10.28 Uhr: Ablegen im Konstanzer Hafen

Es ist Vormittag in Konstanz, das Hafenbecken ist gut gefüllt. Eine freie Anlegestelle gibt es nicht mehr. Zu viele Boote haben hier festgemacht. Auch der Katamaran liegt vor Anker. Er bringt Pendler und Touristen aus Friedrichshafen in die Konzilstadt, über der das imposante Münster thront.

Bild 1: Vom Konstanzer Hafen bis zum Wollmatinger Ried – Kommen Sie mit auf eine Bootstour in Bildern
Bild: Reinhardt, Lukas

Knapp 390.000 Fahrgäste absolvierten im Jahr 2022 die 52-minütige Überfahrt zwischen Konstanz und Friedrichshafen. Mit einem lauten Signal aus dem Horn kündet der Katamaran schließlich seinen Abschied an. Er legt ab. Wir folgen ihm.

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Kurz nach der Ausfahrt aus dem Hafenbecken trennen sich die Wege aber auch schon wieder. Während der Katamaran sich auf dem Obersee in Richtung Horizont schiebt, fahren wir auf den Seerhein.

Ein Kormoran, der auf einem Holzpfahl sitzend nach Beute späht, kündigt bereits an, was uns schon bald im Wollmatinger Ried erwartet: unzählige Wasservögel.

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Doch vorher geht es vorbei an der Seestraße, vorbei an den Prachtbauten im Jugendstil. Errichtet wurden die Gebäude in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Während der Nazi-Zeit wurde dieser pittoreske Bereich zeitweise in Adolf-Hitler-Ufer umbenannt.

Den Untergrund für die Bebauung, auf dem sich heute auch die von Platanen gesäumte Flaniermeile erstreckt, hatten Arbeiter zuvor durch Aufschüttung gewonnen. Heute zählt die Seestraße zu den beliebtesten Postkartenmotiven der Stadt.

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Während unser Boot mit einer erlaubten Maximalgeschwindigkeit von zehn Stundenkilometern über den Seerhein tuckert, spitzt ein erneut ein bereits bekanntes Wahrzeichen zwischen historischen Häuserfassaden hindurch.

Es ist das Münster, 78 Meter hoch, mit einer Geschichte, die mehr als ein Jahrtausend zurückreicht. Das katholische Gotteshaus steht für eine Zeit, in der Konstanz das religiöse Zentrum der Region darstellte. Denn bis ins Jahr 1821 war das heutige Münster der Dom des Bistums Konstanz. 1955 erhob Papst Pius XII. das Konstanzer Münster zur Basilika.

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Auf der anderen Seite des Seerheins ein gegensätzliches Bild. Zwischen modernen Kastenbauten aus Beton und Stahl hindurch erscheint hier die Mevlana-Moschee.

Das muslimische Gotteshaus ist ein Wahrzeichen für die religiöse Weltoffenheit der Stadt. Anfang der 2000er-Jahre errichtet, galt das Minarett der Moschee mit 35 Metern lange Zeit als das höchste Deutschlands.

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Das urbane Ufer des Seerheins, das in der Vergangenheit nach und nach saniert und modernisiert wurde, ist mittlerweile gespickt mit Sonnenanbetern.

Um die hohen Temperaturen erträglicher zu gestalten, springen sie in das kühlende Wasser und lassen sich mit der Strömung einige Meter in Richtung Schänzlebrücke treiben.

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Nach der mehrspurigen Schänzlebrücke passieren wir ein weiteres Areal mit bewegter Geschichte. Stromeyersdorf, Ende des 19. Jahrhunderts von Ludwig Stromeyer auf einem 150.000 Quadratmeter großen Gelände am Seerhein errichtet, beherbergte unter anderem eine Fabrikanlage für Textilien, Zelte, Gewebe.

Die Bleiche am Ufer des Flusses erinnert an diese Hochzeit der Textilindustrie im Südwesten. Heute befindet sich in dem Gebäude unter anderem ein Restaurant. Nebenan – direkt am Seerheinufer – gibt es einen Biergarten.

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Direkt daneben ragt der 34 Meter hohe einstige Wasserturm von Stromeyersdorf in die Höhe. Er wurde im Jahr 1910 in Folge eines verhängnisvollen Fabrikbrandes errichtet. Jahrelang diente er dann als Speicher für Löschwasser.

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Ende der 2000er-Jahren wurde der Turm umfangreich saniert. Seitdem finden dort Ausstellungen statt. Im Inneren sind zudem eine Lounge, ein Seminarraum und Büros zu finden.

10.56 Uhr: Das Naturschutzgebiet zur Rechten

Nach Stromeyersdorf wird das Ufer grüner. Wir verlassen den urbanen Seerhein und tauchen ein in die Natur, die das Schutzgebiet des Wollmatinger Rieds auf der deutschen Seite bewahren soll.

Viele Menschen genießen an diesem Ort die Ruhe abseits der Stadt. Im Stehen paddeln sie auf aufblasbaren SUP-Boards über den Seerhein, die fast unberührte Natur zu ihrer Rechten.

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Zu ihrer Linken zieht mittlerweile das Schweizer Ufer vorbei – und mit ihm das Schloss Gottlieben. Darin wohnte die Opersängerin Lisa della Casa bis zu ihrem Tod im Jahr 2012. Zu Lebzeiten sang sie weltweit, auf Schweizer, Wiener, Pariser, Londoner und New Yorker Bühnen.

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Nur einmal öffnete della Casa die Türen ihres rund 800 Jahre alten Schlosses, nämlich zu ihrem 90. Geburtstag. Im Jahr 2023 kaufte eine andere Opernsängerin, nämlich Tatjana Gazdik, das Anwesen für mehrere Millionen Franken.

Ähnlich malerisch wie das Schloss gibt sich auch der Ort Gottlieben. Rund 300 Einwohner zählt die Gemeinde am See, die in der Vergangenheit aufgrund ihrer Lage immer wieder besonders stark von Hochwasser betroffen war. Wie an Pfingsten 1999. Damals sorgte ein Hochwasser dafür, dass die historischen Häuser am Seerhein geflutet werden mussten.

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Das Wollmatinger Ried auf deutscher Seite litt damals ebenfalls unter den Wassermassen. Heute haben die Kormorane nichts zu befürchten. Ein gutes Dutzend von ihnen sitzt auf einem der hochgewachsenen Bäume und späht in die Ferne.

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Sie sind Teil der Artenvielfalt, die das Wollmatinger Ried als besonders auszeichnet. Das Naturschutzgebiet erstreckt sich auf 757 Hektar vom Ufer des Seerheins bis hin zum Gnadensee. Es bietet Lebensraum für 600 Pflanzenarten und 290 Vogelarten.

Dieser Inhalt, erstellt von Lukas Reinhardt, erschien erstmals im August 2019. Die letzte Etappe vom Wollmatinger Ried in den Gnadensee lesen und sehen Sie in der nächsten Folge.