Die Lage am Herosé spitzt sich zu. Könnte ein Alkoholverbot für Entspannung zwischen Anwohnern und Feiernden sorgen?
Wie sicher ist es, dass das Alkoholverbot kommt?
Darüber entbrennt nun eine Debatte. Oberbürgermeister Uli Burchardt hält ein Verbot für „einen gangbaren Weg“ und lässt das Bürgeramt ein solches Verbot prüfen. Mit dem Ergebnis werde noch vor den Ferien gerechnet, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Die Durchsetzung ist keinesfalls sicher. Das weiß man auch im Rathaus, nach SÜDKURIER-Informationen beziffert die Stadt die Aussichten auf 50 Prozent.
Warum kommt der Vorstoß der Stadt gerade jetzt?
Burchardt sieht – trotz Verständnisses für die Feiernden, die wegen der noch geschlossenen Diskotheken und Clubs an den Seerhein auswichen – die Zeit des Handelns gekommen: Die öffentliche Sicherheit und Ordnung für Anwohner hätten sich zuletzt in einigen Gebieten zu sehr verschlechtert.
Anwohner schreiben Brandbrief an den Oberbürgermeister
Reinhard Hahn und Elisabeth Elbs-Hahn leben in der Anlage am Herosé. Der Redaktion liegt ihr Brandbrief an den OB vor. Auch das Paar bringt ein Alkoholverbot ab 22 Uhr ins Spiel. Die Stimmung der Bewohner, schreiben sie, ist „sehr gereizt, gepaart mit Frustration“.
Hahn und Elbs-Hahn halten es „für unverschämt und respektlos, wie die Stadt das berechtigte Interesse der Bewohner nach einem sicheren und gesitteten sowie ruhigem Wohnen ignoriert“.
„Seerhein verkommt zur niveaulosen Partymeile“
Sie berichten von den bekannten Problemen, insbesondere durch alkoholisiertes Publikum: Urinieren in Gärten, auf die Terrassen und in Kinder-Sandkisten – „auch koten kommt hin und wieder vor“, so Hahn und Elbs-Hahn.
Darüber hinaus: lautes Geschrei über die gesamte Nacht und am darauffolgenden Morgen, Kippen, Kronkorken und Glasscherben als Hinterlassenschaft. Ihr bitteres Fazit: „So verkommt der schöne Seerhein mehr und mehr zur niveaulosen Partymeile.“
Stadträte eint die Sorge um eine weitere Eskalation
Handeln wollen auch die Fraktionen im Gemeinderat. Alle äußern sie Verständnis für Feiernde, alle blicken sie aber auch mit Sorgen auf die Vorkommnisse in Stuttgart oder Frankfurt. Bei der Art des Handelns kommen die Stadträte in ihren Eilanträgen für die Sitzung am heutigen Donnerstag zu unterschiedlichen Einschätzungen.
CDU will komplettes nächtliches Feierverbot prüfen lassen
So bewegt sich die CDU auf der Linie ihres Parteifreunds Uli Burchardt und bringt zusätzlich zu einem Alkohol- unter anderem ein komplettes „Feierverbot“ für kritische Zonen zwischen 22 und 7 Uhr ins Spiel. „Wir sehen den sozialen Frieden in diesem Quartier, in dem circa 800 Menschen wohnen, als gefährdet an“, heißt es in ihrem Antrag.
Andere Fraktionen wollen dagegen von Verboten absehen
So sieht etwa das Junge Forum Konstanz (JFK) im CDU-Vorschlag „lediglich die Symptome und leider wieder nicht Ursachen behandelt“. Die Gruppierung erklärt, sie könne das Bedürfnis der Herosé-Anwohner nach Ruhe „absolut nachvollziehen“.
Andererseits würden die vielen heranwachsenden Bürger die Situation fehlender Freizeit-Alternativen „nicht länger hinnehmen“. Das JFK denkt daher laut über Lärmschutzmaßnahmen in dem Gebiet nach, wie es sie an stark befahrenen Straßen gibt. Auch stellt die Fraktion den Sinn des Kommunalen Ordnungsdiensts (KOD) infrage.
Freie Grüne Liste: Mehr Müllcontainer, mehr Toilettenwagen
Die Freie Grüne Liste (FGL) geht davon aus, dass Verbote „auf die Lage eskalierend wirken könnten“. Sie schlägt daher unter anderem vor: Klein Venedig beleben und die Fläche neben dem Bodenseeforum attraktiver gestalten, mehr „gut erreichbare“ Müllcontainer und „deutlich mehr Toilettenwagen und Pissoirs“ aufstellen sowie die Kommunikation zwischen KOD, Polizei und mobiler Jugendarbeit verbessern.
Trotz angespannter Finanzlage soll das nötige Geld für die Maßnahmen „aus Haushaltsresten“ bereitgestellt werden.
SPD zweifelt an rechtlichen Voraussetzungen für ein Alkoholverbot
Die SPD bringt auf Anfrage ebenfalls Klein Venedig als Alternative ins Spiel. Notfalls müsste aber auch geprüft werden, ob nach Mitternacht bei großen lärmenden Gruppen Platzverweise verhängt werden können. „Ein Alkoholverbot„, so die Einschätzung, „wird scheitern, weil die rechtlichen Voraussetzungen sehr hoch sind“.
Es könnte nur verhängt werden, „wenn von den betroffenen Plätzen viele Straftaten ausgehen“. Dies ist laut SPD am Seerhein nicht der Fall. Uli Burchardt erhält noch einen Seitenhieb: Es nütze niemanden, „wenn ein OB ohne Konzepte nur den starken Mann spielt“.
Stadt will wohl kurzfristig ohne Gemeinderats-Votum reagieren
Inwieweit über Alternativen überhaupt diskutiert wird, scheint fraglich: Nach SÜDKURIER-Informationen setzt die Stadt bei einem positiven Ergebnis der Prüfung darauf, das Verbot ohne Zustimmung des Rats durchsetzen zu können. So soll die Überzeugung herrschen, dass dies bei einem kurzen Zeitraum von beispielsweise vier Wochen eine Entscheidung der Verwaltung sei.