Im Sommer erwacht Konstanz zu vollem Leben. Mit den Besuchern kommen auch die Straßenmusiker in die Stadt. Sie spielen in kleinen Gassen, auf großen Plätzen, in engen Unterführungen.
Unter ihnen sind Aaron English, Zura Karalashvili und Shevket Arifov. Die drei Straßenmusiker stammen aus verschiedenen Ländern und spielen verschiedene Instrumente. Doch was sie eint, ist die Liebe zur Musik. Wir stellen Ihnen die drei Künstler vor.
Ein Musiker vom Bodensee
Aaron English sitzt barfuß im Schatten der Bäume auf dem Augustinerplatz. Hier zupft
der 24-Jährige lockere Reggae-Rhythmen auf der Gitarre, das Plätschern eines Brunnens begleitet ihn dabei. Er beginnt zu singen. English erzählt von der Entschleunigung des Alltags. Und die Menschen scheinen zu verstehen: Sie halten inne – und hören zu. Wenn auch nur wenige, wenn auch nur kurz.
Aaron English ist Konstanzer. In seinem Leben abseits der Musik macht er eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Auf der Straße spielt er erst seit wenigen Monaten: „Zwei, vielleicht drei Mal pro Woche. Und meistens zu dritt“, erzählt English weiter.
Für ihn sind es die Begegnungen mit den Menschen, die sein Teilzeitleben als Straßenmusiker besonders machen: „Die Leute bleiben nur dann stehen, wenn ihnen gefällt, was sie hören“, sagt English.
Die Lieder, die er an diesem Tag vorträgt, hat English selber geschrieben. Die Einflüsse: World Music, Reggae, Soul. „Mein Vater hat mir sein Talent mit auf den Weg gegeben“, sagt English – und beginnt wieder zu singen.
Ein Georgier zu Gast in Konstanz
Zura Karalashvili steht vor einem Modegeschäft am Rande der Kanzleistraße. Hier weht ein Hauch der 68er durch die Gasse. Und die Schellen an Karalashvilis Fuß geben den Rhythmus vor. Der 62-Jährige schmettert Bob Dylans Hit „Blowin‘ in the Wind“ in die Welt, begleitet von Gitarre und Mundharmonika. Ein Lied, das auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung die Menschen dazu bewegt, inne zu halten – und eine Münze in Karalashvilis Plastikbecher zu werfen. Für jedes Klingeln gibt es von ihm eine Verbeugung zum Dank.
Zura Karalashvilli ist Georgier und kommt aus Rustawi, einer Stadt im Zentrum des Landes. Dort führt der 62-Jährige einen kleinen Club, in dem Künstler und Musiker auftreten. Der Name: Imagine – in Anlehnung an John Lennons Welthit.
„In Konstanz bin ich zu Besuch bei meinen beiden Töchtern“, erzählt Karalashvilli – und deutet auf zwei unweit von ihm stehende Frauen. An diesem Tag ist es das erste Mal überhaupt, dass er auf der Straße Musik macht. „Hier spiele ich nicht für das Geld, sondern für die Menschen“, sagt Karalashvili.
Welches Jahrzehnt Zura Karalashvili musikalisch geprägt hat, lässt sich schon bei dessen Anblick ablesen: runde Sonnenbrille, Lederweste, Jeanshemd. „Natürlich die Musik der 1960er. Die Beatles, Bob Dylan, John Lennon„, sagt Karalashvili grinsend – und schmettert weiter die Lieder seiner Idole.
Ein Ukrainer auf der Durchreise
Shevket Arifov sitzt auf einem Klappstuhl im Nadelöhr zwischen Innenstadt und Seepromenade: der Marktstättenunterführung. Genauso flink, wie seine Finger sich beim spielen des Akkordeons bewegen, huschen hier die Menschen an dem 43-Jährigen vorbei. Immer wieder klimpert es im Instrumentenkasten. Den Menschen gefällt die klassische Musik. Verweilen aber wollen an diesem Ort nur wenige, sie eilen lieber an den See oder in die Altstadt.
Shevket Arifov ist Ukrainer. Die Krim ist das Zuhause des 43-Jährigen. Als Berufsmusiker, der in Donezk seine Akkordeon-Ausbildung absolvierte, unterrichtet er in seinem Heimatland junge Menschen.
„Und seit 20 Jahren ziehe ich zwei Monate im Jahr durch Europa„, erzählt Arifov in beinahe perfektem Deutsch. Durch die Niederlande, Italien, Österreich, die Schweiz – und Deutschland. „Jedes Land hat etwas besonderes“, sagt Arifov.
Seit dem fünften Lebensjahr spielt Shevket Arifov das Akkordeon. „Vor allem klassische Musik, also Vivaldi, Bach oder Beethoven“, sagt er – und schiebt hinterher: „Aber es gibt auch tolle ukrainische Komponisten.“ Also beginnt er zu spielen.