Was vier Pädagoginnen und Pädagogen jüngst im Bildungsausschuss vorstellten, klingt wie das Eldorado für jeden Lehrer: großzügige Gebäude, reizarme Umgebung, moderne Arbeitsplätze und jede Menge Rückzugsräume.
Im geplanten Stadtteil Hafner soll eine zweieinhalbzügige Grundschule und auf demselben Campus eine Kita mit fünf Gruppen entstehen, sodass Erzieher und Lehrer Kooperationen eingehen können. Außerdem ist der bisher ungewöhnliche Verbund aus einem Gymnasium und einer Gemeinschaftsschule geplant.
Das Ganze ist zwar Zukunftsmusik, die aber nicht mehr allzu fern ertönt: „Wir sind gerade dabei, die betroffenen Nachbarkommunen zu beteiligen und stehen kurz vor der Einreichung der Konzepte“, sagte Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport, im Bildungsausschuss. „Die Schulen sollen 2030 eröffnen.“
Mehrere Lernhäuser für Grundschüler
Die zweieinhalbzügige Grundschule soll einen „Ort der Verlässlichkeit, Struktur und Geborgenheit“ bieten, wobei die Räume in kleine Einheiten aufgeteilt werden sollen. Drei Lernhäuser mit je vier Klassenzimmern, dazu ein Forscherhaus für Schule und Ganztag und ein Bürohaus für Lehrer und Verwaltung bieten die Grundlage für Lernen und soziale Begegnung.
Der Eingangsbereich wird Marktplatz genannt. Hier sind neben der Aula und der Mensa auch Schulsozialarbeit, Erste Hilfe und Hausmeister vorgesehen. Das Konzept erarbeiteten Heike Bierkandt, Geschäftsführende Schulleiterin für alle Konstanzer Schularten außer Gymnasium, sowie die Grundschullehrerin Anne Gmeiner. Im Bildungsausschuss sprachen sie von einer reizarmen Umgebung, die geschaffen werden soll, von Schule als Heimat, kurzen Wegen und einer warmen Atmosphäre.
Sofort hakte Grundschullehrer und Stadtrat Alexander Tasdelen (Junges Forum) ein: „Mir geht das Herz auf, wenn ich höre, wie Schule heute gedacht wird. Aber vergessen wir dabei bitte nicht die bestehenden Grundschulen“, sagte er an die Verwaltung gerichtet. „Es kann nicht sein, dass in Allmannsdorf die meisten Klassen mit Jacken und Sportbeuteln durch die Gegend ziehen, weil wir nicht einmal mehr Garderoben haben dürfen.“

In dasselbe Horn blies Patrick Hartleitner, Rektor des Suso-Gymnasiums und Geschäftsführender Schulleiter der Konstanzer Gymnasien: „Inwieweit stehen die Großprojekte im Hafner in Konkurrenz zum Ausbau anderer Schulen, die unter anderem wegen der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium mehr Räume benötigen?“, wollte er wissen.
Auf diese Frage erhielt er im Bildungsausschuss keine konkrete Antwort. Schulamtsleiter Frank Schädler deutete jedoch an, dass auch die Verwaltung von der schnellen Rückkehr zu G9 überfordert ist. „Wir brauchen bei den vier bestehenden Gymnasien mit je vier Zügen 16 neue Räume“, sagte Schädler. „Keinen davon haben wir.“

Dass die Finanzlage der Stadt mehr als angespannt ist und selbst lange geplante Erweiterungsbauten wie in Allmannsdorf, am Suso-Gymnasium und in Wollmatingen seit Jahren geschoben oder durch Rechtsstreitigkeiten verzögert werden, macht die Situation nicht einfacher. Schließlich koste allein die neue weiterführende Schule im Hafner rund 100 Millionen Euro, nannte Frank Schädler einen Richtwert.
Diese neue Verbundschule am Hafner wird bereits im G9-Konzept gedacht. Geplant sind drei Züge (Parallelklassen) für Gymnasiasten und drei für Gemeinschaftsschüler. Je nach Nachfrage könne sich dies aber auch verschieben, sagte der pensionierte Schulleiter Johannes Baumann aus Wilhelmsdorf, der das Konzept gemeinsam mit Elke Großkreutz erarbeitete, die die Konstanzer Gemeinschaftsschulen aufbaute.
Konstrukt wirft zunächst Fragen auf
Dass ausgerechnet ein Verbund aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule entstehen soll, liegt laut Frank Schädler daran, dass gesamtstädtisch betrachtet hier der größte Bedarf gesehen wird – nicht speziell im Hafner. „Das Konstrukt wirft auf den ersten Blick Fragen auf, aber auf den zweiten bietet es gute Antworten“, meint Elke Großkreutz.
Der Verbund soll eine Schule für alle sein und alle Abschlüsse anbieten. Daher wird auch eine gemeinsame Oberstufe eingerichtet – was den Planern Kritik von Stadtrat Manfred Hensler (FDP) einbrachte, der hier einen Nachteil für die beruflichen Schulen sieht, die ebenfalls das Abitur nach neun Jahren Gymnasium anbieten.

Doch die Verwaltung hält dieses Konstrukt „vor dem Hintergrund aktueller bildungspolitischer Entwicklungen“ für eine „wegweisende Chance und zielführende Lösung“. Außerdem soll der Verbund einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten, unter anderem durch eine gemeinsame Schulleitung, ein gemeinsames Kollegium und einen gemeinsamen Ganztagsbereich und Feste.
Auf 10.000 Quadratmetern sind mehrere Lernhäuser geplant: Eines für die Unterstufe, eines für die Mittelstufe und eines für die Oberstufe, dazu kommen diverse Fach-, Ganztags- und Inklusionsräume. Das neue Schulzentrum soll auch im Quartier verankert werden, indem einige Räume beispielsweise für kulturelle Veranstaltungen, die offene Jugendarbeit oder Kurse der Volkshochschule genutzt werden können.
Laut Verwaltung hat das Regierungspräsidium Freiburg bisher unverbindlich „wenigstens fünf Züge“ an weiterführenden Schulen als Bedarf anerkannt und die Nachförderung eines sechsten Zuges in Aussicht gestellt. Die errechneten Schülerzahlen der Zukunft ergeben, dass die Kinder aus dem Hafner die neue Schule nur zu rund 15 Prozent füllen. Sie werde somit auch die gesamte Stadt entlasten, so Schädler.
In den kommenden Wochen wird die Stadt den Antrag auf Einrichtung der weiterführenden Schule ausarbeiten und ihn über das Regierungspräsidium beim Kultusministerium einreichen.