Sie nennt sich Tanja, mehr verrät die Frau nicht. Ihr Alter beziffert sie mit „über 40. Das muss genügen“. Ihr Schicksal bewegt zahlreiche Menschen – nicht nur in Konstanz, wie diese Geschichte zeigt. Im SÜDKURIER und im Internetauftritt SÜDKURIER Online stand vergangene Woche die Geschichte der obdachlosen Frau, die seit ein paar Monaten ihr Lager in der Bushaltestelle Stephansschule an der Laube aufgestellt hat.
Zahlreiche Koffer, Kisten, Taschen und Tüten stapeln sich dort, sie selbst liegt daneben auf der Bank und wartet, bis die Zeit vergeht. „Ich hätte gerne eine Wohnung“, sagt Tanja, die regelmäßig von Passanten angesprochen wird.
„Wenn sie möchte, darf sie dort einziehen“
Nun kommt die Menschlichkeit ins Spiel. Die Markdorferin Ursula Sterk las den Artikel im Internet und erzählte ihrem guten Freund Andre Dreyer davon. Der wiederum besitzt in Markdorf ein Haus – drei Zimmer im ersten Geschoss, zwei Zimmer Erdgeschoss. „Ich dachte daran, die unteren zwei Zimmer an Flüchtlinge oder Menschen in Not zu vermietet“, sagt er am Telefon. „Als mir meine Freundin von Tanja erzählte, dachte ich sofort: Wenn sie möchte, darf sie dort gerne einziehen.“
Die Geschichte der Frau hat ihn tief bewegt. „Ich finde es sehr wichtig und sehr gut, dass der SÜDKURIER auch über solche Menschen berichtet“, sagt er. „Es gibt nicht nur die Sonnenseite in unserem Leben.“ Da die Zimmer gestrichen werden müssen, macht er Tanja ein verlockendes Angebot: „Wenn sie mithelfen möchte, dann können wir das gerne auf die Miete anrechnen oder ich bezahle sie direkt dafür mit einem guten Stundenlohn.“
Sieben Euro pro Quadratmeter in Markdorf – statt 13,50 in Konstanz
In rund einem Monat wäre die Wohnung bezugsfertig – bis dahin würden Handwerker die Renovierung übernehmen, „es ist also kein Problem, wenn Tanja warten würde. Sie darf das selbst entscheiden“, wie Andre Dreyer berichtet.

Da die Frau in der Bushaltestelle kein Handy besitzt, läuft die Kommunikation noch über den SÜDKURIER. Der Markdorfer möchte sieben Euro pro Quadratmeter Miete – in Konstanz liegt die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter laut wohnungsboerse.net bei rund 13,50 Euro.
Als Tanja von dem Angebot hörte, war sie sichtlich erfreut – bat aber um ein paar Tage Bedenkzeit. Sie würde gerne in ihrer Geburtsstadt bleiben, „auch wenn das toll klingt. Aber ich war noch nie in Markdorf, kenne dort niemanden. Und wie soll ich meine ganze Sachen dorthin bringen?“ Auch hier hat Andre Dreyer bereits eine Lösung parat: „Ich könnte ihren Hausstand abholen. Das wäre kein Problem.“
Jetzt liegt es nur noch an Tanja...
In eine Obdachlosenunterkunft möchte sie nicht gehen, „denn dort wird geklaut und es wird Gewalt gegen Frauen angewandt“, wie sie sagt. Jetzt liegt es nur noch an Tanja, das Angebot anzunehmen.