Herr Burchardt, im Siegerentwurf zum Baugebiet Hafner heißt es: Gemeinsam Stadt gestalten. Wie soll der Hafner zur Heimat für Konstanz werden?

In der Planung haben wir die Bevölkerung, wie ich meine, bereits vorbildlich beteiligt. Der Hafner soll aber auch in der Umsetzung ein Konstanzer Projekt sein. Das heißt: Es benötigt Konstanzer Ideen, Konstanzer Beteiligungen und Konstanzer Geld.

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Also ausdrücklich kein Geld von großen externen Investoren?

Ich möchte dieses Projekt so entwickeln, dass wir keine externen Investoren brauchen.

Wie soll das möglich sein?

Ich möchte dem Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss mit zwei Punkten vorlegen. Erstens wollen wir prüfen, ob wir eine Stadtteil-Genossenschaft gründen können. Sie soll die Interessen aller an der Entwicklung des Hafner beteiligten oder interessierten Menschen und Institutionen bündeln und auf Augenhöhe mit der Verwaltung und der Politik kommunizieren.

Bild 1: "Ich möchte den Hafner soweit wie möglich der Spekulation entziehen": Ein Interview mit Uli Burchardt über neue Ideen für den neuen Konstanzer Stadtteil
Bild: Oliver Hanser

Wer sind diese Menschen und Institutionen?

Wir sprechen hier unter anderem von Bürgern, Anwohnern, Grundstückseigentümern, Baugruppen oder der Wobak.

Der Grundsatzbeschluss soll einen zweiten Punkt umfassen. Welchen?

Hier sind wir bei dem, was ich "Konstanzer Geld" nenne. Wir glauben, dass wir alles vor Ort haben, was wir zur Entwicklung des Hafner benötigen: eigene Strukturen, eigene Genossenschaften, eigenes Geld. Drei Akteure kennen wir schon. Die Wobak, den Spar- und Bauverein sowie einige private Baugemeinschaften. Aber mein Wunsch ist es, noch eine vierte Gruppe hinzuzunehmen.

Wer soll das sein, außer doch ein oder mehrere Investoren von außerhalb?

Wir wollen den Auftrag des Gemeinderats, prüfen zu lassen, ob wir eine Art Bürgerfonds gründen können.

Mit welchem Ziel?

Stellen Sie sich das wie ein Crowdfunding vor: Bürger kaufen sich ein, auch mit kleineren Beträgen im niedrigen fünfstelligen Bereich. Nicht mit der primären Erwartung einer Rendite, sondern mit der Absicht: Mein Geld soll in Konstanz gut investiert sein...

Bild 2: "Ich möchte den Hafner soweit wie möglich der Spekulation entziehen": Ein Interview mit Uli Burchardt über neue Ideen für den neuen Konstanzer Stadtteil
Bild: Oliver Hanser

...und nach einiger Zeit verkaufe ich meinen Bürgerfond-Anteil dann doch an einen Immobilien- oder Grundstücks-Spekulanten?

Wie wir das verhindern, werden wir prüfen. Streubesitz ist zunächst einmal die richtige Antwort, um Spekulanten fernzuhalten. Natürlich muss aber möglich sein, dass man seine Anteile gewinnbringend weiterverkauft oder -vererbt. Was wir verhindern wollen, ist die Vergabe großer Anteilspakete an externe Investoren. Ich möchte den Hafner soweit wie möglich der Spekulation entziehen.

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Also auch keine Sparkassen oder andere regionale Banken?

Ich sehe die Sparkassen oder regionalen Genossenschaftsbanken in einer wichtigen Rolle. Ihr Know-How und ihre Manpower werden wir brauchen. Die Diskussion ist aber erst an einem Anfang. Am Ende könnte übrigens auch das Ergebnis stehen: Wir brauchen neben der Wobak eine ganz neue Baugenossenschaft, die sich erst noch gründen muss.

Klingt juristisch dennoch nach einer harten Nuss, gewisse Käufer von vornherein auszuschließen.

Es geht zunächst nicht darum, jemanden auszuschließen, sondern um die Frage, wer sich beteiligen kann. Wir wissen noch nicht, wie das funktioniert. Ich kann auch nicht versprechen, dass es tatsächlich so funktioniert. Was ich bei diesem Großprojekt aber will: Nach einer Möglichkeit suchen. Das wird aufwendig, der Aufwand ist es aber wert.

Bevor die Stadt überhaupt etwas verkaufen kann, muss sie erst einmal weiter einkaufen. Ist die Bürgerfond-Idee eine Notlösung, um Eigentümer zu beteiligen, die ihre Flächen bislang nicht verkaufen wollen?

Wir sind bislang ja auch schon verhandlungsbereit. Wer uns sagt: Für mein Grundstück will ich später irgendeinen Anteil an einem Gebäude, für den finden wir auch Lösungen. Der Prozess der Ankäufe geht gut vorwärts, bei ganz vielen Eigentümern erkenne ich guten Willen. Es liegt an uns, zu erklären, dass es für sie ein gutes Geschäft ist. Davon bin ich übrigens überzeugt.

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Also keine Pläne zur Enteignung, wie Ihr Kollege Boris Palmer in Tübingen ins Spiel brachte?

Es ist kein Geheimnis, dass dies bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen möglich wäre. Aber ich habe immer klar gesagt: Ich will in Konstanz keine Enteignungen und ich sehe auch keine Notwendigkeit dafür.

Nun könnten Sie auf Investoren Druck ausüben und ihnen zum Beispiel auch die Erschließung des Gebiets mit Straßen, Kanälen, Netzen und so weiter übertragen. Macht ein Hafner in Konstanz das Projekt nicht wahnsinnig kompliziert?

Was die Erschließung angeht, gehen wir davon aus, dass wir das als Stadt Konstanz leisten können – wenn der Gemeinderat das will.

Aber 2030 wird durch diese neue Idee des Hafner in Konstanzer Hand doch niemand wohnen, wie eigentlich vorgesehen?

Genaugenommen geht es um zwei neue Ideen: die Stadtteil-Genossenschaft und den Bürgerfonds. Darin äußert sich auch ein Umdenken. Bisher hätte ich gesagt: Hauptsache schnell. Jetzt sage ich: Hauptsache, wir machen daraus ein Konstanzer Projekt. Notfalls um den Preis, dass es dann auch etwas länger dauert. Wenn wir sehen, wie Unternehmen wie die Vonovia oder die LBBW in Konstanz agieren, halte ich die Suche nach besseren, eigenen Lösungen für sehr wichtig.

Aber Herr Burchardt, in Konstanz zählt beim Wohnungsbau gefühlt jede Woche.

Klar. Aber erstens gehe ich nicht davon aus, dass diese Idee den Hafner verzögert. Und zweitens setzen wir für den aktuellen und mittelfristigen Wohnungsbedarf auf ganz andere Gebiete als dieses Langzeit-Projekt. Den Zähringer Hof haben wir im letzten Jahr abgeschlossen, am Pfeiferhölzle wird gerade ein neues Projekt gestartet und andere sind in Planung.

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Bis wann will die Stadt den Grundsatzbeschluss erteilt haben?

Gerne noch vor der Kommunalwahl. Wir zielen auf diesen April und wollen mit dem Thema direkt in den Gemeinderat gehen. Anfang 2020 wollen wir Sicherheit, denn dann steht der Beschluss zur Entwicklung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme an.