Es ist ein sonniger Frühlingstag, wie man sich ihn nur wünschen kann – und das animiert etliche Konstanzer zu einem Spaziergang. Auf den Rad- und Fußwegen zwischen Tägermoos, Kreuzlingen und Konstanz sind Deutsche und Schweizer unterwegs, um die Sonne zu genießen. Alles wie gewohnt. Alles wie immer?
Im Grünen irgendwo zwischen Deutschland und Schweiz
Axel Kraft zum Beispiel ist mit seiner Frau und seinem Baby unterwegs Richtung Kreuzlingen. Sie haben dort über die Spitalstiftung einen Garten gepachtet. Vor wenigen Minuten haben sie online davon erfahren, dass die Grenze zur Schweiz geschlossen werden soll. „Jetzt holen wir erstmal Werkzeug ab, wir wissen ja nicht genau, wann wir wieder dorthin können“, sagt Axel Kraft.

Auch seine Frau ist noch ganz beeindruckt von der Nachricht. Sie sei in Konstanz aufgewachsen, für sie gehörten Kreuzlingen und Konstanz zusammen, sie kenne es nicht anders. „Die Situation ist völlig irreal, dass jetzt Grenzen geschlossen werden“, sagt Sandra Kraft, „es fühlt sich fast so an, als würde jemand ein Zimmer von unserer Wohnung abtrennen.“
Am Emmishofer Zoll
Auch die Kreuzlingerin Silvia Rubin steht noch ganz unter dem Eindruck der Nachricht, dass ab Montagmorgen die Grenze geschlossen sein soll, jedenfalls für den normalen Reise- und Freizeitverkehr. „Ich gehe gern den See entlang spazieren und auch mal ins Lago„, sagt die Kreuzlingerin, „es ist sehr eigenartig, wenn die Grenze geschlossen wird. Konstanz gehört doch irgendwie zu Kreuzlingen.“

Sie finde diesen Schritt sehr schade, sei aber zwiespältig. Sie verstehe, dass die Behörden reagieren müssten und um die Eindämmung des Virus‘ bemüht seien. Trotzdem hoffe sie, dass die Grenze nicht lang geschlossen bleibe.
Silvia Rubin erinnert sich
Und dann fällt Silvia Rubin noch eine Geschichte ein. Sie habe jahrelang für das Unternehmen Schiesser in Radolfzell gearbeitet und sei mit ihrer Grenzgängerbewilligung täglich über die Grenze gefahren. „Ich hatte drei kleine Elefantenfiguren im Auto – und irgendwann kannten mich die Zöllner und sagten: ‚Ach, das sind ja Sie mit den Elefanten.‘“ Nachdenklich geht Rubin weiter.
Auch Armin Lutz hat eine solche Situation noch nie erlebt. Er lebt und arbeitet als Deutscher in Kreuzlingen, eben war er noch in Konstanz spazieren, jetzt ist er auf dem Heimweg. „Ich habe natürlich Freunde in Konstanz, habe dort ja drei Jahre gelebt“, sagt er. Sein Verständnis für die Maßnahme ist dennoch groß: „Ich nehme doch an, dass das nicht für immer sein wird.“ Zudem gehe er davon aus, dass er als deutscher Staatsbürger das Recht behalten werde, die Grenze nach Deutschland zu queren, sollte das nötig sein.

Der Betreiber des Dönerladens ist pessimistisch
Ein paar Schritte weiter nur steht man wieder auf deutschem Boden. Ruhig ist es hier, vielleicht ein wenig zu ruhig. Findet jedenfalls Ahmet Sari, Chef von Sultan Kebap, des ersten Dönerladens hinter der Grenze. Einige Kunden mehr würde er sich dringend wünschen. „Was soll ich sagen? Eine Grenzschließung ist natürlich sehr schlecht.“
Er habe deutlich mehr Schweizer Kundschaft als deutsche – bisher jedenfalls. Damit ist es jetzt vorbei. Die Kundschaft habe ihn über die bevorstehende Grenzschließung informiert, gerechnet habe er damit nicht. Wie er damit umgehen soll, weiß Sari noch nicht. „Wenn es so weiter geht, machen wir zu. Lange kann ich das wirtschaftlich nicht durchhalten“, fürchtet der Gastronom.
Ein Taxifahrer hofft das Beste
Sorgen macht sich auch Sido Amriko, ein Kumpel von Sari, der kurz vorbei schaut. Er ist Taxifahrer und lebt vor allem von Flughafenfahrten. Er habe im Fernsehen von der Grenzschließung erfahren. Jetzt ist er verwirrt. Er wisse zwar, dass Grenzgänger weiter in der Schweiz arbeiten dürften, wisse aber nicht, wo er Genaues erfahre. „Ich fahre jetzt zum Autobahnzoll und hoffe, dass dort jemand Auskunft geben kann“, sagt er.
Trotz allem – auch Amriko hat Verständnis für den Schritt. Er weiß aber auch, dass sein Geschäft am seidenen Faden hängt. Jetzt kann er nur abwarten – und hoffen, dass er weiter Kunden nach Zürich fahren darf. Und, dass überhaupt noch jemand an den Flughafen fahren will.