Dr. Kade baut Berliner Standort aus." So lautete die viel versprechende, aber doch irre führende Überschrift einer Pressemeldung des traditionsreichen Unternehmens, das seit 1962 in Konstanz eine zweite Heimat hat. Das klingt zunächst natürlich nett. Führende Wirtschaftsköpfe verkleiden einen eventuell drohenden personellen Kahlschlag gerne in solche Worthülsen. Ein paar Sätze später kommt dann der für unsere Region entscheidende Appendix: "Der zweite Produktionsstandort in Konstanz soll bis voraussichtlich Ende des Jahres verkauft werden. Geplant ist, dass Dr. Kade aus dem Konstanzer Werk auch weiterhin Fertigware bezieht und neue Produkte durch den Käufer hinzukommen." Die Produktion an dem Standort sei zuletzt nicht hoch genug ausgelastet. So oder so ähnlich wurden vor sechs Tagen die Mitarbeiter der Konstanzer Niederlassung informiert. Die drei Geschäftsführer hätten auch sagen können: "Wir verkaufen Euch, da Ihr für unseren Geschmack nicht mehr genügend Geld macht." 2016, so ist im Geschäftsbericht zu lesen, hatte das Unternehmen übrigens einen Umsatz von 120 Millionen. Erwirtschaftet auch und unter anderem von den Menschen in Konstanz.

Wie schwierig es ist, tatsächlich alle 196 Arbeitsplätze zu sichern, dürfte jedem Beteiligten klar sein. Nur für den Fall, dass der neue Besitzer eine identische Struktur haben möchte wie jetzt Dr. Kade, sollte dies gelingen. Aber wer möchte schon einen kompletten Standort mitsamt aller Arbeitsplätze kaufen, der gerade eben wegen mangelnder Auslastung abgestoßen wurde? Wahrscheinlicher ist es, dass ein Investor vereinzelte Bereiche aus Konstanz übernimmt und den Rest, salopp gesagt, abstößt. Dieses Abstoßen wird dann durch den Preis geregelt. Alles Verhandlungssache. Ich kaufe nur diesen und jenen Bereich, zahle dafür so und so viel Millionen weniger, also bitte, lieber Dr. Kade, sehe zu, dass die Bereiche vor dem Verkauf kostenneutral entsorgt werden. So läuft das heute in der Wirtschaft. Dass hinter jedem Arbeitsplatz ein Mensch und eine Familie steckt, ist erst einmal nebensächlich. Traurig.