Zwölf Wochen Ferien im Jahr plus bewegliche Ferientage, die Grundschulen sind geschlossen, die Kernzeiten ebenfalls – und die Eltern müssen abwechselnd Urlaub nehmen, Großeltern einspannen oder Ferienprogramme bezahlen, um arbeiten zu können.
Dieses noch aktuelle Szenario soll ab dem Schuljahr 2026/2027 vorbei sein, zumindest für die Eltern von Erstklässlern und sukzessive auch für nachwachsende Jahrgänge. Denn ab diesem Zeitpunkt gilt der Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung nach dem Ganztagsförderungsgesetz.
In Konstanz sind bislang nur zwei von elf Grundschulen (Petershausen und Berchen) als Ganztagsgrundschulen geführt, die neun anderen sind Halbtagsschulen und decken die Betreuung vor Unterrichtsbeginn und am Nachmittag mit Kernzeitvereinen ab, die inzwischen Schulkindbetreuungen heißen.
Diese neun Schulen müssen nun auf Ganztagsbetrieb umgestellt werden und künftig auch die Ferien größtenteils abdecken. Das erfordert so viel organisatorischen Aufwand, dass Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport, von einem Jahr Vorlauf pro Schule spricht. „Wir werden nicht an neun Standorten gleichzeitig starten können“, sagte er im Bildungsausschuss.
Dennoch drückt die Stadt aufs Tempo: Die ersten zusätzlichen Ganztagsgrundschulen sollen bereits zum kommenden Schuljahr in Betrieb gehen. Welche das sind, steht noch nicht fest. Dazu wird das bisherige Konstrukt, das in Baden-Württemberg recht einzigartig ist, aufgelöst: Die meisten Schulkindbetreuungen, die von Ehrenamtlichen in Fördervereinen getragen werden, geben ihre Selbstständigkeit auf und werden unter einem Dach zusammengeführt.

Wahrscheinlich wird die Stadt selbst diese neue Trägerschaft übernehmen. „Wir haben zwar mit anderen Anbietern gesprochen, aber weil die Rahmenbedingungen noch so unklar sind, kamen wir nicht weiter“, so Schädler. „Uns fehlen einige Vorgaben des Landes Baden-Württemberg.“
Überhaupt lässt der Amtsleiter kein gutes Haar am Vorgehen des Landes: „Das Konstrukt hat einen krassen Webfehler“, so Schädler. „Die Schulen sind nur für den Unterricht zuständig, die Betreuung wird den Kommunen zugeschoben. Dieses starre System bietet nicht viel Gestaltungsspielraum und wird nicht den Bedürfnissen der Eltern gerecht.“
So viel Personal wird benötigt
Die Stadt kalkulierte bei ihren Planungen mit höchstens 20 Kindern pro Gruppe und zwei Betreuungskräften. So kam sie auf einen Personalbedarf von 62,4 Stellen für alle elf Standorte – für Ganztag, Mittagsverpflegung, Ferienbetreuung und Verwaltung.
Derzeit sind an den Schulen bereits 51,1 Stellenäquivalente mit rund 150 Teilzeitkräften besetzt, aber nur an den beiden Ganztagsschulen ist städtisches Personal (4,5 Stellen) im Einsatz. Das heißt, 58 Stellen müssten im städtischen Haushalt 2025/26 verankert werden.
Im Bildungsausschuss sprach CDU-Stadtrat Joachim Filleböck von der „Quadratur des Kreises“: „Wir sollen jetzt schon den Personalbedarf ausrechnen, aber niemand weiß, wie man sich das leisten kann.“ Bürgermeister Andreas Osner sagte klar: „Es ist die einzig sinnvolle Lösung, die Schulkindbetreuung ab jetzt zentral zu organisieren.“
Bislang gebe es einen Flickenteppich an Trägervereinen, Betreuungszeiten, Qualität und Bezahlung. „Manche Fördervereine kamen hilfesuchend auf uns zu, sie wollen die Verantwortung der Arbeitgeberschaft endlich abgeben“, so Osner. Wer weitermachen will, könne das aber tun.
Allmannsdorfer Damen geben Verantwortung ab
Das würden Silvia Moser und Christa Frick gerne leisten, wenn sie nicht beide in zwei Jahren aufhören würden. Seit bald 25 Jahren liegt die Schulkindbetreuung in Allmannsdorf in den Händen von Silvia Moser; Christa Frick ist sogar schon 32 Jahre da. „Wir haben ein tolles Team und das Glück, immer genug Mitarbeiterinnen zu finden“, sagt Silvia Moser dem SÜDKURIER.

Dennoch wollen sie ihre Trägerschaft aufgeben. „Sie bedeutet eine große Verantwortung, die ich als 100-Prozent-Kraft gern getragen habe, aber die nachfolgende Generation kann das neben dem Beruf oder einer eigenen Familie nicht mehr schaffen“, sagt die 62-Jährige.
Sie sieht aber noch ein anderes Problem: „Wir betreuen derzeit 165 Kinder und haben nur einen Hauptraum und drei Kellerräume, einer davon ist feucht“, sagt Moser. „Beim Thema Raumnot muss sich endlich was tun!“ Tatsächlich werden die Schülerzahlen in Konstanz noch steigen. Und auch andere Grundschulen platzen aus allen Nähten.

Stadträtin sorgt für Empörung
Mehr Personal, mehr Räume, klamme Finanzlage bei der Stadt Konstanz: Da kam Stadträtin Susanne Heiß (Freie Wähler) ein Gedanke: „Ich finde den Personalschlüssel sehr luxuriös gerechnet“, sagte sie im Ausschuss. Heiß beantragte, dass die Verwaltung die Kalkulation nochmal mit einer Betreuungskraft für 15 Kinder vorlegen solle.
Sofort erntete sie Empörung. So entgegnete Petra Rietzler (SPD): „Man braucht genug Personal und Raum, um die Kinder nicht nur zu betreuen, sondern auch zu fördern.“ Grundschullehrer Alexander Tasdelen (Junges Forum) ergänzte, die Kinder seien am Nachmittag ausgepowert und bräuchten nochmal eine andere Aufmerksamkeit als am Morgen.
Und Heike Bierkandt, Leiterin der Grundschule Dettingen sowie Geschäftsführende Schulleiterin aller Konstanzer Grundschulen, wurde emotional: „Mein Herz pumpt, wenn ich sowas höre“, sagte sie. „Ich lade jeden ein, mal in eine Kernzeit zu kommen und zu sehen, was die Damen da leisten.“
Auch Frank Schädler und sein Mitarbeiter Tobias Schöll warnten: „Wenn wir mit 15 Kindern pro Kraft rechnen, werden wir Leute entlassen müssen, obwohl die Trägervereine jetzt schon signalisieren, dass es personell eng ist.“ Zwölf Stadträte stimmten gegen den Antrag von Susanne Heiß, sechs dafür, einer enthielt sich.

Am Ende empfohlen die Mitglieder des Bildungsausschusses dem Gemeinderat, dem ursprünglich ermittelten Personalbedarf zuzustimmen. Als Nächstes wird das Thema im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss vorberaten, bevor der Gemeinderat am 25. Februar 2025 entscheidet.