Eva Marie Stegmann

Beinahe ein Dreivierteljahr ist es her, dass Konstanz als erste deutsche Stadt den Klimanotstand ausgerufen hat. Die Initiatoren waren die Aktivisten von Fridays for Future. Mit dem Klimanotstand verpflichtete sich die Stadt auch, alle sechs Monate Bericht zu erstatten. Mit zehn Wochen Verspätung ist er jetzt fertig, der erste Klimaschutzbericht der Stadt Konstanz. Fünf Mitarbeiter haben ihn verfasst, abbilden soll er alle städtischen Bemühungen im Dienste der Umwelt seit dem 3. Mai 2019.

3. Mai 2019: Auf einer Pressekonferenz des Oberbürgermeisters mit Aktivisten von Fridays for Future wird der Klimanotstand ausgerufen.
3. Mai 2019: Auf einer Pressekonferenz des Oberbürgermeisters mit Aktivisten von Fridays for Future wird der Klimanotstand ausgerufen. | Bild: Kares, Julian

 

Das Herzstück sind 70 Maßnahmen fürs Klima von der energetischen Generalsanierung der Grundschule Wallgut bis hin zur Erhöhung der Parkgebühren. Einige sind noch im Planungsstadium, andere bereits umgesetzt.

Voraussetzungen schaffen: Geld, Zeit, Personal

Auch, wenn sie sich nicht als direkte CO2-Ersparnis verbuchen lassen, sind sie im Bericht aufgeführt: Die Voraussetzungen, die geschaffen werden mussten, um die 70 Projekte in Angriff zu nehmen. Das wäre zuallererst die Bereitstellung von Geld: Dafür haben Stadtrat und Verwaltung den bereits fertigen Haushalt noch einmal geöffnet – und einige Millionen zusätzlich eingestellt.

Insgesamt 9,3 Millionen Euro

Fünf Millionen Euro heißt es im Bericht, wovon jedoch 1,9 Millionen Euro bereits in der Vergangenheit beschlossen wurden. Ganz konkret sind es demnach 2,2 Millionen Euro mehr für das Klima plus eine Deckungsreserve in Höhe von 900.000 Euro. Dazu kommen 4,3 Millionen Euro aus dem Finanzhaushalt für klimaschutzrelevante Investitionen. Insgesamt sind es 9,3 Millionen Euro.

Löwenanteil fließt in technische Gebäudesanierung

Der Löwenanteil der zusätzlichen Mittel fließt mit 700.000 Euro in die technische Gebäudesanierung. Kommunale Gebäude und Anlagen sind laut einer Bewertung auch das Feld, auf dem die Stadt Konstanz am meisten Energie einsparen kann. Die Sanierung vieler Altbauten, die zwar schön aussehen, aber häufig stark beheizt werden müssen, steht auf dem Plan.

Demo für den Klimanotstand in Konstanz.
Demo für den Klimanotstand in Konstanz.

Mehr Personal und eine Änderung für alle

Auch personell stockte die Verwaltung auf. Insgesamt vier neue Stellen entstanden: ein Mitarbeiter im Energiemanagement soll den Verbrauch städtischer Gebäude genau erfassen – und anschließend Einsparungsvorschläge machen. Zwei neue Mitarbeiter im Bereich Mobilität kümmern sich um Fußverkehr und Mobilitätsmanagement. Ihr Hauptziel: Die Konstanzer weg vom Auto, hin zu umweltfreundlicheren Fortbewegungsmitteln locken. Die vierte Stelle ist für die Koordination aller Klimaschutzbemühungen der Stadt Konstanz gedacht. Besetzt wird sie von Lorenz Heublein, der den Bericht heute Abend im Gemeinderat präsentiert.

Alle müssen umdenken

Für ihn bedeutete die Aufgabe auch, wie er im Gespräch mit dem SÜDKURIER berichtet, Menschen zusammenzubringen, die bisher nicht zusammengearbeitet haben. Über einzelne Fachbereiche hinweg. „Dieses Umdenken erfordert Zeit und Anstrengung – von allen gemeinsam“, sagt er.

70 Maßnahmen, manche konkret, andere nicht

70 Klimaschutzmaßnahmen wurden 2019 gesammelt und stehen nun in dem Bericht. Manche konnten bereits begonnen oder umgesetzt werden und sind sehr konkret. Wie etwa Photovoltaik-Anlagen auf Wobak-Gebäuden oder eine Rubrik zum Klimaschutz im Amtsblatt. Auch der Klimabürgerrat hat gestern zum ersten Mal getagt.

Teureres Parken noch im Jahr 2020? Laut Plan: Ja.

Andere Pläne sollen in diesem Jahr kurzfristig umgesetzt werden. Beispiele dafür sind: mehr öffentliche Parkplätze mit Lademöglichkeit, ein „klimafit“-VHS-Kurs oder ein Klimaschutz-Jugendprojekt im Berchengebiet. Sieht man sich den Bereich der geplanten Umsetzungen genauer an, wird jedoch schnell klar, dass es sich bei einigen Punkten eher um Wünsche handelt. So steht auf der Liste „Parken verteuern“. Auf Nachfrage des SÜDKURIER gaben Vertreter der Stadt an, dass dies von den Betreibern der Parkhäuser abhänge, mit denen man sich demnächst treffen wolle. Ein konkreter Termin sei noch nicht anberaumt. Für die nächsten Jahre ist auch die autofreie Altstadt sowie der autofreie Stephansplatz anvisiert. Auch das wohl eher Wünsche als konkrete Ziele.

Fazit: Gutes Messinstrument für noch folgende Berichte

Insgesamt bietet der erste Klimaschutzbericht der Stadt Konstanz einen guten Gesamtüberblick. Wer wissen will, was die Stadt bereits tut oder vorhat, für den lohnt ein Blick in das Papier. Wer jedoch ausschließlich konkrete Ergebnisse oder die Höhe an CO2-Einsparung wissen will, der wird enttäuscht. Der Bericht enthält mehr Wünsche und Pläne als Ergebnisse. Aber: Für den ersten Aufschlag ist das vielleicht gar nicht so schlecht. An diesem ersten Klimaschutzbericht können sich in Zukunft alle noch folgenden Berichte messen lassen.

Der Gemeinderat tagt heute um 16 Uhr im Ratssaal, Kanzleistraße 15. Fridays for Future hält ab 15.30 Uhr eine Mahnwache.