Auch an diesem frühen Freitagabend bildet sich eine Schlange diverser Karossen vor der Einfahrt zum Campingplatz Sandseele auf der Insel Reichenau. Die Nummernschilder der Wohnmobile, Wohnwagen oder PKWs verraten die Herkunft der Menschen: Tuttlingen, Sigmaringen, Heidelberg oder Esslingen.

Maren Kraus vom Campingplatz Sandseele mit einem Kollegen.
Maren Kraus vom Campingplatz Sandseele mit einem Kollegen. | Bild: Schuler, Andreas

„Die meisten Gäste kommen in der Tat aus Baden-Württemberg oder aus Nordrhein-Westfalen“, erzählt Maren Kraus. Ein Ehepaar, das hier ein Wochenende verbringen wollte, muss wieder weggeschickt werden. „Die waren weder getestet noch genesen oder geimpft. Das sind nun mal die Regeln, an die sich alle halten müssen. Wenn sie getestet sind, dürfen sie gerne wiederkommen.“

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Die Mitarbeiter an der Rezeption begegnen den Menschen freundlich lächelnd und auch mal mit einem lustigen Spruch. „In der Regel sind die Gäste ebenfalls sehr nett. Sie sind ja im Urlaub. Aber es gibt leider auch andere“, sagt Maren Kraus. Die Saison war lang.

Generationenwechsel auf dem Campingplatz

Trotz des Andrangs spüren die Mitarbeiter des Campingplatzes mit Gastronomie den nahenden Herbst. „Die meisten Familien mit Kindern reisen am Wochenende ab, die Sommerferien gehen zu Ende. Nun kommen primär ältere Menschen, die flexibel sind und deren Kinder aus dem Haus sind und nicht mehr mitkommen.“

Maren Kraus mit ihrem Kollegen am Strand der Sandseele.
Maren Kraus mit ihrem Kollegen am Strand der Sandseele. | Bild: Schuler, Andreas

Maren Kraus ist Studentin an der Dualen Hochschule Ravensburg mit den Fächern Betriebswirtschaft und Tourismus. Ihre Praxissemester absolviert sie an der Sandseele. „Diese Arbeit macht mir sehr viel Spaß. An Pfingsten durften wir wieder öffnen und es war seither immer etwas los.“

Das Wochenende ist eingeläutet: Auch Einheimische lieben die Gastronomie der Sandseele und verbringen hier direkt am See schöne ...
Das Wochenende ist eingeläutet: Auch Einheimische lieben die Gastronomie der Sandseele und verbringen hier direkt am See schöne gesellige Stunden. | Bild: Schuler, Andreas

Es kommt schon mal vor, dass sie von 9 bis 23 Uhr im Einsatz ist. Der verregnete Sommer habe gegenüber dem Vorjahr zwar deutliche Einbrüche von bis zu 25 Prozent in der Gastronomie und etwas weniger im Bereich Camping gebracht, „doch es ist einfach schön, mit Menschen zusammen zu arbeiten“.

Heike und Wolfgang Heller kommen seit mehr als 30 Jahren auf die Sandseele.
Heike und Wolfgang Heller kommen seit mehr als 30 Jahren auf die Sandseele. | Bild: Schuler, Andreas

Heike und Wolfgang Heller aus Reutlingen sitzen vor ihrem Wohnwagen und genießen den lauen Spätsommerabend mit einem kühlen Glas Chardonnay. „Wenn Sie etwas früher gekommen wären, hätten Sie mitessen können“, sagt Heike Heller lächelnd. „Es gab einen großen Spieß vom Grill.“ Es duftet nach wie vor lecker und Appetit anregend.

Die Reichenau als Basisstation für Ausflüge nach Italien oder in die Schweiz

Seit mehr als drei Jahrzehnten kommen sie hierher, seit 29 Jahren auf exakt den gleichen Stallplatz. Es ist wie ein Nachhause kommen, auch die Nachbarn sind stets die gleichen. Man kennt sich, man mag sich. Einmal pro Jahr kommt das Ehepaar für eine oder zwei Wochen und dann noch mehrmals übers Wochenende. „Von hier machen wir auch gerne Ausflüge nach Italien oder in die Schweiz“, erzählt Wolfgang Heller. „Unser Sohn kommt mittlerweile auch hierher mit seinen Kindern. Das ist schon eine echte Familientradition.“

Frank Kühnle, Pächter des Campingplatzes Allensbach.
Frank Kühnle, Pächter des Campingplatzes Allensbach. | Bild: Schuler, Andreas

Ortswechsel. Camping am See in Allensbach. Frank Kühnle ist seit acht Jahren Pächter des Platzes. Unter seiner Regie entstanden die Blockhäuser direkt am See sowie das Fischerdorf – zwei beliebte Einrichtungen, die fast immer belegt sind. „Auch der Regen kann dem nichts anhaben“, sagt Frank Kühnle.

Das urige und beliebte Fischerdorf auf dem Campingplatz Allensbach.
Das urige und beliebte Fischerdorf auf dem Campingplatz Allensbach. | Bild: Schuler, Andreas

Kräftige Einbußen wegen des verregneten Sommers

„Insgesamt aber muss ich sagen: Dieser Sommer hat Umsatz-Einbußen von rund 25 Prozent gekostet im Vergleich zum Vorjahr.“ Und obwohl sich der Sommer seit zehn Tagen noch einmal so richtig streckt, erklärt er: „Wenn du den August verloren hat, kann der September nichts mehr rausreißen.“

Familie Haindl aus Niederbayern verbrachte ihren Sommerurlaub in Allensbach.
Familie Haindl aus Niederbayern verbrachte ihren Sommerurlaub in Allensbach. | Bild: Schuler, Andreas

Familie Haindl aus dem niederbayerischen Abendsberg hat eine Woche in einer der urigen Blockhütten direkt am See verbracht – eigene Terrasse inklusive. „Eigentlich wollten wir nach Italien“, berichtet Mutter Andrea. „Doch wegen der unsicheren Lage haben wir uns entschlossen, in Deutschland zu bleiben.“

Familie Haindl aus Niederbayern auf der Terrasse direkt am See, die zu ihrer kleinen Blockhütte gehört.
Familie Haindl aus Niederbayern auf der Terrasse direkt am See, die zu ihrer kleinen Blockhütte gehört. | Bild: Schuler, Andreas

Vater Bernhard ist ganz begeistert von seinem ersten Aufenthalt am Bodensee. „Hier gefällt es uns besser als am Gardasee. Wir werden garantiert wiederkommen.“

Familie Schnurr-Matt aus Waldshut-Tiengen mit Kindern und Freunden auf dem Campingplatz Allensbach. Die Eltern verbringen zwischen März ...
Familie Schnurr-Matt aus Waldshut-Tiengen mit Kindern und Freunden auf dem Campingplatz Allensbach. Die Eltern verbringen zwischen März und Oktober fast jedes Wochenende hier. | Bild: Schuler, Andreas

Ein paar Gehminuten weiter sitzen mehrere Menschen um einen Esstisch herum. Frank Kühnle grüßt sie alle mit Namen. „Wir haben unser Wohnmobil seit acht Jahren hier stehen. Und draußen im Wasser liegt unser Segelboot an einer Boje“, erzählt Familie Schnurr-Matt aus Waldshut-Tiengen. „Wir sind jedes Wochenende hier – egal, wie das Wetter ist. Für uns ist das die beste Erholung.“

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Im Vorzelt haben sie eine mobile Küche eingebaut. Zwischen 15. März und 15. Oktober steht ihr zweites Domizil – danach muss es wieder verschwinden für fünf Monate.

Ein Spruch auf einem Wohnmobil in Allensbach. Mehr ist nicht hinzuzufügen.
Ein Spruch auf einem Wohnmobil in Allensbach. Mehr ist nicht hinzuzufügen. | Bild: Schuler, Andreas

„Der Naturschutz schreibt vor, dass wir alles abbauen. Auch das Fischerdorf und die Blockhäuser“, so der Pächter, der im Winter für ein paar Monate nach Brasilien reist, um vom Stress der Sieben-Tage-Wochen herunterzufahren. Die Blockhäuschen stehen auf Rädern. Würden sie direkt den Boden berühren, wäre dies ebenfalls ein Verstoß gegen den Natur- und Wasserschutz.

Karin und Hans-Heinrich Dyballa aus Lübeck sind mit einem gemieteten Wohnmobil auf einer Weintour quer durch Deutschland. Der Bodensee ...
Karin und Hans-Heinrich Dyballa aus Lübeck sind mit einem gemieteten Wohnmobil auf einer Weintour quer durch Deutschland. Der Bodensee ist ihre letzte Station, sie campen in Allensbach. | Bild: Schuler, Andreas

An der Rezeption stehen Karin und Hans-Heinrich Dyballa aus der Nähe von Lübeck mit ihrem Miet-Wohnmobil und warten auf Einlass. „Wir sind absolute Caping-Anfänger“, sagt Karin Dyballa lachend. „Wir sind auf einer Weintour durch Deutschland, der Bodensee ist unsere letzte Station.“ Normalerweise reisen sie auf andere Art und Weise. „Wir wollten es einfach ausprobieren.“

Britta Frischmuth, Pächterin des Campingplatzes Klausenhorn.
Britta Frischmuth, Pächterin des Campingplatzes Klausenhorn. | Bild: Schuler, Andreas

Auf dem Campingplatz Klausenhorn endet für viele Gäste der letzte Urlaubstag am Bodensee. Doch Pächterin Britta Frischmuth freut sich auch jetzt noch über Neuankömmlinge.

Isolde und Karl-Heinz Hartländer aus Heppenheim genießen ein paar Tage auf dem Campingplatz Klausenhorn. Flexibilität und Unabhängigkeit ...
Isolde und Karl-Heinz Hartländer aus Heppenheim genießen ein paar Tage auf dem Campingplatz Klausenhorn. Flexibilität und Unabhängigkeit nennen sie als Gründe, warum sie das Campen so lieben. Mit dem Fahrrad erkunden sie die Region. | Bild: Schuler, Andreas

Wie Isolde und Karl-Heinz Hartländer aus Heppenheim, die am Vorabend angereist sind. Seit 2017 besitzen sie ihr Wohnmobil, zuvor hatten sie viele Jahre einen Wohnwagen. „Wir lieben diese Unabhängigkeit“, sagen sie. „Wir können morgens entscheiden, dass wir in den Urlaub fahren und uns einfach hinters Steuer setzen. Und in der Regel können wir da halten, wo es uns am besten gefällt.“

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Diese Gruppe aus Stuttgart ist für ein Wochenende auf dem Campingplatz Klausenhorn. Die jungen Menschen haben im vergangenen Jahr ...
Diese Gruppe aus Stuttgart ist für ein Wochenende auf dem Campingplatz Klausenhorn. Die jungen Menschen haben im vergangenen Jahr gemeinsam das Abitur gemacht. Auf diesem Weg pflegen sie ihre Freundschaft, da aufgrund von Studium und Ausbildung nicht mehr alle in Stuttgart wohnen. | Bild: Schuler, Andreas

Auch diese Gruppe junger Menschen aus Stuttgart sind neu auf dem Platz. Gemeinsam bauen sie zwei Zelte sowie ein Verbindungsdach mit Sitzgelegenheiten auf. „Wir sind ein Freundeskreis. Wir haben alle zusammen 2020 das Abi gemacht“, erzählt die 19-Jährige Freya Falk.

Francesco Palminteri ist auf dem Campingplatz Klausenhorn der Mann für alle Fälle.
Francesco Palminteri ist auf dem Campingplatz Klausenhorn der Mann für alle Fälle. | Bild: Schuler, Andreas

„Eigentlich wollten wir weiter weg und länger verreisen, vielleicht nach Italien für eine Woche. Aber wegen der unsicheren Lage mit Corona sind wir halt hierher gekommen.“ Kyra Klein ist seit vielen Jahren mit ihren Eltern auf dem Dingelsdorfer Campingplatz. „Hier direkt am Wasser – das ist doch toll. Wir freuen uns, dass wir uns alle mal wieder sehen und wenigstens ein paar Tage miteinander verbringen können.“