Die Marktstätte wirkt nahezu ausgestorben, im Paradies fährt kaum ein Auto, dafür sind ausnahmsweise Parkplätze frei. Es ist ruhig an diesem Nachmittag in Konstanz. Abgesehen vielleicht von den Supermärkten. Und so wird es die nächsten Wochen wohl vorerst bleiben.
Die folgenden Einschränkungen gelten zunächst bis zum Ende der Osterferien
Veranstaltungen, inklusive Sportveranstaltungen und Trainings: Die Stadt Konstanz hat alle Veranstaltungen verboten. Mit sofortiger Wirkung sind, das teilte die Stadt in einer am Freitagabend ausgegebenen Pressemitteilung mit, alle Veranstaltungen in Gaststätten, Veranstaltungsräumen und sonstigen Räumen im Stadtgebiet Konstanz mitsamt Ortsteilen untersagt. Dazu gehört alles, das über die reine Abgabe von Speisen und Getränken hinausgeht.
Kein Zebra Kino, keine Gottesdienste, kein Flohmarkt
Das heißt: Keine Tanzveranstaltungen, keine Vorträge, keine Bühnenprogramme, Künstlerauftritte und Ähnliches. Kein Zebra Kino. Keine Gottesdienste. Dazu hat die Stadt eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Eine Allgemeinverfügung hat keinen Empfehlungscharakter. Es ist eine Anordnung.
OB: „Wir müssen alle zusammenhalten.“
OB Burchardt bittet um Verständnis. Er sagt: „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, in der wir alle zusammenhalten müssen. Die weitreichenden Maßnahmen sind notwendig, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen und damit ein funktionierendes Gesundheitssystem für alle aufrecht zu erhalten. Jeder, der eine stationäre Behandlung braucht, soll diese auch bekommen können.“
Vorratshaltung: Die Stadt Konstanz empfiehlt den Haushalten eine Vorratshaltung für 14 Tage. Die Bundesregierung hat hierzu Empfehlungen herausgegeben. Die entsprechenden Links sind auf konstanz.de/coronavirus zu finden.
Solidarität: Die Stadtverwaltung bittet um Solidarität mit den Mitmenschen, zum Beispiel im Rahmen der Nachbarschaftshilfe.
„Dass Schüler drei Wochen zu Hause sitzen und nichts lernen – das wird nicht passieren.“
Schulen: Am Freitagmittag gab die Kultusministerin des Landes bekannt, dass alle Schulen ab Dienstag geschlossen werden. Dazu der geschäftsführende Schulleiter der Beruflichen Schulen und Leiter der Wessenberg-Schule, Martin Pohlmann-Strakhof: „Ich finde es gut, dass wir mit dem Montag die Möglichkeit haben, den Übergang geordnet zu organisieren und ausführlich mit unseren Schülern die Situation zu besprechen.“
Noch warte man auf konkretere Anweisungen vom Kultusministerium. „Was genau heißt Schließungen? Dürfen beispielsweise Besprechungen oder Lehrerfortbildungen im kleinen Rahmen stattfinden?“, fragt Pohlmann-Strakhof. Zudem finde in den beruflichen Gymnasien während der Aussetzungszeit, nämlich am 2. April, das Deutschabitur statt. „Wir gehen momentan davon aus, dass die Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Zudem bereiten wir uns wie alle anderen Schulen auch auf den Fernunterricht vor. Was ich definitiv sagen kann: Dass Schüler drei Wochen zu Hause sitzen und nichts lernen – das wird nicht passieren.“
Eltern in systemrelevanten Berufen erhalten Notbetreuung für Kinder
Auch Jürgen Kaz, geschäftsführender Schulleiter der Gymnasien, wartet auf die näheren Informationen des Ministeriums. „Wir haben unseren Informatikern schon gesagt, dass sie die technischen Voraussetzungen für angemessene Kommunikationsformen zwischen Schülern und Lehrern schaffen sollen. Uns interessiert auch, ob wir beispielsweise Einzelprüfungen in Fremdsprachen durchführen dürfen. Dafür würden sich nur drei, vier Leute treffen.“
„Herr Rees soll nicht übertreiben.“
Das Abitur steht nach den Osterferien an. „Wir stellen die verlässliche Vorbereitung sicher. Das ist gut über beispielsweise Email hinzubekommen“, ist er zuversichtlich. Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats, sagte heute, die Schulen seien nicht vorbereitet auf digitales Lernen. Zitat: „Die digitale Infrastruktur ist miserabel, wir sind da noch in der Steinzeit.“ Dazu Kaz: „Herr Rees soll mal nicht übertreiben, Email hat heutzutage jeder, wir sollten in einer Krisensituation keine politischen Scharmützel austragen.“

Was viel eher das Problem sei, sei die ungeklärte Betreuung der Kinder. Denn: Die Notbetreuung, die laut Ministerium eingerichtet werden soll, gilt nur für Eltern, die beide in systemrelevanten Berufen sind. Das heißt: In den Bereichen Gesundheit, Pflege, Sicherheit, Altenheime, bestimmte Sparten der Ver- und Entsorgung. Eltern, die die Notbetreuung in Anspruch nehmen dürfen, können sich bei der Stadt melden.
Kitas: Gleiches gilt für Kitas. Ab Dienstag sind alle Kitas, städtische und private, dicht. Das Ministerium bittet darum, die Betreuung privat zu organisieren. Zur Not muss ein Elternteil zu Hause bleiben. Dazu die Konstanzerin Sarah Jäger:“ Mit vier Kinder im Alter von einem bis elf Jahren wird ein Elternteil zu Hause bleiben müssen. Allerdings weiß ich noch nicht, wie unser Arbeitgeber dazu steht. Home Office mit einer Ein- und einer Vierjährigen im Nacken, ist nur bedingt möglich.“
Städtische Einrichtungen: Alle übrigen städtischen Dienststellen und Einrichtungen sind ab sofort, so heißt es in der Pressemitteilung der Stadt, für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Ämter der Stadtverwaltung arbeiten weiter und sind online und telefonisch erreichbar. In unabweisbaren Fällen sei eine telefonische Terminvereinbarung möglich. Kontakt: (07531)9000 und www.konstanz.de.
Die VHS stellt den Betrieb vorerst ein, ebenso das Kino und die städtischen Bäder.
Theater: Auch das Stadttheater stellt den Spielbetrieb vorerst ein. Ab sofort würden alle drei Spielstätten des Theaters geschlossen, schreibt Pressesprecherin Dani Behnke. Voraussichtlich werde das Theater bis 19. April geschlossen bleiben. „Das Theater ist ein Ort des der Inspriration und des Zuspruchs in schweren Zeiten“, schreibt Behnke, deshalb bedauere das Team des Stadttheaters die Schließung sehr.
„Ich finde es unfassbar traurig, wir hatten uns so gefreut.“
Philharmonie: Auch an der Südwestdeutschen Philharmonie wird es bis auf Weiteres, mindestens aber bis 20. April, keine Konzerte oder Veranstaltungen mehr geben. Auch die Lichtsinfonie am Telekom-Hochhaus, die am Samstag, 14. März, hätte stattfinden sollen, ist abgesagt. Philharmonie-Intendantin Insa Pijanka bedauert die Absagen: „Ich finde es unfassbar traurig, wir hatten uns auf die Veranstaltungen gefreut, die wir so intensiv vorbereitet hatten“, sagt sie.
Gravierende Auswirkungen auf Kulturlandschaft, aber richtige Entscheidung
Sie halte es aber für einen dringend notwendigen und richtigen Schritt und stehe überzeugt hinter der Entscheidung des Oberbürgermeisters. Trotzdem seien durch die Absagen gravierende Auswirkungen auf die Kulturlandschaft zu befürchten, vor allem freischaffende Künstler und Musiker seien in ihrer Existenz gefährdet. „Ich hoffe, dass es nicht zu einer Gefährdung der kulturellen Vielfalt in Deutschland kommt.“
IHK: Die IHK sagt alle Prüfungen ab.“Die Betriebe, welche bereits Prüfungsunterlagen für die praktische Prüfung erhalten haben, müssen diese versiegelt lassen und in einem Tresor oder Sicherheitsraum verschlossen halten. Falls keine Sicherheitsverwahrung möglich ist, sind diese Aufgaben versiegelt an die IHK zurückzusenden!“, so Alexandra Huger von der IHK Konstanz.
Hochschulen: An der HTWG beginnt die Vorlesungszeit Stand heute am 20. April. „Wir schließen uns der Empfehlung an, die Frau Merkel getätigt hat, nämlich soziale Kontakte, die nicht nötig sind, zu lassen. Forschung und Verwaltung haben wir, wenn es geht, ins Home-Office geschickt. Service-Zeiten sollen aber gewährt werden“, so Hochschul-Sprecherin Anja Wischer. Die Prüfungen fallen aus und werden auf den nächsten Prüfungszeitraum verlegt, das wäre vom 4. Juli bis 29. Juli.
„Wir tun alles, damit es für keinen Studierenden zu Nachteilen kommt.“
An der Universität Konstanz ist der Prüfungsbetrieb eingestellt. Uni-Sprecherin Julia Wandt: „Auslandssemester oder Anschlusspraktika muss keiner deshalb absagen, es sei denn, sie finden in Risikogebieten statt. Aber wir empfehlen klar, sich gut zu überlegen, ob eine Reise zurzeit sinnvoll ist. Wir tun alles, damit es für keinen Studierenden zu Nachteilen kommt, das ist selbstverständlich“, so Wandt. Die Universität sei nicht wie ausgestorben, Verwaltung und Forschung fänden weiter statt. Auch die Uni-Bibliothek sei offen.