die Fahrinfo-Funktion nachschauen, was die beste Verbindung zum gewünschten Ziel ist und dann direkt auf Handyticket drücken, wird die Haltestelle nicht übernommen. Hier kann also noch nachgebessert werden.
So endet unsere Testfahrt. Das Handyticket – das müssen wir den Stadtwerken lassen – funktioniert abgesehen von kleinen Schwachstellen gut. Wie sich der Streit um die reine Smartphone-Lösung entwickelt, wird sich zeigen.