Nein, ein großer Bahnhof wurde Michael Groh nicht bereitet. Dem Leiter des Regionalbereichs Südwest der Deutschen Bahn schlug bei seinem Bericht im Technischen und Umweltausschuss statt eines feierlichen Empfangs Ärger und Frust über den Rückschlag bei der Barrierefreiheit am Hauptbahnhof entgegen. Im Dezember wurde bekannt, dass sich die Modernisierung bis mindestens 2021 verzögert. Erst dann soll die Erhöhung der Bahnsteige vollzogen sein, sollen Menschen mit Behinderung, Senioren oder Familien mit Kinderwagen problemlos ein- und aussteigen können. Auch Aufzüge fahren voraussichtlich erst ab Mai 2019, der Rohbau soll laut Groh im August dieses Jahres starten.

"Kein Aushängeschild, sondern höchstpeinlich"

Der sprichwörtliche große Bahnhof stammt aus dem 19. Jahrhundert, als diese als nahezu sakrale Bauten des Fortschritts gefeiert wurden. "Der Bahnhof Konstanz ist kein Aushängeschild, sondern teils eine höchstpeinliche Angelegenheit", fasste Stephan Kühnle (Freie Grüne Liste) die mehrheitliche Stimmung seiner Ausschusskollegen zusammen. Einen klaren Auftrag erhielt Regionalbereichsleiter Groh von Stephan Grumbt. "Setzen Sie alles daran, dass sich alle Menschen uneingeschränkt am Bahnhof bewegen können", sagte der Behindertenbeauftragte der Stadt.

Groh zeigte Verständnis, erinnert auf Nachfrage aber daran, dass Konstanz 2009 eine der ersten Kommunen gewesen sei, mit denen die Bahn in die Planung für eine barrierefreie Neugestaltung gegangen sei. "Zwei Jahre später wurden wir vom Gemeinderat abgewatscht, weil unsere Lösung als unwürdig und zu klein für eine Stadt wie Konstanz bezeichnet wurde," sagt Groh. Dies habe zu Verzögerungen von drei bis vier Jahren geführt.

Erneuerung der Bahnhoffront kostet bis zu 15 Millionen Euro

Einen neuen Stand gibt es bei der Entwicklung von Ladenzeile und Schweizer Bahnhof. Die Deutsche Bahn befinde sich laut Michael Groh in Abstimmung mit der Stadt, um die veralteten Gebäude zu sanieren. "Voraussetzung ist, dass das Projekt wirtschaftlich ist", erklärte er. Das bedeutet, dass die verhältnismäßig hohen Kosten für Abbruch und Neubau durch ein Entgegenkommen der Stadt abgefedert werden. Groh nennt einen zweistelligen Millionenbetrag von zehn bis 15 Millionen Euro, die der Neubau komplett kosten würde. Unter anderem wünscht sich die Bahn von der Stadt Zugeständnisse bei der Sichtachse von der Marktstätte. Die Stadt sieht für den Bahnhofsvorplatz bisher eine möglichst freie Sicht von dort in Richtung Hafen und See vor.

"Es ist unser Bestreben, dass das Projekt innerhalb der kommenden fünf Jahre wesentlich abgeschlossen ist", sagt Michael Groh. Wesentlich abgeschlossen bedeutet, erklärt Groh nachträglich, "dass ich sehr zufrieden wäre, wenn ab 2021 gebaut wird". Die Bauarbeiten würden folglich vom Innern des Bahnhofs auf den Vorplatz verlegt.

Fahrräder am Bahnhof

Der Rahmenplan der Stadt sieht am Bahnhof eine Abstellanlage für bis zu 800 Fahrräder vor. Auch hier wünscht sich die Bahn – wegen geschätzer Kosten von drei Millionen Euro – ein Entgegenkommen der Stadt, zum Beispiel beim Abrufen von Fördermitteln. Vorstellbar ist ein Fahrradparkhaus unter der neuen Bahnhof-Front. (bbr)