„150 Euro – oder gleich 360? Das ist ja eine Unverschämtheit“, sagt Peter Wagner, der zu Fuß in der Bruder-Klaus-Straße in Petershausen unterwegs ist, aber in der Mainaustraße wohnt. Er selbst sei vom Anwohnerparken wenig betroffen, sein Auto stehe in einer Tiefgarage. Ihm geht es nun aber ums Prinzip: „Das gleicht ja der Willkür. Dann sollen sie das Autofahren doch gleich verbieten.“

Peter Wagner hält eine Gebühr von 150 Euro jährlich fürs Anwohnerparken für „eine Unverschämtheit“.
Peter Wagner hält eine Gebühr von 150 Euro jährlich fürs Anwohnerparken für „eine Unverschämtheit“. | Bild: Wagner, Claudia

Doch worum geht es? Konstanz hat ein Problem mit begrenztem Raum und mit Fahrzeugen, die einen großen Teil des Tages irgendwo am Straßenrand stehen. Die Stadtverwaltung möchte außerdem, dass die Bürger ihr Verhalten umstellen, also auf nachhaltigere Verkehrsmittel wie Fahrrad und den öffentlichen Verkehr setzen. Im Stadtteil Paradies gibt es schon lange das Anwohnerparken – Personen, die dort nicht wohnen, dürfen ihr Fahrzeug nicht im Paradies abstellen. Geplant ist, das Prinzip auch auf den Stadtteil Petershausen auszudehnen.

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In jedem Fall ist klar: Das Anwohnerparken wird ab 1. Januar 2023 deutlich teurer. Bislang waren die Parkausweise für einen Stellplatz im Paradies für 30 Euro im Jahr zu haben. Nun sollen sie 150 Euro kosten. Wann genau es einen Beschluss zum Anwohnerparken in Petershausen geben wird, ist noch nicht geklärt – es soll dazu aber eine Sitzungsvorlage für den Gemeinderat Ende dieses Jahres geben.

Den Wert eines Stellplatzes abbilden

Die Begründung: Die Verwaltung versuche mit der Gebührenerhöhung dem wirtschaftlichen Wert eines Stellplatzes im öffentlichen Raum näherzukommen. Dieser betrage etwa 360 Euro im Jahr, wie einer Sitzungsvorlage des Haupt- und Finanzausschusses zu entnehmen ist. Grundlage der Berechnung seien private Stellplatzmieten aus dem Jahr 2015.

360 Euro aber halten weder Verwaltung noch Stadträte für zumutbar. Hinzu kommt, dass es keine Garantie auf einen Anwohnerstellplatz gibt. Die Sitzungsvorlage spricht von einer 60-prozentigen Wahrscheinlichkeit, einen Stellplatz in der Nähe der eigenen Wohnung tatsächlich nutzen zu können.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) formuliert das Thema derweil drastischer: Es könne nicht sein, dass Einzelpersonen sich eine Fläche von zwölf Quadratmetern im öffentlichen Raum – denn so groß sind Stellplätze – vom Staat oder der Stadt mit Steuergeldern subventionieren ließen, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der DUH. Deshalb müsse das Anwohnerparken den realen Wert der Bewirtschaftung dieser Fläche abbilden. 360 Euro jährlich müsse ein Bewohner-Parkausweis deshalb mindestens kosten.

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Die Einnahmen sollen nach dem Willen der DUH in die Verbesserung nachhaltiger Mobilität investiert werden: den Bau von Radwegen, die Verbesserung der Taktung beim Seehas und ähnliche Vorhaben.

Was wird für Geringverdiener getan?

Was ist aber, wenn sich nicht so gut verdienende Bürger diese Gebühr nicht leisten können? Resch verweist auf das Beispiel Freiburg: Dort würden 480 Euro jährlich verlangt, es sei aber klar geregelt, dass Bürger mit geringerem Einkommen nur einen Bruchteil der Gebühr bezahlen müssten. Auch die Stadt Konstanz strebt ein abgemildertes Modell an. Bei Vorlage eines Sozialpasses verringere sich die Gebühr um 50 Prozent.

„Uns geht es darum, dass keine Subventionierung für Autos erfolgt“, erläutert Resch die Zielsetzung der Forderung. Die DUH wolle, dass die Mobilität erhalten bleibe, dass man die Menschen aber auch davon überzeuge, dass es den Zweitwagen nicht mehr brauche.

Was sagen die Bürger?

Und wie sehen es nun die Bürger? „Ich würde lieber einen Stellplatz suchen als eine hohe Gebühr zahlen“, sagt Melanie Fritz, die mit ihren beiden Kindern im Quartier unterwegs ist. Das Problem stellt sich ihr aber nicht, da ihre Familie einen Tiefgaragenstellplatz hat.

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Deniz Knoll nutzt auch gerne die Stellplätze im öffentlichen Raum. „Ich finde es eigentlich gut, dass es kostenlos ist.“ Man müsse rund um den Bahnhaltepunkt Petershausen manchmal lang nach einem Stellplatz suchen, aber nach einer Weile finde man eine Möglichkeit. „100 Euro finde ich zu viel, 150 Euro viel zu viel“, erklärt er. „Hoffentlich gibt es eine Studentenermäßigung.“

Student Deniz Knoll findet Anwohnerparken schlicht überflüssig.
Student Deniz Knoll findet Anwohnerparken schlicht überflüssig. | Bild: Wagner, Claudia

Matthias Kowalski gibt sich zwiegespalten. Auch er nutze ab und an die öffentlichen Stellplätze. „Meine Meinung: ein Anwohnerparken kann gelingen, je nachdem, wie man es umsetzt. Es muss eine Möglichkeit für Gäste der Anwohner geben, hier zu parken“, sagt er. Dass die Gebühren hoch seien, finde er richtig. „Diese SUVs sind nicht zu ertragen“, sagt er. „Da ist es schon in Ordnung die Gebühr an der Größe des Autos festzumachen oder auch an der PS-Zahl.“