17,6 Grad Celsius. Das ist die durchschnittliche Temperatur des Bodensees am Freitag, 13. Oktober, die im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Grad angestiegen ist. In Kombination mit dem guten Wetter führt das dazu, dass die üblichen Badeorte in Konstanz für die späte Jahreszeit außergewöhnlich gut besucht sind.
Doch das warme Wasser und das gute Wetter sind nicht die einzigen Gründe, die die Menschen ans und ins Wasser zieht. Nicolai Schatton und Lazaro Sachpatzidis sitzen oberkörperfrei in der Mittagssonne am Schänzle. Beide sind gebürtige Konstanzer, arbeiten mittlerweile aber in München und Berlin. Bei einem Besuch in der Heimat gehört das Baden für die beiden einfach dazu.

Die Information, dass der See diesen Oktober deutlich wärmer sei als letztes Jahr zu dieser Zeit, nehmen die beiden schulterzuckend zur Kenntnis. Sachpatzidis sagt: „Beim Baden habe ich ja kein Thermometer dabei.“ Sein Thermometer sei der große Zeh, der vorsichtig ins Wasser gestreckt werden würde. Dann gelte es zu entscheiden, ob man bereit für das Wasser sei.
Da die Besuche am heimischen Konstanzer Gewässer aufgrund des neuen Wohnorts immer seltener werden würden, würde der große Zeh die Entscheidung nun auch bei kalten Temperaturen immer öfter zugunsten des Badens treffen. Bei einer Temperatur von über 20 Grad und Sonnenschein gäbe es auch im Oktober ohnehin keine Zweifel. Ab ins Wasser!
Mancher schwimmt sogar in den Wintermonaten
Auch Pavel Janda hält sich zur Mittagszeit am Ufer auf. Auf die Frage, ob er bade, weil die Wassertemperatur für diese Zeit außergewöhnlich hoch ist, entgegnet der 70-Jährige, dass er auch im Winter im See schwimmen gehe. „Ich denke am klarsten, wenn ich aus dem kalten Wasser komme“, sagt er.
Janda erklärt, dass er es sogar als körperlichen Rausch empfinde, den er durch das kalte Wasser erfahre. Für ihn sei das Schwimmen bei kalten Temperaturen ein Zeichen der Stärke, da er dem Wetter trotze. Schöner sei das Baden, wie er selbst zugibt, aber natürlich bei Sonnenschein.

Auch Lukas Wehrle setzt sich selbst dem kalten Wasser aus – und das seit drei Jahren jeden Tag für mindestens zwei Minuten. Dass man ihn heute am See antreffen könne, sei also nicht auf das gute Wetter zurückzuführen. Falls es der 26-Jährige nicht an den See schaffe oder dieser schlicht und ergreifend zu warm sei, müssen eben eine kalte Dusche Abhilfe leisten.
Seine Routine, in der der Konstanzer Musikproduzent viele Vorteile sehe, habe er nur aufgrund einer Corona-Erkrankung für kurze Zeit pausieren müssen. So sei er – bis auf eben jene Corona-Infektion – in den letzten Jahren nicht krank gewesen. Kalte Hände und Frieren im Winter würden für ihn ebenfalls der Vergangenheit angehören.

Obwohl das kalte Wasser schon so lange fest zu seinem Tag dazugehöre, koste es ihn jeden Tag erneut Überwindung. „Du stehst jeden Morgen auf und hast eigentlich keinen Bock“, sagt er. Besonders unangenehm sei es im Winter, wenn Schnee liege. Doch Wehrle zieht es dann trotzdem durch.
Morgens ins Wasser? „Das hat etwas sehr meditatives“
Kurz vor 8 Uhr springt Jonathan Wientges an der Seestraße ins Wasser. Der Student sagt, dass der morgendliche Besuch am Wasser „etwas sehr meditatives hat“ und immer ein guter Start in den Tag sei. Ob er morgens baden gehe, entscheide er dabei recht meist spontan, aber natürlich spiele auch das Wetter eine Rolle.

An einem klaren Morgen wie diesem sei die Motivation dann doch etwas höher und auch die Wassertemperatur sei angenehm erfrischend. Dass der See wärmer ist als letztes Jahr, kann der 23-Jährige bestätigten. Er erinnert sich, dass er im Oktober 2022 gewiss nicht so oft schwimmen war, wie er es in den letzten Wochen getan habe.
Wichtig sei ihm nur, dass er jeden Monat des Jahres mindestens einmal kurz im See war. Dies sei ein gemeinsames Ziel, dass er zusammen mit Freunden habe. Schmunzelnd fügt er hinzu, dass mancher Kumpel dabei aber nicht immer ganz konsequent sei.
Konstanzerin hofft noch auf ein paar Hörnle-Tage
Christel Mahle gehöre zum „festen Inventar des Hörnle“, wie sie selbst lachend sagt und erzählt, dass sie schon als kleines Mädchen jede freie Minute im Strandbad verbringen wollte. Heute würden ihr sogar die Raben, für die sie an diesem Tag altes Brot mitgebracht hat, aus der Hand fressen. Vor allen anderen komme die 82-Jährige fast jeden Morgen, um sich ihren Platz direkt am Wasser einzurichten.

Den letzten Hörnle-Tag des Jahres versuche sie dabei so lange wie möglich hinauszuzögern. Der 29. Oktober sei es letztes Jahr gewesen, erinnert sich die Rentnerin genau. Auch dieses Jahr sei sie trotz der schlechten Wettervorhersage für die kommende Woche zuversichtlich, dass noch der ein oder andere Hörnle-Besuch hinzukommen werde.