Frau Waelder-Vollmer, kurz zusammengefasst: Welche Aufgabe haben Sie als Psychotherapeutin bei der Begleitung von Transgendern?
Die Psychotherapie soll Transgendern helfen, sich über ihre Erwartungen an die neue Geschlechtsrolle und die Lebbarkeit ihres Wunsches klar zu werden und ihre Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Transsexualität ist keine Krankheit, auch wenn sie nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation und nach dem medizinischen Diagnose-Katalog ICD-10 noch immer zu den Störungen der Geschlechtsidentität zählt.
Das heißt, die Begleittherapie muss nur wegen dieser festgelegten Kriterien überhaupt stattfinden?
Nein, denn viele Betroffene geraten wegen des falschen Geschlechts in eine seelische Krise, deshalb suchen sie therapeutische Hilfe. Häufig fühlen sie sich beschämt und hilflos zugleich, ihre Familie und ihre Freunde reagieren merkwürdig – das alles lässt sie leiden und an sich sowie ihrem Anderssein verzweifeln. Sie werden häufig depressiv, quälen sich mit Selbstmordgedanken, oder haben andere Probleme, manche nehmen Drogen oder Alkohol, um die Realität zu vergessen.
Worin sehen Sie Ihre Aufgabe während der 18-monatigen Zusammenarbeit?
In der Therapie geht es darum, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, ohne Bewertung, egal wo der Weg hinführt. Jeder bestimmt selbst, was er betrachten oder bearbeiten möchte.
Viele Transgender erleben die gesetzlichen Regelungen zur Änderung des Namens- und Personenstands als erniedrigend. Sie auch?
Die gesetzliche Regelung halte ich für durchaus sinnvoll für Transgender, die sich noch nicht sicher sind in ihrer Transidentität.
Sollten die Hürden einer Geschlechtsanpassung, auch die finanziellen, kleiner sein?
Die Kosten für die Therapie und die Operation zur Geschlechtsanpassung werden von den Krankenkassen getragen. Die grundsätzliche Frage, die man sich stellen kann, ist, ob die Gutachterverfahren bei Gericht notwendig sind, oder ob 18 Monate Psychotherapie ausreichen.