Wo sich englische Angler und italienische Dichter gute Nacht wünschen

Als eines der ältesten Konstanzer Wirtshäuser war das Gasthaus Hecht am Fischmarkt mehr als vierhundert Jahre lang eine beliebte Unterkunft für Reisende nördlich und südlich der Alpen. Einer der frühen Besucher war zum Beispiel der italienische Dichter Benedict de Pileo, der Konstanz zwar als kalt und regnerisch empfand, aber dafür die frischen Äpfel, das weiße Brot und die wärmenden Öfen lobte. "Italien möge schweigen" – postulierte er in einem Brief begeistert.
Auch der französische Humanist Michel de Montaigne fand, die Küche sei kaum mit der des französischen Adels zu vergleichen.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch direkt am See, war das Gasthaus Hecht besonders bei englischen Anglern sehr beliebt, denn der Bodensee galt damals schon als attraktives und angesagtes Urlaubsziel. Ebenso kehrten die heimischen Ratsherren nach ihren Sitzungen im hohen Ministerium der Stadtrepublik, der heutigen Südwestdeutschen Philharmonie, in das Gasthaus am Fischmarkt ein.
Mal Herrscherresidenz, mal Gefängnis
Ob für Zar Alexander, Johann Wolfgang von Goethe oder Kaiser Louis Napoléon III – aufgrund seiner Nähe zur Schweiz und als erstes Haus am Platz war das Gasthaus zum Goldenen Adler ein Anziehungspunkt für den niederen und hohen Adel. Der französische Kaiser Napoléon III. soll von seiner Residenz im nahegelegenen Arenenberg zahlreiche Ausflüge nach Konstanz unternommen und sich hier mit seinen kartenspielenden Freunden – und auch in Gesellschaft vieler junger Damen – im Adler die Zeit vertrieben haben.
Aus Dankbarkeit schenkte Napoléon III. dem Wirt sogar einen goldenen Adler, der heute noch die Spitze des Hauses ziert.

Seinen ungewöhnlichsten und kurzzeitigsten Funktionswechsel in seiner über 580 Jahre alten Geschichte erfuhr der Goldene Adler allerdings Mitte des 16. Jahrhunderts, als zwei Chorherren von St. Johann wegen eines Streits über ihr Einkommen in Eisen gelegt und von vier Bürgern bewacht für knapp 30 Tage in den Räumen des Gasthauses in Haft gehalten wurden, wie Werner Schenkendorf im Buch über Konstanzer Baudenkmale berichtete.
Das Barometer Konstanzer Geschichte

Wiege des deutschen Königs- und Kaiserhauses, als am 18. April 1417 der deutsche König Sigismund am Obermarkt den Burggrafen von Nürnberg mit der Mark Brandenburg belehnte.
Kaffeehaus im Wiener Stil zu Konstanz' Zeiten als Sitz der vorderösterreichischen Regierung.

Postzentrale und im 20. Jahrhundert unter dem Besitz der Familie Miehle modernstes Hotel am Platz mit einer Dampf- und Zentralheizung mit fließend Kalt- und Warmwasser.
So vielseitig ist die Geschichte des "Barbarotznas" – wie die Stammgäste das Hotel Restaurant Barbarossa entsprechend Elisabeth Müller-Widmann Beitrag in dem Buch "Geschichten aus dem alten Konstanz" getauft haben sollen. Was das Traditionsgasthaus mit dem berühmten Staufer-Kaiser Barbarossa verbindet und ob die Abgesandten von Lodi und Konstanz um 1155 wirklich nach den Verhandlungen über deutsch-italienische Angelegenheiten in der damaligen Weinschenke feierten, ist nur sehr unsicher belegt.
Ein Wirtshaus mit Wanderlust

Mit der ersten Erwähnung 1352 galt sie zusammen mit dem Gasthaus Adler als das vielleicht älteste Wirtshaus Badens und das zweitälteste Deutschland: Die Krone, heutiges Sternerestaurant "Colette Tim Raue", Bistro "Pano" sowie Premium-Seniorenresidenz "Tertianum".
Denn jeden Tag queren mehrere tausend Menschen seine ursprünglichen Gründe, wahrscheinlich ohne es zu ahnen: Die Brotlaube. Jedoch stand das Wirtshaus einem Straßendurchbruch von der Marktstätte zum Fischmarkt buchstäblich im Wege und musste 1592 mitsamt Namen und Wirtsgerechtigkeit einige Meter nach rechts auf den benachbarten Gasthof Kiel ausweichen.

240 Jahre vergingen, bis das Lokal erneut abgerissen wird und in das rechts benachbarte "Blarersche Anwesen" umzieht. An seiner bisherigen Stelle legt das Spital zunächst einen Garten an und lässt schließlich den heutigen Saalbau errichten.
Immer am Puls der Zeit

Schon zu seiner Zeit als "Brauerei zum Schweizerhaus" reagierten die damaligen Inhaber auf die Bedürfnisse der Viehhändler und -käufer des anliegenden Rindermarktes und richteten unter großem Zuspruch eine erste Schankwirtschaft ein – die sich bis heute mit preisgekröntem Erfolg erhalten hat. Auch die ab den 1930er Jahren einsetzende Massenmobilität geht auch an Konstanz nicht spurlos vorbei.
Der Gasthof Goldener Sternen im ehemaligen Gebiet Stadelhofen hat sich diese Entwicklung, seine Nähe zur schweizerischen Grenze und den stetig zunehmenden Fremdenverkehr – nach Karsten Meyer Chronik "Konstanz in alten Bildern" um 1937 über 14.000 pro Jahr – zu Nutze gemacht, indem er seinem Lokal eine Tankstelle mit Autowerkstatt angliederte.

Sein Namensvetter in Petershausen gab dem "Sternenviertel" und dem "Sternenplatz" Mitte des 19. Jahrhunderts übrigens seinen Namen, musste aber 1936/37 im Zuge der Umgestaltung der Verkehrsführung weichen.