Wer hier entlangfährt, wundert sich erst einmal. Was passiert da auf dem Parkdeck entlang der Wollmatinger Straße zwischen Bismarcksteig und Goethestraße? Dunkle Platten und helle Holzlatten ragen in die Höhe, es sieht nach Baustelle aus. Und das auf dem Deckel einer Park-Palette? Ja, sagt Bruno Ruess, der Chef der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak, "hier schaffen wir Wohnraum". Sechs kleine Häuser entstehen – ohne Garten, ohne Keller. Aber mit großzügigem Wohnzimmer, Abstellraum, zwei Kinderzimmern und einem Elternschlafzimmer. Und zu einem Preis, der für Konstanzer Verhältnisse noch unter die Rubrik "bezahlbar" fällt.

Warum der Platz als Bootslager zu schade ist

Einen Monat ist Bruno Ruess noch im Amt, doch auch kurz vor dem Ruhestand lässt ihn der Ehrgeiz nicht los. Das Parkdeck einer Wobak-eigenen Anlage in Petershausen sei kaum nachgefragt gewesen. Also vermietete die Wobak Stellplätze über den Winter für ausgewasserte Boote. "Aber wenn uns Wohnungen fehlen", sagt Ruess, "können wir den Platz noch nicht für Boote hergeben." Herausgekommen ist eines der interessantesten – und am wenigsten umstrittenen – Nachverdichtungsprojekte der vergangenen Jahre. Statt Garten haben die Häuser einen Freisitz. Statt aus Stein wird gewichtssparend aus Holz gebaut. Im Frühjahr können sechs Familien einziehen.

Wie Wohnen auch an einer Hauptstraße attraktiv wird

Das Projekt ist aus mehreren Gründen richtungsweisend, sagt auch Architekt Hannes Mayer. Nicht nur, weil es vorhandene Fläche nutzt und zugleich das Quartier aufwertet. Es zeigt auch, wie selbst eine Wohnung an einer Hauptstraße attraktiv werden kann. Im Inneren ist vom Verkehr so gut wie nichts zu hören, die Balkone im ersten Stock werden durch große Glasscheiben abgetrennt. Die Grundrisse sind so, dass trotz der Enge Privatheit herrscht. Und das, anders als beim Wohnbau-Projekt auf dem Dach des Edeka-Parkhauses in der Reichenaustraße, auf einer bestehenden und für diesen Zweck eigentlich nie vorgesehenen Tiefgarage.

Was einen Neubau wirklich nachhaltig macht

"Fantasie" ist das Wort, das beim Baustellen-Rundgang am häufigsten fällt. Das gilt nicht nur für die Aufwertung der Parkpalette und die Grundrisse, sondern auch für die Bauweise. Die Häuser sind, so Architekt Mayer, fast komplett aus nachwachsenden Rohstoffen gebaut, nur zur Straße sorgen Zementplatten für Dämmung. Da die Wobak nebenan ein Blockheizkraftwerk betreibt, werden die Wohnungen dort angeschlossen und brauchen weniger eigene Haustechnik. Aufs Dach kommt eine Solaranlage nach dem Mieterstrommodell der Stadtwerke.

Warum das Projekt überregional Beachtung finden kann

Dass die sechs Häuser nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein sind, weiß Wobak-Chef Ruess selbst. "Natürlich ist das nicht die Patentlösung für unsere Konstanzer Probleme", sagt er. Doch ein bereits vorhandenes Grundstück, ein ungewöhnliches Baukonzept und eine zentrale Lage seien hier glücklich zusammengekommen. Und auch für die Wobak ist die neue kleine Anlage ein Gewinn: "Durch die glücklichen Umstände können wir das kostendeckend vermieten", sagt Ruess, "und mehr wollen wir hier auch gar nicht."

 

Und das können Sie tun, wenn Sie für Ihre Familie Interesse haben

Die sechs neuen Häuser an der Wollmatinger Straße wird die Wobak nicht verkaufen, sondern vermieten. Sie sind frei finanziert, fallen also nicht unter die Rubrik Sozialwohnung. Der Mietpreis für die Gebäude mit 120 Quadratmetern Wohnfläche steht noch nicht fest, dürfte aber laut Wobak bei rund 1200 Euro monatlich kalt liegen. Interessenten bewerben sich schriftlich bei der Wobak, Benediktinerplatz 7, 78464 Konstanz. Die Zuteilung erfolgt, wie Geschäftsführer Bruno Ruess sagt, nach verschiedenen Kriterien. Als Mieter habe die Wobak ausdrücklich Familien mit Kindern im Blick.