Svetlana Prasser arbeitet im Restaurant in der Herzklinik. Am vergangenen Freitagabend hatte sie gegen 19 Uhr Feierabend. Sie machte das, was sie dann immer macht. Die 51-Jährige holte den Hund aus ihrer Wohnung in der Mainaustraße schräg gegenüber der Zufahrt zum Klinikneubau und ging mit ihm im Park beim Krankenhaus spazieren.
Frische Luft atmen, abschalten, auf andere Gedanken kommen.
"Auf einmal hörte ich Sirenen von überall", erinnert sie sich. "Ich hatte keine Ahnung, was los war, da ich nichts sehen konnte." Als sie am Kiosk gegenüber des Suso-Gymnasiums ankam, erkannte sie aus der Ferne, wie die Flammen aus dem Krankenzimmer schlugen.
Instinktiv ging sie ins Foyer des Neubaus.
„Immer mehr Menschen kamen hierher, Patienten und Angehörige. Ich habe sofort gefragt, ob ich helfen kann. Gucken bringt ja nichts, man muss auch anpacken.“
Mitarbeiter der Klinik baten sie, kurz zu warten, bis sie sich einen Überblick verschafft hätten. "Ich habe dann schnell meinen Hund Max heimgebracht und bin sofort wieder zurück an die Rezeption."
Sie wurde schließlich zum Ärztehaus geschickt. Hier waren bereits zahlreiche Rettungskräfte von Feuerwehr, Rotes Kreuz und Polizei. "Ich war die einzige zivile Person", sagt sie. "Daher wurde mir ein Pflegekittel gegeben."
Und schon war sie mittendrin. Patienten wurden von den Feuerwehrleuten aus dem betroffenen Bereich der Inneren Medizin auf Ebene G über den hohen Rettungsturm nach unten gebracht.
"Hier haben wir sie in Empfang genommen und mit Rollstühlen ins Ärztehaus geschoben, wo sie versorgt wurden." Sie wusste, dass auf Ebene G bettlägerige Patienten untergebracht sind, "denn meine Mutter lag dort, als sie einen Schlaganfall hatte".
Svetlana Prasser hatte große Bedenken, dass sich die Flammen unkontrolliert ausbreiten könnten. "Dann hätten rund 200 Patienten aus dem Gebäude gebracht werden müssen. Das wäre ganz schlimm gewesen." Doch sie bekam recht schnell mit, dass der Brand unter Kontrolle war und die Brandschutzmaßnahme ein Übergreifen auf andere Zimmer und Ebenen verhinderten.
Erfahren in Erster Hilfe
Aufgrund ihrer Arbeit im Restaurant der Herzklinik ist sie ausgebildet und erfahren in Erster Hilfe. "Ich wusste also, wie ich mit den Patienten umgehen musste", erzählt sie.
Trotz der Kälte waren einige nur mit Unterhemd und Unterhose bekleidet – es blieb keine Zeit sich umzuziehen. "Wir hatten auch Decken", erinnert sich Svetlana Prasser. Positiv ist ihr eine Tatsache in Erinnerung geblieben:
„Es herrschte keine Panik unter den Rettern und Helfern. Das hat sich auf die Patienten übertragen. Alle Rettungskräfte haben einen sehr guten Eindruck gemacht. Das hat allen geholfen.“
Svetlana Prassers erwachsener Sohn saß derweil in seiner Wohnung und wusste nicht, wie es seiner Mutter ging. "Ich hatte ihm nur schnell per Handy gesagt, dass ich helfen musste und dass mein Akku fast leer ist und ich nicht mehr erreichbar sein würde", berichtet sie.
Um ungefähr 21.30 Uhr, als der Brand unter Kontrolle war und die Patienten in Sicherheit waren, verließ sie das Klinikgelände und ging nach Hause. Mittlerweile wusste sie, dass es ein Todesopfer gab. "Das macht das Unglück noch schlimmer", sagt sie. "Aber wenn man die Flammen gesehen hat, dann musste man fast damit rechnen."
Daheim kam die große Leere
Zuhause angekommen, übermittelte sie ihrem Sohn die Nachricht, dass es ihr gut ginge. Danach funktionierte sie nur noch irgendwie. "Es lief vor meinen Augen ein Film ab", erzählt Svetlana Prasser. "Ich hatte keinen Hunger, ich war nicht müde. Es war seltsam."
Sie ging mit dem Hund spazieren und versuchte einzuschlafen. "Das war schwierig. Und ich habe schlecht geträumt, aber ich weiß nicht mehr was. Aber die Nacht war nicht gut."
Am nächsten Vormittag ging sie wie jeden Samstag auf den Wochenmarkt am Sankt-Gebhard-Platz. Überall wurde über den Brand geredet. "Es war ein Gefühl, als wäre ich gar nicht da", erklärt die 51-Jährige. Die Erinnerungen an den Klinikbrand 2008 kamen hoch. "Damals wurden die Container mit Operationssälen aufgestellt. Das Bild habe ich noch genau vor mir. Das war schrecklich."
"Ich möchte nicht, dass man mir dankt"
Mittlerweile ist ein wenig Normalität zurückgekehrt – auch wenn das verkohlte Zimmer auch von Weitem noch auf den Brand hinweist. "Aber es ist wichtig für die Menschen, dass der Alltag zumindest halbwegs wieder da ist. Ich bin froh, wenn man hoffentlich bald nichts mehr sieht von dem Brand."
Sie selbst betrachtet ihre Hilfsbereitschaft ganz und gar nicht als besonders oder gar heroisch.
„Nein, nein, ich bin doch keine Heldin. Man muss doch helfen, wenn es möglich ist. Ich habe nicht darüber nachgedacht, ob es gefährlich sein könnte. Ich habe einfach nur das gemacht, was machbar ist und normal sein sollte. Ich möchte auch nicht, dass man mir dankt.“Svetlana Prasser